Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
erhöht. Weiße Laken und eine mit aufwendigem Muster bestickte Decke, dazu zwei passende Kissen lagen darauf. Schwere blaue Vorhänge und zarte weiße Spitzen hingen an allen vier Pfosten des Bettes. Die gleichen Vorhänge waren auch neben den beiden langen Fenstern angebracht. An der gegenüberliegenden Seite des Zimmers stand eine große Holztruhe. Daneben ein Tisch mit einer eingelassenen Waschschüssel und einem dazu passenden Wasserkrug. Vor dem einen Fenster befanden sich zwei - ebenfalls blau - bezogene Sessel und vor dem anderen ein Schreibpult. Als er sich noch einmal umdrehte, sah er hinter der Tür einen kleinen Kamin.
Philip blieb in der Mitte des Raumes stehen. Er wartete darauf, dass Edgar leise anklopfte und auf seine devote Art um Entschuldigung bat, weil er ihn in das falsche Zimmer geführt hatte. Als nichts geschah, löste sich Philip langsam aus seiner Starre, legte seine Tasche auf den Boden und zog seine Stiefel aus. Vorsichtig ging er durchs Zimmer, wagte aber weder etwas anzufassen, noch sich irgendwo hinzusetzen. Schließlich hörte er ein leises Klopfen an der Tür und erschrak. Schnell schlüpfte er in die Stiefel.
„Herein“, sagte er.
Die Tür öffnete sich vorsichtig und ein bleiches, aschblondes Mädchen mit weißer Schürze über einem farblos schlichten Kleid, betrat das Zimmer.
„Ich bringe heißes Wasser, Herr, falls Ihr Euch frisch machen wollt.“
Philip nickte.
Das Mädchen huschte herein und stellte eine dampfende Kanne neben die Waschschüssel. Sie machte einen Knicks und huschte wieder zur Tür. Dort blieb sie noch einmal stehen. „Die Herrin lässt ausrichten, dass in der Truhe Kleidung für Euch bereitliegt.“
„Danke“, sagte Philip und war noch verwirrter als zuvor. Er setzte sich einfach, da wo er gestanden hatte, auf den Boden und schloss die Augen.
Das Haus seiner Eltern war ein ansehnliches Haus in Waldoria, aber es war eine ärmliche Hütte verglichen mit diesem hier. Selbst in Agnus großem Haus gab es keinen Raum, der so prächtig war wie dieser.
Philip zog sich vollständig aus und schrubbte sich gründlich, wobei er besonders darauf achtete, dass seine Finger blitzblank wurden und nicht mehr nach Pferd rochen.
Das Handtuch duftete nach Blumen und war groß genug, dass er es sich um die Hüften binden konnte. Unschlüssig stand er vor der Truhe und überlegte, ob er wirklich Sachen daraus anziehen wollte. Andererseits blieb ihm gar nichts anders übrig. Er hatte nichts Passendes dabei und er wollte nicht wie ein sturer Bauerntrampel in seinen Reitstiefeln, einer stinkenden Hose und einem groben Hemd im zweifellos prachtvollen Speisesaal derer von Weiden erscheinen.
Eigentlich wollte er am liebsten überhaupt nicht erscheinen. Er fürchtete sich furchtbar zu blamieren und Arina würde über seine Unschicklichkeit kichern. Was nützte es da, wenn ihre Mutter sie tadelnd ansah oder ein vorwurfsvolles „Arina“ verlauten ließ? Er stammte nun mal aus einfachen Verhältnissen, und auch wenn das dank seiner guten Schulbildung nicht sofort auffiel, so fühlte er sich doch in einem Haus wie diesem vollkommen fehl am Platz.
Bisher war ihm noch nicht in vollem Umfang bewusst geworden, dass er sich seit Wochen in adligen Kreisen bewegte. Agnus und Amilana legten nicht viel Wert auf derlei Dinge und hielten auch ihr Haus bewusst schlicht und volksnah. Außerdem liefen in ihrem Garten so viele ungewaschene Kinder herum, dass gar kein herrschaftlicher Eindruck entstehen konnte. Trotzdem hätte Philip wissen müssen, dass es auf der Weidenburg anders war. Selbst in Reisekleidung machte Graf von Weiden einen sehr eleganten Eindruck.
Seufzend öffnete Philip die Truhe. Ordentlich gestapelt fanden da knielange Beinkleider neben den Hemden Platz. Es gab bunte Tücher, die unter den Kragen gebunden wurden. Beinlinge aus Seide, die die Waden verbergen sollten, lagen auf einem samtenen braunen Wams, dessen lang geschnittener Kragen mit rot glänzendem Garn bestickt war. Daneben befand sich ein glänzender Überrock.
Ganz unten in der Truhe lag ein breiter bestickter Gürtel wie Hilmar von Weiden ihn meistens trug und ein Paar spitz zulaufende, knöchelhohe Schuhe aus besticktem Hirschleder, mit aufwendiger Schnürung. Zweifellos waren diese Schuhe nicht dafür hergestellt, um mit ihnen draußen herum zu gehen. Sie hatten eine dünne Ledersohle, die weder an den Fersen noch an der Spitze verstärkt war. Philip zweifelte daran, dass eine Pappelholzsohle darauf
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