Die Staatsanwältin - Thriller
besser von allen illegalen Aktivitäten fern und tun alles, was die Staatsanwaltschaft von Ihnen verlangt. Denn wenn Sie in diesen Gerichtssaal zurückkommen, weil Sie gegen Ihre Bewährungsauflagen verstoßen haben oder nicht in vollem Umfang und in allem, worum man sie bittet, kooperieren …« – Brown ließ die Worte einen Moment in der Luft schweben, obwohl Rivera durch die Drohung des Richters nicht eingeschüchtert wirkte –, »lasse ich Sie jeden Tag der fünf Jahre absitzen, die Ihnen drohen. Und ich werde keinen Funken Gnade walten lassen, falls Sie sich wieder etwas zuschulden kommen lassen. Ist das klar?«
Rivera murmelte etwas, das ich nicht hören konnte.
»Immer raus damit, Junge«, sagte Richter Brown. »Das Gericht kann Sie nicht hören, wenn Sie murmeln.«
Rivera starrte den Richter einen Augenblick an, und Verachtung troff aus seiner höhnischen Bemerkung: »Ja, Euer Ehren , ich hab's kapiert.«
»Sehr gut. Dann nimmt das Gericht die Empfehlung der Anwälte an und verurteilt den Angeklagten zu fünf Jahren, bis auf sechzig Tage zur Bewährung ausgesetzt, zu den von Ms Brock angeführten Bedingungen. Das Gericht verurteilt den Angeklagten außerdem zu zehn Jahren beaufsichtigter Bewährung, ebenfalls zu den von Ms Brock vorgetragenen Bedingungen.«
Ein paar Minuten später schlurfte Rivera aus dem Gerichtssaal. Unterwegs warf er mir einen drohenden Blick über die Schulter zu. Ich hatte keine Dankbarkeit von ihm erwartet, aber ich fragte mich wieder einmal, ob wir das Richtige taten.
Ich hatte allerdings keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn die Sitzung ging weiter. Ein neuer Pflichtanwalt trat an den Tisch der Verteidigung, und ein Angeklagter namens Lucious Hazlett wurde von den Wachmännern hereingebracht. Hazlett war wegen schwerer Körperverletzung angeklagt, weil er bei einem häuslichen Streit seiner Freundin Schnittverletzungen im Gesicht zugefügt hatte.
Hazlett hatte sich bereit erklärt, sich schuldig zu bekennen und dem Staat die Mühe zu ersparen, ihn vor Gericht zu stellen im Austausch gegen die Empfehlung einer Strafminderung. In der Akte standen einpaar Vermerke, die erklärten, dass wir den Deal akzeptierten, weil die Freundin wieder mit Hazlett zusammenlebte und es »Beweisprobleme« gab. Ich wusste, was dieser Euphemismus bedeutete. Wir konnten die Freundin jederzeit zur Aussage vorladen, aber wir konnten sie nicht davon abhalten, ihre Aussage zu beschönigen, damit das Ganze eher versehentlich als vorsätzlich wirkte.
Ich erklärte die vorgeschlagene Absprache, und Richter Brown behielt diesmal seine erhobene Augenbraue für sich. Er hatte Hunderte von Fällen gesehen, in denen ein Partner oder eine Partnerin, Ehemann oder Ehefrau zur Polizei ging und wüste Beschuldigungen ausstieß, später aber wieder versuchte, einen Rückzieher zu machen. Meine Kollegen schlossen in solchen Fällen normalerweise immer Deals.
»Verstehen Sie die Natur der Anklagen gegen Sie und dass Sie das Recht haben, auf nicht schuldig zu plädieren?«, fragte Brown.
»Ja«, sagte Hazlett.
»Verstehen Sie, dass Sie, indem Sie sich schuldig bekennen, auf das Recht auf ein Schwurgerichtsverfahren und auf eine Gegenüberstellung mit den Zeugen verzichten?«
»Ja.«
»Sind Sie in dieser Angelegenheit zufrieden mit der Vertretung durch Ihren Anwalt?«
»Nicht wirklich.«
»Verstehen Sie …?« Brown unterbrach sich mitten im Satz. Es hatte einen Moment gedauert, bis Hazletts Antwort angekommen war. »Haben Sie eben gesagt: ›Nicht wirklich‹?«
»Ja.«
Brown runzelte die Stirn. Manchmal gingen Schuldbekenntnisse schief, weil die Angeklagten zu dumm waren, um die richtigen Antworten zu geben. Vielleicht war das einer davon. Brown beschloss, dem Angeklagten etwas Hilfestellung zu geben.
»Sie verstehen aber, dass ich Ihr Schuldeingeständnis nicht annehmen kann, solange Sie mit der Arbeit Ihres Anwaltes nicht zufrieden sind«, sagte Brown. Er klang, als gäbe er einem Fünfjährigen Nachhilfe. »Andernfalls könnten Sie auf unzureichende Vertretung durch Ihren Anwalt plädieren und in der Berufung den Deal für ungültig erklären.«
Hazlett zuckte die Achseln. Seine eigene Freiheit interessierte ihn offenbar nicht besonders.
»Also lassen Sie mich noch einmal fragen: Sind Sie zufrieden mit der Unterstützung durch Ihren Anwalt?«
Diesmal wandte sich Hazlett seinem Anwalt zu und schnaubte. »Dieser Typ kennt nicht mal meinen Namen. Sehen Sie den Stapel Papier vor ihm, Richter?
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