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Die Stadt am Ende der Zeit

Die Stadt am Ende der Zeit

Titel: Die Stadt am Ende der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Agazutta. »Ist das hier das Ende der Hexen von Eastlake?«
    »Es war eine schöne Zeit«, erwiderte Ellen. »Ihr alle seid die besten Freundinnen und die kühnsten Abenteurer, die man sich wünschen kann.«
    »Na ja, es ist ja noch nicht vorbei …«
    »Erst dann, wenn ich zu singen anfange«, sagte Farrah.
    Schluchzend umarmten die Frauen einander. Danach griffen Agazutta, Miriam und Farrah nach ihren Reise- und Handtaschen, und Bidewell begleitete sie zur Tür.
    »Habt ihr eure Bücher?«, fragte er. »Verliert sie nicht. Behaltet sie stets bei euch.«
    Sie bedachten ihn mit ironischen Blicken. »Schlanke Bändchen«, bemerkte Agazutta.
    »Was bedeutet die Zahl 1298?«, fragte Farrah.
    »Es sind eure Geschichten, meine Lieben«, sagte Bidewell. »Aufgeschrieben vor langer Zeit in lateinischer Sprache, und zwar von eurem ergebenen Diener, der sie von noch älteren Texten kopiert hat. Von Schriftrollen, die in Herculaneum verbrannt sind. Solange ihr eure Geschichten bei euch habt, bieten sie euch einen gewissen Schutz. Ich empfehle euch, beim Lesen keine Seiten zu überspringen und auch nicht bis zum Ende vorzublättern. Jetzt noch nicht.«
    »Werden wir hier lebend herauskommen?«, fragte Farrah.
    Bidewell schnaubte leicht, antwortete jedoch nichts.
    Miriam machte die Außentür auf. Die Luft über der Stadt hatte ein wenig aufgeklart. »Oh, seht mal.« Sie seufzte. »Es regnet ja gar nicht.«
    »Was wird mit euch übrigen passieren?«, fragte Agazutta und fasste Bidewell am Ellbogen, als sie nebeneinander die Rampe hinuntergingen.
    » Das ist wohlbekannt. Ich bin gebrandmarkt. Bewege mich schon allzu lange in diesem Getümmel, als dass man mich übersehen könnte, deshalb … Ich fürchte, unser aller Schicksal hängt vom Ausgang dieses Geschehens ab. Und bis dahin werden wir zwangsläufig in einer Art Zwischenspeicher festsitzen, genau wie diese Stadt, genau wie alle Städte, die ganze Geschichte und die Zeit überhaupt. Die Welt hier draußen ist nicht der einzige Eintrag ins Buch und auch nicht die endgültige Version des redigierten Textes.«
    Agazutta schüttelte wehmütig und leicht verärgert den Kopf. »Ich hab dich noch nie verstanden. Und auch nicht, warum wir all das getan haben.«
    »Ich bin eben ein verführerischer Bursche.«
    »Das bist du ganz bestimmt.« Miriam gab Bidewell einen Kuss auf die Wange.
    Als das Tor sich öffnete, traten die drei Hexen von Eastlake ins Dunkel hinaus, in den Händen die Reise- oder Handtaschen mit ihren Büchern. Sie ließen Ellen, ihre Jüngste, zurück. Mit feuchten Wangen blieb sie neben dem uralten Mann stehen, der jetzt sogar noch älter als sonst wirkte.
    »Wir sollten wieder hineingehen«, sagte Ellen und blickte den drei Gestalten nach. Kaum sichtbare Lichtkreise hoben sie aus dem Dunkel hervor, und das Wabern des Himmels, das die Mauern erschütterte und zermahlte, ebbte bei ihrem Aufbruch ab.
    »Es wird nicht mehr lange von Bedeutung sein, wo sich irgendjemand von uns aufhält«, erklärte Bidewell.
    Ellen umfasste sein Gesicht und sah ihm direkt in die Augen. »Aber das hast du ihnen nicht gesagt. Du glaubst also, dass unsere Versuche fehlgeschlagen sind.«
    »Auf kurze Sicht, die inzwischen auch jeder langfristigen Perspektive entspricht, sitzen wir alle im selben Boot. Jetzt gibt es nur noch zwei Schicksalsfäden, zwei Pfade. Man wird uns alle entweder den einen oder aber den anderen Pfad entlangschicken. Entweder söhnt Mnemosyne Anfang und Ende miteinander aus und integriert den Ausgang unserer Geschichten in eine Ordnung. Oder aber die Kalkfürstin spielt nach Lust und Laune mit uns. Und letztendlich sind es die Kinder, die bei uns zu Gast sind, die uns leiten werden. «
    Er richtete sich zu voller Größe auf und deutete zu dem dunklen Vorhang hinüber, hinter dem die drei Frauen verschwunden waren. »Ich wünsche ihnen alles Gute. Es ist kalt
hier draußen.« Er schloss die Tür, verriegelte sie aber nicht. »Jetzt hat man uns all unsere Spielkarten ausgeteilt.«

76
Das Chaos
    Als diese Version von Pahtun, die auch dessen Namen trug, sie tiefer ins Dickicht führte, schwangen die Äste zur Seite. Tiadba war klar, dass sie hier nie wieder herausfinden würden. Die Äste hatten sich nur widerstrebend geteilt und gleich darauf versucht, sich wieder um sie zu schließen, vielleicht zum Schutz der Gruppe. Der Körperpanzer reagierte nicht mehr auf ihren Befehl, sich zuzuziehen und zu versiegeln. Offensichtlich hatte jetzt der Hochgewachsene das Kommando,

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