Die Staatskanzlei - Kriminalroman
Albaner, ein Bulgare und ein Deutscher. Zeitgleich zum Zugriff werden die Wohnungen der Bandenmitglieder durchsucht. Sechzig Beamte werden im Einsatz sein. Das ist kein Pappenstiel und erfordert gründliche Planung im Vorfeld.“
Hirschmann verdrehte die Augen. Er verabscheute Belehrungen, wenn sie von seinem Intimfeind kamen ganz besonders. Dass die beiden Polizeibeamten tiefe Abneigung verband, wunderte Verena nicht. Sie waren einfach zu verschieden. Stollmann, der sein Herz auf der Zunge trug und vor Kritik an Vorgesetzten und Politikern keine Scheu hatte, ein begabter Ermittler mit einem chaotischen Arbeitsstil, was sich auch in seiner nachlässigen Kleidung ausdrückte. Auf der anderen Seite der vorsichtige, stets akkurat gekleidete Hirschmann, dem es niemals in den Sinn gekommen wäre, einen Vorgesetzten, geschweige denn den Innenminister, zu kritisieren; dessen Qualitäten als Ermittler eher bescheiden waren, der dafür aber sorgfältig formulierte Berichte erstellte, bevorzugt an die vorgesetzte Dienststelle und sich in Dienstvorschriften bestens auskannte.
Eine lebhafte, wenn auch ergebnislose Diskussion pro und contra Irene Heise und Britta König als Täterin entwickelte sich. Am Ende wurde Petra Schramm beauftragt, sich eingehender mit dem privaten und beruflichen Umfeld der beiden Damen zu beschäftigen. Verena selbst kündigte an, mit dem einzigen Freund Heises, Rechtsanwalt Hackmann, über die beiden Frauen zu sprechen.
Zum Stand der Befragungen in Heises Nachbarschaft meldete sich ein älterer Beamter zu Wort. „Die Nachbarn haben ihn als wortkarg und unfreundlich beschrieben. Angeblich hat er einmal sogar den Dackel seiner Nachbarin getreten. Unter uns gesagt, verstehen kann ich es. Ein übergewichtiger Köter, der sich an meinem Hosenbein zu schaffen gemacht hat. Erst hat er daran gezogen und dann hat er seine Duftmarke gesetzt. Widerlich! Fest steht jedenfalls: Heise hat die Nachbarn gemieden, hat sich als etwas Besseres gefühlt. Selbst beim alljährlichen Nachbarschaftsgrillen hat er regelmäßig gefehlt. Bis vor Kurzem hat eine junge Frau bei ihm gewohnt, die ebenfalls mundfaul gewesen sein soll.“
Verena blickte von ihren Notizen hoch. „Gabi Eggers, seine vorübergehende Lebensgefährtin und vermutlich der Scheidungsgrund. Mit ihr werden wir auch noch sprechen müssen. Sonst noch was?“
Erneut meldete sich der Beamte zu Wort. „Die Dicke von nebenan, die Dackelbesitzerin, hat eine interessante Beobachtung gemacht. Beim Gassigehen nach der Tagesschau hat sie in letzter Zeit wiederholt einen schwarzen Golf gesehen. Es kann auch ein Polo gewesen sein, sie kann die Marken nicht auseinanderhalten. Das Fahrzeug hat in der Nähe ihres Grundstücks gestanden. Sie meint, jemanden auf dem Fahrersitz gesehen zu haben, konnte aber nichts Genaues sagen. Es war dunkel und ihre Augen sind nicht die besten. Sie hat Diabetes, ihre Linsen sind getrübt. Grauer Star. Wenn jemand diesbezüglich Aufklärungsbedarf hat, ich kann Auskunft geben. Über die Krankheit weiß ich jetzt alles, die alte Dame war nicht mehr zu stoppen.“
„Dennoch ein interessanter Hinweis“, brummelte Verena und wandte sich einer jungen Beamtin zu, die gerade erst ihre Ausbildung beendet hatte. „Seid ihr mit der Auswertung der sichergestellten Ordner weiter gekommen?“
Die Angesprochene wurde rot und schaute unsicher um sich, bevor sie antwortete. „Wir sind noch dabei. Es handelt sich zum überwiegenden Teil um Unterlagen zu Versicherungen, Krankenversicherung, Hausrat, Haftpflicht und so weiter. Auch eine Lebensversicherung hat er abgeschlossen, auf seine Tochter. Hunderttausend Euro.“
„War ein Testament bei den sichergestellten Unterlagen?“, fasste Verena nach. Kopfschütteln war die Reaktion.
Zum Thema Geld konnte ein anderer Kollege Bemerkenswertes beitragen. „Die Bankkonten weisen Heise als vermögenden Mann aus. Er besaß Aktien und Sparbriefe im Wert von 550 000 Euro. Sein Sparkonto weist ein Guthaben von 125 000 Euro aus, auf seinem Gehaltskonto befinden sich 38 900 Euro. Und dann hat er ja noch den Bungalow.“
„Irgendwas mache ich falsch. Auf meinem Konto ist immer Ebbe, obwohl ich Tag und Nacht arbeite“, beschwerte sich Stollmann und löste damit vorübergehend Heiterkeit aus.
Nur Hirschmann verzog angewidert das Gesicht. „Verschonen Sie uns mit Ihren finanziellen Problemen, Kollege. Demnach hinterlässt Heise seiner Tochter fast eine Millionen Euro, und bis seine Tochter volljährig ist,
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