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Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Die Stadt der Heiligen (German Edition)

Titel: Die Stadt der Heiligen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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jedoch sah er ihr ins Gesicht. Sein Blick war eindringlich … und auffordernd. Sie bildete sich ein, dass er ihr leicht zunickte. Wollte er, dass sie aussagte, was aus ihrer Sicht geschehen war? Was sollte das bringen?
    Sie biss sich auf die Lippen. Andererseits hatte sie wohl nichts mehr zu verlieren. Sie hob den Kopf und blickte van Haren in die Augen.
    «Weder Meister Reinold noch ich haben mit gefälschten Reliquien gehandelt. Nachdem man dieses falsche Germanus-Knöchelchen bei unserem Gesellen Klas gefunden hatte, war mein Gemahl überzeugt davon, dass man ihm den Mord an seinem Gesellen in die Schuhe schieben wollte.» Sie hielt einen Moment inne, um sich zu sammeln. «Er begann, Nachforschungen anzustellen.»
    «Nachforschungen?», echote van Haren.
    Marysa nickte. «Er hat sich umgehört und …» Sie warf Christophorus einen kurzen Blick zu, den er ohne erkennbare Regung erwiderte. «Es tauchten noch mehr solche falschen Reliquien auf. Ein Augustiner mit Namen Theophilus soll sie den Pilgern verkauft haben. Er …» Sie nahm all ihren Mut zusammen. «Er soll für Johann Scheiffart gearbeitet haben. Deshalb hat Reinold am Tag seines Todes die Anzeige gegen den Domherrn erhoben.»
    «Scheiffart? Das ist ja lächerlich!», fuhr einer der Kanoniker, ein hochgewachsener, asketisch wirkender Mann um die vierzig, auf. «Gewiss betreut er den Reliquienhandel des Marienstifts, aber er hat doch nichts mit diesen Fälschungen zu tun! So etwas hat das Marienstift nicht nötig!»
    «Ihr streitet also jegliche Verbindung zum Reliquienhandel ab?», mischte Christophorus sich ein. «Wie erklärt Ihr Euch dann, dass es einen Boten gibt, der aussagt, er habe Briefe an die ehemaligen Geschäftspartner Eures Vaters überbracht?»
    «Ich … das …» Marysa sah ihn verwirrt an. Was sollte das? Sie hatte ihm doch erzählt, was Reinold vorhatte. Wollte er ihr jetzt einen Strick daraus drehen?
    Christophorus stand nun ebenfalls auf und trat vor. «Wusstet Ihr, dass Euer Gemahl diese Briefe verschickt hat?» Er erwiderte ihren Blick, schüttelte dabei den Kopf jedoch fast unmerklich.
    Was wollte er? Sollte sie etwa lügen?
    «Antwortet!», fuhr er sie grob an. Und wieder starrte er ihr auf diese merkwürdige Weise in die Augen.
    Unsicher, ob sie das Richtige tat, schüttelte sie den Kopf. «N … nein.»
    Christophorus griff ihre Antwort sofort auf, bevor jemand anderes etwas sagen konnte. «Könnt Ihr Euch vorstellen, dass er hinter Eurem Rücken vorhatte, den Reliquienhandel aufzunehmen?»
    «Ich weiß nicht …»
    «Hattet Ihr überhaupt Einsicht in seine Geschäfte?»
    Marysa begriff langsam, worauf er hinauswollte, und ärgerte sich maßlos. Aber jetzt musste sie sein Spiel mitspielen. «Reinold wollte nicht, dass ich ihm in der Werkstatt oder beim Verkauf der Reliquiare helfe», antwortete sie und war froh, dass wenigstens dies der Wahrheit entsprach.
    «Papperlapapp!», mischte sich van Kettenyss ein. «Jeder Aachener Bürger kann wohl bezeugen, dass Ihr vergangene Woche am Verkaufsstand Eures Gemahls auf dem Parvisch gestanden habt.»
    «Das war eine Ausnahme», entgegnete Marysa. «Er hatte keine Zeit. Er … er suchte doch noch immer nach Beweisen, dass dieser Theophilus und der Domherr Scheiffart gemeinsame Sache machten. Deshalb hat er mir aufgetragen, seine Schreine auf dem Parvisch zu verkaufen. Aber Ihr könnt fragen, wen Ihr wollt, auch unser Gesinde oder Meister Reinolds Kunden. Er hat mir verboten, mich in seine Geschäfte einzumischen. Und ich habe es auch nicht getan.»
    «Also wisst Ihr im Grunde gar nicht, was für Pläne Euer Gemahl hatte, weil er Euch nicht eingeweiht hat», schloss Christophorus und wechselte ohne Übergang das Thema. «Ihr wusstet aber sehr wohl, dass er vorhatte, Johann Scheiffart anzuzeigen. Das habt Ihr ja selbst eben ausgesagt. Was wollte er damit erreichen?»
    Marysa schluckte. Merkte er nicht, auf welch dünnem Eis sie sich bewegten? Sie antwortete: «Es ging doch um Klas. Er wollte, dass Klas’ Mörder gefunden wird. Reinold war überzeugt davon, dass der Domherr etwas damit zu tun hat.»
    Van Kettenyss stieß ein hässliches Lachen aus. «Entweder seid Ihr die Dreistigkeit in Person, Frau Marysa, oder Ihr habt tatsächlich nicht die leiseste Ahnung von den Machenschaften Eures Gemahls. Ihr behauptet, Bruder Theophilus würde für Johann Scheiffart gefälschte Reliquien unters Volk bringen. Er selbst hingegen sagt aus, dass Euer Gemahl ihm eine Beteiligung am Gewinn angeboten

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