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Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Die Staatskanzlei - Kriminalroman

Titel: Die Staatskanzlei - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Geld machen?“
    „Sonst würde ich mich nicht engagieren.“ Er schob die Schüssel mit dem Braten über den Tisch. „Nimm doch noch, wie gesagt, ganz frisch erlegt.“
    „Danke, ich kann leider nicht mehr, war köstlich.“
    Der Politiker griff nach der blütenweißen Serviette und wischte sich sorgfältig den Mund ab. „Ich muss leider. Sobald ich Näheres in Sachen Kleingartenkolonie weiß, melde ich mich. Und wegen eines geeigneten Gebäudes für die Klinik höre ich mich um. Im Kreise meiner Kollegen aus der Landtagsfraktion findet sich immer jemand, der einer stillgelegten Kurklinik in seinem Wahlkreis zu neuer Blüte verhelfen will.“
    „Sie muss abgelegen sein, möglichst im Wald.“
    „Klar, die gestressten Manager brauchen Ruhe und frische Luft. Schon verstanden.“
    Gar nichts hast du verstanden, dachte Baumgart und lächelte seine Verachtung weg. Wenn du wüsstest, worum es wirklich geht, würdest du meinen schönen weißen Teppichboden vollkotzen. Immer noch lächelnd brachte er den Politiker zur Tür.

19
    Verena wunderte sich. Der Rote Salon, der zentrale Besprechungsraum der Staatskanzlei, war mit gelben Lederstühlen, einem schwarzen Besprechungstisch und Beistelltischen ausgestattet. Die Wände waren weiß gestrichen. Nicht einmal auf den Wandbildern war die Farbe Rot zu sehen. Irgendwann würde sie sich erkundigen, wie es ausgerechnet zu dem Namen gekommen war, nahm sie sich vor.
    Noch niemals zuvor hatte sie Vernehmungen in einer Regierungszentrale durchgeführt. Der Mordfall Heise stellte nicht nur an ihre kriminalistischen Fähigkeiten besondere Anforderungen. Die Beamten, die sie zu vernehmen hatte, hatten es weit gebracht. Über ihren Tisch liefen wichtige Gesetzes- und Entscheidungsvorlagen. Vermutlich fühlten sie sich als etwas Besseres. Forsches Auftreten, im kriminellen Milieu unabdingbar, war hier fehl am Platz.
    Als Erstes stand die Vernehmung von Frau Stigler an. Ihre Arroganz hatte sie in ihrem Büro zurückgelassen. Bereitwillig erteilte sie Auskunft. „Einen engen Draht zu ihm hatte ich nicht. Ministerialdirigent Heise war nicht zugänglich, wortkarg, an manchen Tagen bärbeißig. Wenn etwas nicht nach seiner Mütze gelaufen ist, hat er schnell die Nerven verloren und die vermeintlich Schuldigen zur Schnecke gemacht. Dabei spielte es keine Rolle, ob sie tatsächlich für den Fehler verantwortlich waren oder nicht.“
    Von Drohungen gegen ihren Chef wusste sie nichts. „Feinde? Das ist zu viel gesagt, aber er war unbeliebt“, gab sie zu Protokoll. „Allen voran bei Britta König. Was zwischen denen lief, war Krieg. Jede einzelne ihrer Vorlagen hat er so lange seziert, bis er etwas gefunden hat, um sie zurückzugeben, zumeist mit hämischen Bemerkungen versehen. Wenn man unbedingt will, findet man immer etwas.“
    Mit schwarzem Kajalstift umrandete Augen schauten Verena erwartungsvoll an. Vorgesetzte dieser Kategorie waren ihr, Gott sei’s gedankt, fremd. Trotzdem nickte sie verständnisvoll. Ermutigt fuhr Frau Stigler mit ihrem Bericht fort. „Mit den übrigen Referatsleitern ist er auch nicht zimperlich umgesprungen, eigentlich mit niemandem in der Abteilung. Bis auf Siegbert Meyer, der genoss Narrenfreiheit. Die wandelnde Nachrichtenbörse verbringt kaum Zeit am Schreibtisch, ist aber über alles zu jeder Zeit bestens informiert. Es heißt, dass er den Wasserträger gespielt hat, nicht nur für Heise, auch für den Staatssekretär.“
    Einen Ratschlag hatte sie auch parat. „Sie sollten mit Heises rechter Hand, Gesine Terberg, sprechen. Wenn einer über Heises Angelegenheiten Bescheid weiß, dann sie.“
    Nach der schönen Sekretärin war Ministerialrätin Britta König an der Reihe. Verena war bei ihrem Anblick überrascht. Sie hatte mit einer Frau von herbem Äußeren gerechnet, verbittert von jahrelangen Auseinandersetzungen mit ihrem Vorgesetzten. Ihr gegenüber saß eine gut aussehende Frau von Anfang fünfzig. Eine gepflegte Erscheinung, zierlich, das ansprechende Gesicht dezent geschminkt, der kurze Haarschnitt modisch. Der rote Hosenanzug musste ein Vermögen gekostet haben.
    Den Streit mit ihrem ehemaligen Chef spielte sie herunter. „Es ging immer um die Arbeit, nichts Persönliches“, erklärte sie. „Zugegeben, wir mochten uns nicht, aber von Hass zu sprechen, ist übertrieben.“
    Verena sprach die angedrohte Versetzung an. „Ach die, das hätte er nicht durchbekommen. Der Ministerpräsident hat meine Arbeit geschätzt“, wiegelte die Beamtin ab.

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