Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
gelangen wollte, musste ihm eine Elbin ein Kind von seinem Blut gebären. Es bestand kein Zweifel, dass dies Dosdravan Liminos verschlagener Plan war. Alle Zauberer strebten nach ewigem Leben und der grenzenlosen Macht, die damit einherging. Doch nur die mächtigsten unter ihnen wagten den Versuch. Zu viele Risiken waren damit verbunden, denn es kostete einen Zauberer eine Menge Kraft, eine Elbin lange genug am Leben zu erhalten. Die meisten begnügten sich daher mit dem Herzblut eines Elben, das ihnen immerhin hundert weitere Lebensjahre bescherte.
Leonidas konnte die Macht jedes Zauberers spüren. Wie Gift floss diese Macht durch seinen Körper und rüttelte an seinen Grundfesten. Der Wunsch zu fliehen und sich zu verstecken war in der Nähe eines Zauberers übermächtig. Dabei war es nicht notwendig, dies zu tun. Keiner von ihnen konnte ihn erkennen. Zu viele Menschen standen in seiner Ahnenreihe. Und doch floss auch das Vermächtnis eines Zauberers in den Adern des Königs. Er hatte es von seinem Vater, so wie der von dem seinen ... Die Zeit reichte so weit zurück, dass niemand es mehr nachvollziehen konnte, wann sich das Blut eines Zauberers in die Familie eingeschlichen hatte. Es vererbte sich vom Vater auf den Sohn genau wie ihr Geheimnis.
Leonidas wusste, womit man einen Zauberer ködern konnte und wie man ihn an sich band. Und das hatte er getan. Es war ein gefährliches Spiel. Sollte ihn ein Zauberer enttarnen, würde er ihn umgehend töten.
Als Kind hatte er einmal auf den Zinnen von Valerians Burg gestanden und im Schatten der Berge einen Gnom laufen sehen. Sein Geruch war ihm sofort in die Nase gedrungen, aber dann sah er ihn und gleichzeitig sah der Gnom Leonidas und musterte ihn zähnefletschend mit seinen kleinen, gierigen, wässerigen Augen. Leonidas spürte die trägen Gedanken dieses Wesens in seinem Kopf, als es wie ein wütender Hund an der Mauer hochsprang. Der Vater hatte der Bestie einen Pfeil in den offenen Rachen geschossen und Leonidas zum ersten und einzigen Mal väterlich zur Seite gezogen.
„Hüte dich vor ihnen. Kein Zauberer duldet einen Mischling. Gnome sind seine verlängerte Hand. Das Blut der Menschen, das in uns fließt, bricht die Macht der Zauberer, aber die Gnome täuscht es nicht.“ Dann hatte er ihm eine schallende Ohrfeige gegeben und gesagt, er solle sich nie wieder in diesem Turm blicken lassen.
Der König gähnte und raufte sich die Haare. Seine Finger waren steif und kalt. Das Feuer im Kamin war heruntergebrannt und die Kälte von draußen fraß sich durch die Mauern.
Tage später stand König Leonidas draußen auf der Burgmauer. Eisige Böen blähten sein dünnes Hemd. Nicht einmal der erhebende Anblick seiner riesigen Streitmacht schaffte es, die Wärme in seinem Körper zu halten.
Sein Blick schweifte hinüber zum Wald. Endlos weit, ein Meer aus Bäumen. Der Herbst hatte ihm zugesetzt. Das Gold, in das er sich im Dachsmond gehüllt hatte, war in alle Winde zerstreut. Dadurch war die Schneise, die die Krieger bis zu den Behausungen der Elben geschlagen hatten, jetzt deutlich sichtbar.
„Majestät?“ Ein Kammerdiener verneigte sich tief. „Die Boten vom Moosberg sind zurückgekehrt.“
Endlich. Nach sieben Wochen.
„Ich empfange sie im Thronsaal.“ Im Kerker sollten sie darben. Doch es war zwecklos die Ungeduld zu leugnen, mit der er sie erwartete. Er musste wissen, warum Dosdravan den Mantel des Schweigens über die Quellenberge gelegt hatte. Warum er mehr und mehr einem gerupften Vogel glich und seine Macht nur noch einen Bruchteil ihrer einstigen Stärke hatte. Einen äußerst beängstigenden Bruchteil, denn er war immer noch gewaltiger als jedes andere Wesen, das König Leonidas je zu Gesicht bekommen hatte.
Erst dieser Bruchteil machte deutlich, wie übergroß seine Macht ehedem gewesen war, und demonstrierte dem König eindrucksvoll, wie klein er neben diesem Zauberer wirkte. Zum Glück hatten die Menschen keinen Sinn dafür. Sie erkannten nur die weltliche Stärke an, eine Stärke, die er als König vollkommen verkörperte.
Im Thronsaal verbreiteten einige Fackeln ihr spärliches Licht und malten bedrohliche Schatten an die Wände. Sie machten aus Leonidas den Herrscher, der er sein wollte. Düster, schattenhaft, geheimnisvoll, unberechenbar.
Die Wirkung blieb nicht aus. Helle Panik stand in den Gesichtern der drei Boten.
„Ihr wart lange fort“, empfing sie der König. Seine Stimme hallte von den Wänden.
Die Männer verneigten sich
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