Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
die bleichen Wangen seines Gefährten zurückkehrte, lehnte sich der Ältere an sein Pferd und genehmigte sich ebenfalls einen Schluck.
„Ich weiß nicht, was von all dem wir dem König berichten können, ohne dass er uns auf der Stelle in Stücke reißt.“
„Wie viele Zauberer gibt es in diesem verflixten Land?“, stöhnte der Jüngere.
Der andere zuckte mit den Schultern und starrte grimmig in den Wald.
„Mehr als ich mit meinem Gewissen vereinbaren kann.“
„Der Priester bei uns zu Hause predigte oft, dass kein Gläubiger einen Zauberer dulden darf und, dass die Kirche hinter jedem Zauberer her ist. Meinst du, man weiß in Eberus von ihnen?“
„Wenn der Heilige Vater es nicht weiß, sollten wir möglicherweise im Monastirium Wilhelmus jemanden finden, der es ihm berichtet.“
„Denkst du, dass man uns glauben wird? Ich kann es ja selbst kaum fassen.“
Der Ältere gab einen undefinierbaren Laut von sich und bestieg sein Pferd.
„Lass uns von hier verschwinden.“
8. Schnee in den Bergen
An den schroffen Felsen blieb der Schnee meist nicht liegen, aber die Gipfel hatten sich in den letzten Tagen mit neuen weißen Mützen bekleidet. Der kalte Ostwind verfing sich in ihnen und riss Wolkenschleier heraus, die glitzernd in der Sonne zerstoben.
Soweit das Auge reichte, reihte sich Gebirgskette an Gebirgskette und jede schien mit ihren Spitzen, die andere übertreffen zu wollen. Senkrecht wuchsen die Felswände aus bodenlosen Schluchten bis hinauf in den Himmel. Tiefe Täler und bewaldete Hänge lagen weit unten, unter einer dicht gesponnenen Nebeldecke, die keinen Sonnenstrahl hindurch ließ. Aber hier oben bestand die Welt nur aus gleißendem Licht, funkelnden Gipfelzähnen und schneebedeckten Felsen.
Leron´das ließ seine Augen schweifen. Er konnte sich nicht sattsehen an dem Gesicht der Berge, die sich täglich veränderten und dennoch immer dieselben blieben. An Tagen, an denen das Wetter bis hinunter ins Tal klar und freundlich war, hatte er versucht, den Alten Wald zu sehen.
Obwohl er glaubte, dass man von hier oben die ganze Welt überblicken konnte, blieb es ihm versagt, die Stätte seiner Heimat zu finden. Es gab keinen Weg nach Pal´dor.
Ein letztes Mal ließ er seinen Blick in die Ferne gleiten, dann stieg er hinab nach Munt´tar.
Das Leben in der höchstgelegenen Stadt war anders als das in Pal´dor. Schon allein die Helligkeit, die in den Wintermonaten hier besonders auffällig war, ließ ihn manchmal heftige Sehnsucht nach einem schattigen Platz unter einem Baum spüren. Bäume gab es in diesen schwindelnden Höhen längst nicht mehr. Obwohl Leron´das die Schönheit dieser Landschaft zu schätzen wusste, wünschte er sich hin und wieder, er könnte unter einer Silberpappel sitzen, die ihm Sicherheit gab.
Als hinter einer Felsnase die spitzen, grauen Gebäude der Stadt auftauchten, sah er Frendan´no auf einem für diese Höhen ungewöhnlich flachen Hang sitzen. Er saß oft an dieser Stelle, abseits der Häuser von Munt´tar und starrte in die Ferne. Etwas lag auf seinem Herzen, was ihn traurig stimmte.
Leron´das blieb stehen und beobachte ihn.
Einmal hatte er Almira´da gefragt, ob sie wusste, was ihren Bruder bedrückte, doch sie hatte es ihm nicht verraten. Schon der flüchtige Gedanke an diese Begegnung mit ihr brachte sein Herz zum Flimmern.
Auf seine Frage hin hüpfte sie wortlos zum nächsten Steilhang und er hatte Mühe ihr zu folgen. Sie lachte silberhell, ihre roten Haare wehten im Wind. Schließlich blieb sie stehen und stellte sich mit dem Rücken zur Sonne. Hinter ihr glühten die Felsen im Abendlicht, und aus ihrem Gesicht strahlten ihre grünen Augen wie Bergwiesen im Frühling.
„Sprich nicht über meinen Bruder, wenn du bei mir bist", flüsterte sie.
Der Wind trug ihre Worte in die Nischen der Felsen und verlieh ihnen ein leises Echo. Gleich darauf spürte Leron´das, wie sie sanft nach seinem Herzen griff, und er öffnete es für sie.
„Über das, was wir beide uns wünschen, kann ich nicht mit dir sprechen", hauchte er atemlos. „Nicht bevor ich meinen Auftrag erfüllt habe."
Sie lächelte und nahm seine Hände in ihre. „Das sollst du nicht. Auch ich werde es nicht tun. Aber das ändert nichts an dem, was wir füreinander empfinden." Dann glitt sie geschmeidig wie eine Katze in seine Arme.
Ihre Herzen ruhten aneinander, während Leron´das Finger langsam an ihrem Rücken hinunterglitten und ihre Lippen sanfte Worte in sein Ohr flüsterten, die
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