Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
Stimmen zu hören.
Vinzenz erreichte das Ende der Menschentraube.
„Was ist da los?“, fragte er eine Frau.
„Das versteht kein Mensch“, antwortete sie. „Die sagen, der Schmied und seine Frau wären Verräter. Die räumen denen grad die ganze Bude leer.“
„Der Schmied?“, fragte Vinzenz, obwohl er es ganz deutlich gehört hatte.
„Drunten in der Schmiede waren sie auch schon. Haben den armen Ruben hops genommen.“ Die Frau schüttelte ungläubig den Kopf. „So feine Menschen sind das, der Feodor und die Josephine. Immer freundlich, immer hilfsbereit. Ich hoff, die finden sie nicht.“ Plötzlich sah sie Vinzenz von unten herauf an. „Das bleibt aber unter uns.“
Vinzenz lächelte freundlich. „Aber natürlich, gute Frau.“
„Kannst du sehn, was die dort machen?“
Vinzenz stellte sich auf die Zehnspitzen. Er wollte selbst gerne wissen, was hier los war. Uniformierte Wachen liefen rein und raus. Zerrten Dinge aus einem Schuppen und warfen sie auf die Straße.
„Die suchen etwas“, sagte er der Frau, die sich ungeduldig streckte. „Hat der Schmied Feinde?“
Die Frau schnaubte. „Ich sag doch, das sind ganz feine Menschen. So jemand hat doch keine Feinde.“
Vinzenz zuckte mit den Schultern. In Zeiten wie diesen hatte man schnell ein paar mächtige Feinde.
Als wäre er aus dem Nichts erschienen, stand Dosdravan plötzlich vor dem Haus.
„Um Gottes willen“, entfuhr es Vinzenz. Erst auf den zweiten Blick erkannte er, dass der Zauberer sich nicht etwa hergezaubert hatte, sondern unweit des Hauses aus einem schmalen Weg gekommen war. Hatte Dosdravan herausgefunden, dass der Schmied und seine Frau Philips Eltern waren?
Unter seinen kalten, harten Augen wich die Menschenmasse ein Stück zurück. Vinzenz wandte sein Gesicht ab. Er wollte unter keinen Umständen erkannt werden.
„Was ist los?“, fragte die Frau.
„Der Zauberer ist da!“, zischte Vinzenz.
„Beim heiligen Albarus! Die Aaskrähe …“, sie schlug sich die Hand vor den Mund.
„Was?“, fragte Vinzenz.
„Es heißt, er kann sich in eine Krähe verwandeln“, flüsterte die Frau.
Vinzenz spürte die Gänsehaut auf seinen Armen und einen kalten Schauer, der ihm den Rücken hinunter lief. Obwohl er wusste, dass sich die einfachen Leute gerne Schauergeschichten erzählten, war er geneigt zu glauben, was er hörte. „Wer sagt das?“, fragte er.
„Die Burschen im Wald. Manche sagen, dass es mehr als einen Zauberer im Land gibt“, erwiderte sie.
Vinzenz senkte verschwörerisch die Stimme. „Das habe ich auch gehört. Viele sollen es sein. Manche geben sich als Menschen aus. Vor allem im Süden erzählt man sich das.“
„Dann stimmt das andere am Ende auch.“ Sie presste ihre schwieligen Hände an die Wangen.
„Das andere?“, fragte Vinzenz.
„Drüben am Kaisergebirge soll einer umgekommen sein. Der ganze Turm – abgebrannt.“
Vinzenz spürte wie ihm die Knie weich wurden. Er schnappte nach Luft. Agnus! War alles, was er denken konnte. Obwohl er wusste, dass Agnus ihren Plan niemals leichtfertig aufs Spiel setzen würde, war er dennoch der einzige, dem er zutraute, den Zauberer im Zorn erschlagen zu haben.
„Ich muss nach Hause“, sagte er.
Die Frau nickte.
Vinzenz bog in die erste Querstraße ab und entfernte sich so schnell wie möglich. Wenn der Nestalor tot war, begann der Kampf früher als geplant. Wenn der Zauberer tot war, war ihre heuchlerische Fassade durchschaut. Noch war der König im Monastirium Wilhelmus, aber offensichtlich hatte Dosdravan genügend Machtbefugnis, um das Geschehen hier zu kontrollieren. Vinzenz überlegte fieberhaft, wie er an eine brauchbare Information kommen konnte, die ihm bestätigte, was er soeben gehört hatte. Nestalor Wasoro tot.
Trotz der Widrigkeiten, die dadurch auf ihn zukamen, merkte er, dass ihm der Gedanke gefiel. Nestalor tot. Keine Gnome mehr, die man im Auge behalten musste. Keine unberechenbare Macht mehr in der direkten Nachbarschaft. Keine Angst mehr, ausspioniert zu werden – obwohl, ganz sicher konnte man sich da nie sein.
Von wem konnte er erfahren, ob die Sache mit Nestalor stimmte? Wer konnte ihm eine brauchbare Information liefern? Dosdravan! Vinzenz blieb stehen und überlegte kurz. Wenn Nestalor tatsächlich tot war, dann würde Dosdravan dies zweifellos ihm und Hilmar in die Schuhe schieben. War er mächtig genug, um ihn an der Heimfahrt zu hindern? Auf jeden Fall würde er es versuchen. Nein, das Risiko mit Dosdravan darüber zu
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