Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
jeden Atemzug. Sein Bewusstsein schwand, und er hatte wahnsinnige Schmerzen.
„Was ist geschehen?“, fragte Vinzenz.
Der Abt stöhnte und röchelte.
„Ganz ruhig und nicht sprechen.“ Leron´das bettete Benidius so bequem wie möglich auf dem Boden und machte sich daran, seine Kutte zu zerreißen, um an die Wunde zu gelangen. Er wischte vorsichtig das Blut ab und sah sie sich einen Augenblick genau an.
„Ich brauche meine Tasche“, flüsterte er.
Der Abt öffnete schwer die Augenlieder „Es gibt noch einen … Ausgang. Im Norden … in dem Wäldchen …“
„Schsch nicht sprechen.“
„… ich sterbe … junger Graf, nehmt den Schlüssel … verwahrt ihn gut.“
„Niemand stirbt, solange ich es verhindern kann“, brummte Leron´das. Er riss zwei Streifen Stoff ab, die er links und rechts neben dem Messer auf die Wunde presste. „Drück das an und versuch nicht zu wackeln“, befahl er Vinzenz. „Ich bin sofort wieder da“.
Norden. Leron´das steuerte zielstrebig diese Richtung an. Bei jeder Abzweigung prüfte er die Luft und prägte sich den Weg ein. Ein schmaler unauffälliger Pfad schien ihm der Richtige zu sein. Bald schon stieg er steil an und führte geradewegs nach Norden. Die Luft wurde erst stickig, ehe sich nach und nach der würzige Duft von Pinien bemerkbar machte. Dämmeriges Licht vertrieb die Dunkelheit, dann war der Tunnel plötzlich zu Ende.
Vor Leron´das wucherte dorniges Brombeergestrüpp, hinter ihm erhob sich der blanke Fels. Mit einem einzigen Satz setzte er über die undurchdringliche Hecke und stand in einem lichten Pinienwald, der sich in einem sanften Tal zwischen runden Hügeln ausdehnte. Die Sonne schien nicht mehr, aber der Himmel war noch hell.
Mit schnellem, leichten Schritt bahnte sich Leron´das einen Weg zwischen den Bäumen. Als er den Gipfel des Hügels erreichte, sah er das Monastirium im Süden auf dem nächsten Hügel stehen. Die Glocken läuteten zur Abendandacht und erfüllten das ganze Tal mit ihrem Klang, aber Leron`das hatte keine Augen und Ohren dafür. So schnell, wie nur ein Elbe laufen konnte, lief er auf das Tor des Monastiriums zu. Dort erst mäßigte er seine Geschwindigkeit. Vorsichtig schlüpfte er durch das Tor und steuerte geradewegs auf den Schlafsaal zu.
Der Raum war leer. Geräuschlos huschte Leron´das zu seinem Bett und zog seine Tasche darunter hervor. Als er sie in den Händen hielt, wurde ihm bewusst, was für ein Risiko er eingegangen war. Längst hätten der König und seine Wachen herausfinden können, wo sie den blonden Jungen aus der Kapelle suchen mussten. Er wollte zur Tür eilen, da hörte er schwere Schritte und Stimmen in dem langen Gang. Sie kamen immer näher. Ohne darüber nachzudenken, warf Leron´das die Tasche durch das schmale Fenster und sprang hinterher. Dicht an die Mauer gedrängt lief er nach Norden in den Wald. Erst als er erneut über die Brombeerhecke setzte, merkte er, wie ein Teil der Spannung von ihm abfiel.
Er betrat den Raum durch die verborgene Tür und zog sie leise hinter sich ins Schloss. Vinzenz sah auf, als er die Bewegung am Rande seines Gesichtsfelds wahrnahm. Er hatte irgendwoher eine Decke aufgetrieben, den Abt damit zugedeckt, und dessen Kopf auf seine Jacke gebettet.
„Ich werde deine Hilfe brauchen“, sagte Leron´das.
Der Graf nickte. „Was muss ich tun?“
„Ich werde das Messer herausziehen. Sorg dafür, dass er sich nicht bewegt. Es wird stark bluten, bis es mir gelingt, die Wunde zu verschließen.“
Als Leron´das sich zum Abt hinunter beugte, schlug der die Augen auf. Sein Blick war starr und verschleiert und er rang mühsam nach Luft.
„Corona … er wird …“ Keuchend und röchelnd schloss er die Augen.
„Nicht sprechen“, verlangte Leron´das sanft.
Der Abt öffnete erneut die Augen. „Geh zurück nach Corona“, stieß er hervor, dann brach sein Blick und die letzte Luft entwich mit einem pfeifenden Geräusch seinen Lungen. Entsetzt starrte Leron´das ihn an. Eine eiskalte Hand griff nach seinen Eingeweiden und drückte erbarmungslos zu. Der Abt war tot. Leron´das hatte den Wettlauf gegen die Zeit verloren. Seine Hände, mit denen er heilen konnte, vermochten hier nichts mehr auszurichten. Er legte sie auf seine Knie und starrte Vinzenz fassungslos an.
Vinzenz´ Gesicht war grau. Ein harter Zug lag um seinen Mund. „Dafür muss der König zur Rechenschaft gezogen werden.“
„Der König?“, fragte Leron´das verständnislos.
„Sie hatten Streit, und
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