Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
auffällig wortkarg, und als sich ihr Bruder verabschieden musste, um ins Bett zu gehen, entschuldigte sie sich auch.
Philip war enttäuscht und erleichtert zugleich, als sie den Raum verließ. Er besprach mit der Gräfin von Weiden nur noch den Ablauf des morgigen Tages und ging dann ebenfalls in sein Zimmer.
Am folgenden Tag brachen sie nach dem Frühstück auf. Für die Damen und den Jungen stand die Kutsche bereit. Fünf Männer warteten am Tor, um die Kutsche zu begleiten. Außer Erós stand noch ein weiteres Pferd gesattelt und aufgezäumt im Hof. Die Gräfin stieg mit ihrem Sohn in die Kutsche, ihr folgte die Gouvernante und schloss die Tür hinter sich. Philip sah Arina an und die lächelte keck zurück.
„Bist du sicher, dass du so reiten willst?“, fragte ihre Mutter mit zusammengekniffenem Mund.
„Ja“, antwortete Arina knapp. Mit einem wohldosierten Ruck schwang sie sich in den Sattel der weißen Stute. Philip tat, als prüfe er noch einmal den Sitz seines Schwertes und rüttelte auch an seinen Taschen, ehe er den Blick von Arina löste und aufs Pferd stieg. Ihr braunes Reisekleid, wippte anmutig um ihre Beine. Schwarze Stiefel lugten darunter hervor. Ihre Hände steckten in Lederhandschuhen.
Der Kutscher schnalzte mit der Zunge und ließ die Peitsche kreisen. Erós tänzelte nervös zur Seite und Philip schwankte bedenklich im Sattel. Er bemerkte Arinas amüsierten Seitenblick, als sie an ihm vorüber ritt, aber er versuchte ihn zu ignorieren und presste seinerseits dem Pferd die Fersen in die Flanke.
Sie saß sicher im Sattel und bewegte sich wie eine Tänzerin im Einklang mit ihrem Tier. Philip blieb hinter ihr und sah ihr zu, doch dann drehte sie sich plötzlich zu ihm um.
„Ich wollte nur sehn, ob du uns folgen kannst“, sagte sie hochnäsig.
Philip antwortete nicht, aber er ärgerte sich und trieb sein Pferd neben ihres. Er spürte ihr amüsiertes, ja verächtliches Lächeln und den Groll, der in ihm aufstieg. Schweigend und mürrisch starrte er auf die Kutsche, die vor ihnen über die gekieste Straße rollte. Das konnte ein heiterer Tag werden, wenn sie vor hatte, ihn dermaßen herablassend zu behandeln. Natürlich war er kein begnadeter Reiter. Erós und er waren zwar miteinander vertraut, aber Philip hatte den Verdacht, dass es andere Gründe als sein reiterisches Können gab, die das Pferd bewogen, ihn dahin zu tragen, wo er hin musste. Das Arina dies sofort durchschaut hatte, ärgerte ihn trotzdem. Um nicht länger zu schweigen, fragte er:
„Warum fragte Eure Mutter, ob Ihr reiten wollt? Findet sie es nicht richtig?“
„Sie fragte nicht, ob ich reiten will, sondern ob ich so reiten will“, antwortete Arina und grinste, aber Philip verstand gar nichts.
„Wie, so?“
„Im Herrensattel natürlich.“ Arina rollte die Augen und Philip riss sich zusammen, um sie nicht nachzuäffen.
„Sie findet es unschicklich, aber ich finde den Damensattel unpraktisch und in der Kutsche ist es mir zu langweilig.“
„Aha“, war Philips einziger Kommentar. Jetzt, da sie ihn darauf hingewiesen hatte, fiel ihm ein, dass die meisten Frauen eigenartig verdreht auf ihren Pferden saßen. Durch ihre Kleider war es jedoch unmöglich zu sehen, wieso sie so saßen.
„Du hättest ein paar Reitstunden nötig“, bemerkte sie gnadenlos. „Deine Steigbügel sind zu kurz, deine Hüfte geht nicht richtig mit und du hältst die Hände zu hoch.“
Philip hätte Erós am liebsten losgaloppieren lassen, aber er fürchtete, dass Arina ihn bald einholen und sich dann erst recht über ihn lustig machen konnte.
„Walter und ich haben dieses Pferd erst während unserer Flucht gekauft, um schneller voranzukommen. Ich bin davor nie geritten.“ Es klang wie eine Ausrede und Philip fühlte sich unwohl.
„Noch nie geritten?“, fragte sie ungläubig.
„Ich wohnte in einer Stadt und mein Vater ist Schmied. Weder gab es jemals die Notwendigkeit zu reiten, noch hatten wir ein Pferd“, antwortete er bissig.
„Aber …“ sie überlegte kurz. „Wieso ist dein Vater Schmied? Ich hörte, dass du immer noch zur Schule gehst?“
Philip zog die Augenbrauen zusammen und sah sie herausfordernd an. „Widerspricht sich das?“
„Irgendwie schon. Der Sohn von unserem Schmied kann noch nicht einmal lesen.“ Sie sah herausfordernd zurück.
„Das hier ist schließlich nicht Waldoria“, antwortete er abfällig und starrte nach vorne.
„Deshalb lernt man hier auch ordentlich reiten“, gab sie schnippisch
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