Die Staatsanwältin - Thriller
Abend musste er nach Savannah zu einer Benefizveranstaltung bei einer reichen Dame der Gesellschaft. »Geht das nicht übers Telefon?«, fragte er mich.
»Ich muss wirklich persönlich mit Ihnen reden«, antwortete ich.
Er gab mir dreiundachtzig Meilen â die Entfernung von Atlanta nach Macon auf der Interstate 75. Wir saÃen hinten in seinem Wohnmobil an einem kleinen Küchentisch, während ein junger Praktikant aus seinem Wahlkampfteam fuhr.
Der Junge hörte in der Fahrerkabine Countrymusik, was zusammen mit dem Dröhnen des Motors laut genug war, damit der Chef und ich uns ungestört unterhalten konnten.
Ich hatte meine Erläuterungen genau gegliedert und hatte gerade fünf Minuten erzählt, als Mastersons Telefon klingelte. Er kümmerte sich um ein paar Wahlkampfangelegenheiten und entschuldigte sich bei mir. Ich machte weiter, wo ich aufgehört hatte, und wurde ein paar Minuten später vom nächsten Anruf unterbrochen. Diesmal stellte er seinen BlackBerry nach dem Gespräch auf Vibrationsalarm und steckte ihn in seine Hülle.
»Ich gehöre ganz Ihnen. Aber ich muss nicht jedes Beweisstück im Detail hören. Die Pointe genügt.«
Ich fasste mein Gespräch mit Rafael Rivera kurz zusammen, und das schien endlich doch noch seine Aufmerksamkeit zu wecken. Als ich erklärte, dass Rivera behauptete, er habe erst vor sechs Monaten angefangen, Tate mit Oxycodon und Codein zu versorgen und habe ihm auch einmal Morphin besorgt, wurde Masterson erst richtig munter.
Als ich fertig war, lieà er sich alles eine Weile durch den Kopf gehen, schnäuzte sich und verschlang ein paar Cracker direkt aus der Schachtel. »Was sagt Ihnen Ihr Bauch?«, fragte er.
»Dass Rivera Abschaum ist, der sogar seinen eigenen Anwalt in die Pfanne hauen würde.«
Masterson nickte. Im Hintergrund lief Countrymusik von Carrie Underwood. So hatte ich mir das an der Uni nicht vorgestellt: strategische Entscheidungen über Mordfälle, getroffen auf dem Weg nach Süden zu einem Barbecue in Macon hinten in einem Wohnmobil.
»Wollen Sie einen Deal mit Rivera machen?«, fragte Masterson.
»Eigentlich nicht. Ich glaube, er ist gefährlicher als Tate.«
Masterson schnaubte. »Das glaube ich auch. Aber Rivera wird wieder Mist bauen. Wenn wir ihn morgen freilassen, nageln wir ihn in einemhalben Jahr wieder fest. AuÃerdem gehen die Medien wegen Rivera nicht auf die Barrikaden.«
Ich war mir nicht so sicher, dass wir Rivera ein halbes Jahr später wieder schnappen würden. Ich dachte an den Drogenfahnder, der im Undercover-Einsatz sein Leben riskiert hatte, um diesen Mann hinter Gitter zu bringen. Und ich glaubte auch nicht, dass die Berichterstattung der Presse darüber entscheiden sollte, welcher der Männer â Rivera oder Caleb Tate â ungestraft davonkommen sollte. Um ehrlich zu sein, fühlte ich mich bei diesem ganzen Gespräch unwohl.
»Ich habe nie einen Deal mit jemandem wie Rivera gemacht, und ich bin mir nicht sicher, ob ich damit leben könnte.«
Masterson runzelte die Augenbrauen. Noch mehr Cracker, diesmal gefolgt von einem Schluck Red Bull. »Und Sie könnten besser damit leben, keine Beweise für eine Anklage gegen Caleb Tate zu haben?«
Ich zuckte die Achseln. »Ich weià nicht.«
Masterson rieb sich das Gesicht und kratzte sich am Hinterkopf. Er war solche Entscheidungen gewöhnt, aber das machte sie nicht leichter.
»Glauben Sie, Sie bekommen Rivera dazu, zwei Jahre ins Gefängnis zu gehen und trotzdem auszusagen?«
»Das bezweifle ich. Er glaubt, er hat uns in der Hand. Dafür wird er Straffreiheit wollen.«
»Es wäre schon nett, Tate festzunageln, oder?«
»Der Gedanke ist mir auch schon durch den Kopf gegangen.«
»Wollen Sie ein paar Cracker?«
»Nein danke. Nicht im Moment.«
Masterson stand auf, um sich zu strecken, und hielt sich fest, während das Wohnmobil die StraÃe entlangraste. Dann setzte er sich wieder. »Genau deshalb zahlt man mir die groÃe Kohle.«
Er zog ein Diktiergerät heraus und diktierte ein Memo an seine Assistentin, während ich zuhörte. Das Memo übertrug den Fall Rafael Rivera von mir an ihn. Eine Kopie ging an Regina Granger, die die Verteilung der Fallakten beaufsichtigte. Er senkte sein Diktiergerät.
»Sie arbeiten sowieso zu hart. Ich habe beschlossen, Sie haben vielleicht einen Fall zu
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