Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
Gräbern ihrer Toten stehen und ihnen aus dem Leben berichten. Sie glauben daran, dass die Toten ihnen aus dem Himmel zusehen können und wenn Helena uns heute zugehört hat, weiß ich, dass sie lacht." Er lachte auch. „Ich wusste von Anfang an, dass Josephine ein besonderes Kind war, trotzdem bin ich überrascht. Bei unseren Kindern sehen wir so viel, was niemand anderem auffällt und das Offensichtliche sehen wir oft nicht." Leron´das konnte nicht mitsprechen. Er dachte an Almira´da. An ihre blitzenden Augen, ihre schillernden Haare, ihre sinnlichen Lippen und an das heimliche Versprechen, das sie sich gegeben hatten. Er dachte an Lume´tai und das Wunder, das er gespürt hatte, als er das Kind in seinen Armen hielt. Er fragte sich, wie es sich anfühlen würde, wenn er der Vater eines solch lieblichen Geschöpfs wäre.
„Vielleicht hätte ich sie doch alle nach Pal´dor bringen sollen, als das noch möglich war", murmelte er.
„Auch ich würde mich besser fühlen, wenn dem so wäre. Zu wissen, dass ein Zauberer sich in so unmittelbarer Nähe meiner Kinder befindet, macht mir Angst."
„Und Philip hat sich letztlich auch nur aus dem Dunstkreis eines Zauberers in den eines anderen begeben." Leron´das seufzte. „Glaub mir Frendan´no, hätte ich das, was ich heute weiß, früher gewusst, ich hätte ihn nicht dorthin gehen lassen. Aber Josephine erwähnte mit keinem Wort ihre Verwandtschaft zu dir."
Frendan´no lächelte verklärt. „Schon immer haben meine Kinder erst mit ihrer Volljährigkeit, oft erst nach ihrer Vermählung von mir erfahren. Rosi war es wichtig, dass möglichst wenig von ihrem Geheimnis geredet wurde. Trotzdem erzählte sie, so lange sie lebte, Geschichten über uns Elben und versicherte ihren Kindern, dass einer über ihre Träume wacht. Und das tat ich. Das war alles, was ich tun konnte. Tun durfte."
„Und was können wir jetzt tun?", fragte Leron´das.
„Möglicherweise ist es besser nichts zu tun und darauf zu vertrauen, dass das menschliche Blut ihrer Väter, diese Kinder vor der Wahrnehmung der Zauberer abschirmt. Natürlich fürchte ich um sie, und möchte sie beschützen, doch ich fürchte noch mehr, dass meine Anwesenheit, die Aufmerksamkeit der Zauberer auf sie lenken könnte." Frendan´no sah ihn offen an. „Du hast ohnehin einen anderen Auftrag, hörte ich."
Leron´das nickte. „In wenigen Tagen muss ich nach Corona gehen, aber ich fürchte, ich werde erneut erfolglos durch die Stadt irren. Almira´da sagte, dass du mir vielleicht helfen kannst. Weißt du, wo die Menschen ihre Ahnentafeln verwahren?"
„Wo hast du es beim letzten Mal versucht?", fragte Frendan´no.
„Im Archiv", brummte Leron´das.
Frendan´no schüttelte den Kopf. „Geh in die Kirche. Frag nach den Weihbüchern. Jedes Kind wird in der Kirche geweiht."
„In der Kirche also", wiederholte Leron´das. „Ich danke dir."
Frendan´no sah ihn vieldeutig an. „Um meiner Schwester willen hoffe ich, du wirst nicht lange aufgehalten."
Leron´das spürte, wie ihm das Blut in die Wangen stieg und sich sein Herzschlag beschleunigte.
„Ich freue mich für euch", sagte Frendan´no wissend.
Leron´das hatte seine Kleidung geändert. Sie sah zwar wie menschliche Kleidung aus, aber sie riss und kratzte nicht länger an seiner Haut. Sie engte ihn nicht mehr ein und erinnerte ihn nicht ständig daran, dass er anders war.
Bis zur Wintersonnenwende hatte er zehn Tage Zeit, um durch das verschneite Gebirge nach Corona zu gelangen.
Er versuchte keinen Blick zurückzuwerfen, denn er wusste, das Almira´da bei ihrem Felsen stand und jeden Schritt sah, der ihn von ihr entfernte.
Sie hatte tapfer gelächelt, als sie ihn zum Abschied küsste. Er hatte sie noch einmal an sein Herz gedrückt und ihren Namen in die Nischen des Felsens geflüstert. Ein leises Echo hatte ihm zehntausendfach geantwortet.
Jetzt versuchte Leron´das an der Hoffnung festzuhalten, dass er nur wenige Wochen fort sein würde, aber er wusste nicht, was ihn diesmal in Corona erwartete. Ob er die Stadt überhaupt betreten konnte?
Die Ewigkeit, die sie gemeinsam verbringen würden, war ihm kein Trost im Angesicht des Abschieds. Er wünschte sich bei Almira´da zu sein und wusste, dass die Ewigkeit des Wartens bereits begonnen hatte. Jede Stunde ohne sie würde zum Tag, jeder Tag zum Monat, jeder Monat zum Jahr. Jeder Augenblick den er nicht bei ihr war, war eine Ewigkeit.
Er blieb stehen und drehte sich um. Die Berge hinter ihm reichten
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