Die Staatskanzlei - Kriminalroman
kümmern und im Persönlichen Büro und in der Protokollabteilung nachzuforschen. Haders reichte Verena seine rechte Hand, das unmissverständliche Zeichen, dass sie gehen sollte. Die Polizeibeamtin ignorierte die Geste. Eine Frage lag ihr noch auf dem Herzen.
„Haben Sie davon gehört, Herr Haders, dass Baumgart Heises Geburtsfeier bezahlt haben soll?“
Der Staatssekretär reagierte schockiert „Wie bitte? Wer hat Ihnen denn diesen Unsinn erzählt?“
„Das tut nichts zur Sache. Beantworten Sie einfach meine Frage.“
„Das ist die Höhe, Rufmord an einem Mann, der sich nicht mehr wehren kann. Ich werde mit dem Innenminister darüber sprechen müssen, Frau Hauser. Wenn Sie mir hingegen sagen, wer üble Verleumdungen dieser Art verbreitet, würde ich es mir noch mal überlegen und …“
„Ich habe eine Frage gestellt. Das gehört zu meinem Job. Keine Fragen, keine Antworten und kein Täter. Aber es bleibt Ihnen natürlich unbenommen, den Innenminister anzusprechen.“
Haders Telefon beendete den Disput. Er ließ seine Wut an seinem Gesprächspartner aus. Für sein Gegenüber kein angenehmes Gespräch, es hagelte Vorwürfe.
Das Vorzimmer war verwaist. Vielleicht war Frau Hollmeyer bereits mit der Liste unterwegs.
Zurück im LKA, war Stollmann bereits gegangen, Bratwurstessen im Glöckle am Steintor, wie Frau Schramm zu berichten wusste. Auch ihre Assistentin war auf dem Sprung. Ihr Freund aus Köln würde in zwanzig Minuten am Bahnhof eintreffen. Ein Kurzbesuch über ein verlängertes Wochenende.
Kleinsorge war mit zwei Kollegen auf dem Weihnachtsmarkt. Immerhin hatte er einen Bericht hinterlassen. Die Befragung der Sportschützen und Jäger, die im Besitz einer Sauer Backup waren, war abgeschlossen. Keiner hatte jemals etwas mit der Staatskanzlei oder Heise zu tun gehabt. Einige hatten Telefonate mit dem Landwirtschaftsministerium erwähnt. Staatsjagden waren in der Jägerschaft begehrt.
Es war ungewöhnlich ruhig. Die meisten Kollegen schienen gegangen zu sein. Jedes Jahr dasselbe: Vor Weihnachten brach die große Einkaufshektik aus und am Heiligabend waren die meisten erholungsreif. Verena las die Berichte auf ihrem Schreibtisch durch: Vermerke über Befragungen in der Nachbarschaft und Anrufe von Bürgern. Es war nichts darunter, was sie weiterbrachte.
Spannender war der noch ausstehende Abgleich der DNA-Spuren. Falls er Übereinstimmungen mit der DNA von Irene Heise ergab, dürfte der Fall so gut wie gelöst sein. In der Spusi ging keiner als Telefon. Scheinbar hatte sich alle Welt in den frühzeitigen Feierabend aufgemacht. Nur sie nicht. Unschlüssig griff sie zum Telefonhörer. In Baumgarts Firma war vielleicht noch jemand zu erreichen, mit dem sie einen Termin für ein Gespräch mit dem Firmeninhaber vereinbaren konnte. Nach mehrmaligem Läuten entschied sie sich, ihren Vorstoß zu verschieben und nach Hause zu fahren.
Auf dem Weg zum Parkplatz nahm sie bewusst den Umweg vorbei am Büro des Direktors. Eigentlich blöd von ihr. Wenn es um einen Mann wie Jürgen Ritter ging, durfte auch eine Kriminalrätin sich blöd verhalten, sagte sie sich dann. Aus seinem Büro drang kein Lichtschimmer nach außen. Sie schluckte ihre Enttäuschung herunter und lenkte sich mit der Abfrage ihres Handys ab. Eine Sprachnachricht von Dagmar. Es gab Neuigkeiten aus dem Golfclub. Die Spielführerin habe ein Verhältnis mit dem neuen Trainer, berichtete ihre Freundin. Der Mann war zwanzig Jahre jünger. Eine Tatsache, die für erhebliche Aufregung unter den Damen sorgte. Während sie dem Geplänkel ihrer Freundin lauschte, fiel ihr Britta König ein. Der versprochene Anruf war ausgeblieben. Sie würde sich die Ministerialrätin vorknöpfen.
Auf dem Parkplatz standen nur noch wenige Autos. Als sie die Fahrertür öffnete, klingelt ihr Handy. Ein Anruf der Spusi. Es gab Neuigkeiten. Sensationelle Neuigkeiten, die dem Fall eine entscheidende Wende gaben. Die DNA-Spuren auf Heises Jackett stammten von seiner Exfrau.
Verena machte auf dem Absatz kehrt. Auf dem Weg in ihr Büro verständigte sie ihre Assistentin übers Handy. Im Hintergrund war Lärm zu hören. Ein Kneipenbesuch mit dem Freund aus Köln? Verena kümmerte es nicht. Sie bat ihre Mitarbeiterin, umgehend ins LKA zu kommen und die Kollegen der Soko zu einer Sondersitzung einzubestellen.
31
H ILDESHEIM
Das kann nicht wahr sein, dachte Wagner. Zehnmal in kurzer Zeit das Wort
sozusagen
. Die Wirtschaftslage in Niedersachsen war
sozusagen
katastrophal, die
Weitere Kostenlose Bücher