Die Staatskanzlei - Kriminalroman
sichergestellte Material würde mit der DNA-Datenbank abgeglichen werden. Von heute auf morgen ging das nicht. Inga sprach von einer Woche.
Sie erwähnte noch die Befragungen in der Nachbarschaft. Die direkten Nachbarn zur Rechten seien länger vereist, die ältere Dame zur Linken hatte nichts gehört.
Verena schaute sich um. „Wer will als Nächstes?“ Assistentin Schramm meldete sich. Auch heute war sie wieder modisch gestylt und sorgfältig geschminkt, was Verena daran erinnerte, dass sie dringend neue Klamotten brauchte und noch dringender einen Termin beim Friseur.
„Ich habe eine Kopie von Heises Personalakte. Keine einfache Sache übrigens, der Personalchef der Staatskanzlei hat sich quergelegt. Erst als ich ihm mit unserem Direktor gedroht habe, hat er mir die Unterlagen gefaxt.“
Hirschmann gab eine anerkennende Bemerkung von sich. Er neigte sonst nicht zu Lobesbekundungen, bei Petra Schramm aber machte er eine Ausnahme. Mit leuchtenden Augen fuhr die fort. „Das meiste betrifft seinen beruflichen Werdegang: Abiturzeugnis, Studiennachweise, Zeugnisse vom ersten Arbeitgeber. Bevor er in die Staatskanzlei gegangen ist, war er Justitiar bei der Handwerkskammer Lüneburg. Dort war er …“
Verena wollte das gar nicht so genau wissen. „Das bringt uns jetzt nicht weiter, Petra. Was ist mit seinem familiären Hintergrund und Hobbys? Gibt sein Lebenslauf dazu etwas her?“ Ihre Mitarbeiterin setzte ein beleidigtes Gesicht auf, fasste sich aber schnell wieder. „Nicht viel. Er ist 51 Jahre alt, seit drei Jahren geschieden und hinterlässt eine vierzehnjährige Tochter, die bei ihrer Mutter lebt. Unter Hobbys sind Musik und Lesen angegeben, das war’s. Seine Eltern sind tot und seine einzige Schwester lebt in Australien.“
Verena schaute von ihren Notizen hoch. „Mit seiner Exfrau habe ich bereits gesprochen. Ich möchte mehr über sie wissen. Irene Heise arbeitet in der Anwaltskanzlei Altmann & Partner. Sprich mit ihren Arbeitskollegen. Ihre Nachbarn übernehme ich.“
Sie nahm Stollmann ins Visier. „Bist du morgen in der Staatskanzle im Roten Salon mit von der Partie?“
Der grinste bereit. „Der Name beflügelt mich. Roter Salon als Name für einen Besprechungsraum, darauf kann nur eine obere Landesbehörde kommen. Ich bin in den nächsten Tagen in Sachen Albanerbande eingespannt, werde der Soko nur stundenweise zur Verfügung stehen. Nächste Woche schlagen wir zu. Europol ist mit an Bord, sieht nach einem Riesencoup aus.“
Hirschmann verzog sein Gesicht. Erfolge, die auf Stollmanns Konto gingen, betrachtete er als persönliche Niederlage. Und die Zerschlagung der international agierenden Menschenhändlerbande brachte alle Zutaten für einen spektakulären Erfolg mit sich.
Dann meldete auch er sich zu Wort. „Ich hatte einen Anruf aus dem Innenministerium. Niedersachsen ist neben Bayern im Bundesrat Wortführer für eine Verlängerung des Mandats in Afghanistan. Es ist denkbar, dass die Taliban Druck ausüben wollen. Die Bundespolizei und der Bundesnachrichtendienst haben sich bereits eingeschaltet.“
Stollmann war entsetzt. „Um Gottes Willen. Das letzte Mal, als die Bundespolizei sich eingeschaltet hat, endete das in einem Desaster“, knurrte er. „Gibt es überhaupt ein Bekennerschreiben?“
Erneut verzog Hirschmann sein Gesicht. Genauso wenig wie er Stollmann Erfolge gönnte, schätzte er Fragen von ihm. „Bislang nicht. Das will aber nichts heißen. Ich sehe das genauso wie der Herr Innenminister. Deutschland, und damit auch Niedersachsen, steht im Fokus islamistischer Fundamentalisten.“
Eine Bemerkung, die erneut Widerspruch bei Stollmann hervorrief. „Einen Beamten in seiner Wohnung zu erschießen, ist nicht ihre Handschrift. Wir sollten uns auf erfolgversprechendere Spuren konzentrieren.“
Hirschmann schnaufte und verdrehte seine Augen. Bevor sich einer der vielfach erlebten verbissenen Dispute zwischen ihren beiden Kollegen entwickeln konnte, schaltete sich Verena ein. „Selbstverständlich ermitteln wir in alle Richtungen. Bekennerschreiben kommen manchmal erst Tage später.“
Sie griff nach ihren Notizen. „Fassen wir zusammen: Bislang wissen wir, dass der Täter gut mit der Waffe umgehen kann und Heise ihn vermutlich kannte. Er kann allerdings auch dazu gezwungen worden sein, dem Täter Einlass zu gewähren. Falls Täter und Opfer einander kannten, liegt ein Mord aus Hass oder Eifersucht nahe. Ein rachsüchtiger Bürger, der sich von der Staatskanzlei gemobbt
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