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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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hinzuhalten.»
    «Was habt Ihr vor?»
    «Ich will herausfinden, woher Theophilus stammte und wer der Mann ist, der sich für ihn ausgibt. Vielleicht kann ich beweisen, dass er ein Betrüger ist.»
    Marysa sah ihn zweifelnd an. «Wie wollt Ihr das anstellen? Wer auch immer dahintersteckt, scheint sehr schlau vorzugehen. Er hat alles so eingefädelt, dass es für mich keinen Ausweg mehr gibt.»
    Christophorus schüttelte den Kopf. «Jeder Mensch macht Fehler, und es gibt immer einen Ausweg. Vertraut mir. Ich tue alles, damit Ihr hier herauskommt.»
    «Ich soll Euch vertrauen?» Marysa fühlte sich plötzlich zu kraftlos, um aufzustehen. «Ich glaube nicht, dass ich das kann.»
    «Ihr müsst aber», erwiderte Christophorus scharf.
    Marysa hob den Kopf und funkelte ihn feindselig an. «Das weiß ich.»
    Christophorus starrte verbittert auf sie hinab. Dieses Weib war wirklich eine Plage.
    Er wandte sich ab und hob schon die Hand, um gegen die Tür zu klopfen und den Wächter auf sich aufmerksam zu machen. Doch plötzlich senkte Marysa den Kopf und begann haltlos zu weinen. Ihr Schluchzen schnitt ihm schmerzhaft ins Herz. Langsam ging er zurück zur Matratze und kniete sich vor Marysa hin. Sie hatte die Beine angezogen und die Arme fest darum geschlungen. Unschlüssig, wie er sich verhalten sollte, gab er schließlich dem ersten Impuls nach, löste ihre Hände mit sanfter Gewalt von ihren Knien, ließ sich neben sie gleiten und zog sie an sich.
    Marysa wehrte sich gegen das Weinen, doch ließen sich weder die Tränen noch die heftigen Krämpfe unterdrücken. Sie spürte Bruder Christophorus’ kräftigen Arm um ihre Schultern, was die Sache noch schlimmer machte. Wie eine Ertrinkende klammerte sie sich an ihm fest und presste ihr Gesicht gegen seine Schulter. Sie schämte sich fürchterlich, weil sie vor ihm zusammenbrach. Sie wollte nicht, dass er sie so sah, wollte nicht, dass er ihr so nahe war. Und schon gar nicht wollte sie, dass ausgerechnet er es war, der ihr ein Gefühl der Geborgenheit gab.
    Christophorus verfluchte sich bereits in dem Moment, in dem er seinem Verlangen nachgab und Marysa in seine Arme zog. Was tat er hier? Er biss die Zähne zusammen, als er spürte, wie sie sich an ihm festklammerte. Und obwohl es allem entgegenstand, was er sich jemals geschworen hatte, konnte er nicht anders. Er streichelte ihr sanft über den Kopf und ließ sie all ihre Angst und Verzweiflung bei ihm abladen. Sein Habit wurde an der Schulter ganz feucht von ihren Tränen.
    Es schien eine halbe Ewigkeit vergangen zu sein, als ihr Schluchzen endlich langsam abebbte. Marysa fühlte sich vollkommen leer, jedoch unbegreiflicherweise auch erleichtert. Noch immer presste sie ihr Gesicht gegen Bruder Christophorus’ Schulter, und da nun der Weinkrampf vorüber war, stieg ihr plötzlich sein herber männlicher Geruch in die Nase. Sofort zuckte sie zurück und starrte ihn entsetzt an.
    Was um alles in der Welt war nur in sie gefahren? Sie rückte von ihm ab, so weit es auf der Matratze ging, und rieb sich die letzten Tränen aus den Augen.
    «Geht», sagte sie mit vom Weinen noch rauer Stimme. «Sofort.»

36. Kapitel
    J olánda hatte beobachtet, wie Bruder Christophorus die Acht betrat. Sie hoffte sehr, dass es ihm gelang, Marysa zu helfen. Zwar kannte sie ihn nicht besonders gut, doch ihr Gefühl sagte ihr, dass er ein guter Mann war. Aldo hatte in seinem Abschiedsbrief das Gleiche geschrieben, und ihm glaubte sie bedingungslos. Sie begriff nicht ganz, warum ihre Tochter an ihrer ablehnenden Haltung so verbissen festhielt, hoffte jedoch, dass der Dominikaner sich davon nicht abschrecken ließ.
    Da sie wusste, dass die Wächter immer nur einen Besucher zu den Gefangenen ließen, wartete sie neben dem Eingang. Es dauerte eine geraume Weile, doch schließlich kam Bruder Christophorus wieder heraus.
    Mit einiger Überraschung registrierte sie seine Miene, die wie versteinert wirkte. In seinen Augen glomm Zorn und noch etwas, das sie nicht recht deuten konnte. Er lief mit weit ausholenden Schritten über den Kaxhof und bemerkte ihre Anwesenheit nicht einmal.
    Was wohl vorgefallen sein mochte? Hatte er sich mit Marysa gestritten? Sie hoffte nicht, denn das war jetzt wohl der denkbar ungünstigste Zeitpunkt dafür.
    Rasch betrat sie nun selbst das Gefängnis. Der Wachtmann durchsuchte zunächst ihren Korb, den sie randvoll mit Speisen und Getränken gefüllt hatte, und brachte sie dann zu ihrer Tochter hinauf. Während er die Zellentür

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