Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
den ihn ihre Worte zu stürzen drohten. Für sie war es nur ein Kuss. Nur ein Kuss.
„Meinst du, wir könnten trotzdem Freunde sein?“, fragte sie.
Philip schloss die Augen. Er taumelte am Rand des Abgrunds. Bis zu dem Tag, da sie in seinen Armen lag, wäre Freundschaft ein verlockendes Angebot gewesen. Von mehr hatte er bis dahin nicht zu träumen gewagt. Doch dann hatte sie ihn geküsst. Wie konnten sie jetzt noch Freunde sein? Jetzt, da sich alles in ihm nach ihrer Liebe sehnte? Jetzt da ihre Freundschaft nur sein Martyrium sein konnte? Und doch brachte er es nicht fertig, sie gänzlich von sich zu stoßen und seiner Seelenqual ein Ende zu bereiten. „Ich denke schon“, antwortete er gepresst.
„Das freut mich. Unsere Ausritte haben mir gefehlt.“
„Hm“, antwortete er und hoffte, dass sie bald ein anderes Thema anschneiden würde. Eins, bei dem er sich nicht so schutzlos und ausgeliefert fühlte.
„Hab ich dir sehr weh getan?“, fragte sie.
Es war zu viel. Philip drückte Erós unsanft die Fersen in den Bauch. Das Pferd machte einen Satz nach vorne.
„Lauf Erós“, keuchte er, ließ den Zügel los und klammerte sich mit den Händen am Sattel fest. Er hörte sie rufen, aber er drehte sich nicht um. Der eisige Wind trieb ihm die Tränen in die Augen und fraß sich durch seine Kleidung bis auf die Haut.
Nach einer Weile verzögerte Erós das Tempo. Philip ließ sich aus dem Sattel gleiten und ging einige Schritte den Weg entlang. Das Pferd trottete ihm hinterher. Er hörte die donnernden Hufe hinter sich, aber er drehte sich nicht um. Erst als Arina ihre Hand in seine schob, drehte er seinen Kopf zur Seite. Sie lächelte scheu.
Er entzog ihr seine Hand. „Ich kann das nicht. Es tut weh, wenn ich dich nicht sehe und es tut noch mehr weh, wenn ich dich sehe. Ich kann jetzt nicht darüber sprechen, als wenn nichts gewesen wäre. Als wäre es vorbei.“
Mit der Hand streichelte sie sanft über Philips Arm.
„Es tut mir so leid“, flüsterte sie.
„Mir auch“, bestätigte er.
„Reiten wir zurück?“
„Ich bring dich nach Hause.“
Schweigend ritten sie zurück. Im Stall wechselte Philip das Pferd. Er holte den Fuchs aus der Box und ging mit ihm zum Platz. Im Schritt übte er Wendungen und Schlangenlinien. Als er der Meinung war, dass es einigermaßen klappte, versetzte er ihn in Trab. Er schwitzte und seine Muskeln brannten, aber er gab nicht auf. Als es dämmerte und er kaum noch etwas sehen konnte, schaffte er es in einer sauberen Acht über den Platz traben. Zumindest teilweise zufrieden ging er zurück ins Haus. Er sagte dem Hausdiener, dass er sich unpässlich fühlte und nicht zum Abendessen kommen konnte. Dann er zog sich in sein Zimmer zurück und legte sich ins Bett.
Die eisige Stille, die Arina in den letzten Wochen wie eine Mauer um sich herum hatte entstehen lassen, war geschmolzen. Sie war freundlich, sie war nett und sie war viel zu oft in Philips Nähe. Er konnte sie sehen, er konnte sie hören, er konnte sie riechen, doch sie war so unerreichbar wie ein Stern. Sein Herz raste, wenn sie lächelnd auf ihn zukam. Seine Augen sehnten sich nach ihrem Anblick, seine Ohren sehnten sich nach ihrer Stimme, seine Finger sehnten sich nach ihrer Haut, aber am meisten sehnte sich sein Herz nach ihrer Nähe. Immer wenn sie neben ihm stand, brannte seine Seele. Er verzehrte sich im Schmerz, aber es gab kein Entkommen für ihn. Wenn sie da war, wünschte er, sie würde fortgehen, wenn sie ging, wünschte er sich, dass sie blieb. Er fand keinen Frieden bei den Büchern und empfand seine Aufenthalte in der Bibliothek als Zeitverschwendung. Nachdem er es innerhalb einer Woche nicht geschafft hatte, über die ersten paar Seiten des Buches zu kommen, packte er es in einen Beutel. Er legte noch zwei weitere Bücher dazu und ging in sein Zimmer, um seine Sachen zu packen. Danach suchte er Hilmar auf und sagte ihm, dass er den Jahreswechsel bei Agnus verbringen würde.
Als ihn Amilana am Abend des gleichen Tages den Erses Berg hinaufreiten sah, lief sie auf ihn zu und nahm ihn in die Arme.
„Hab ich dir nicht gesagt, du sollst dich von ihr nicht ärgern lassen?“, flüsterte sie und strich ihm über den Kopf und über die Wange. Sie nahm sich viel Zeit für ihn, und er erzählte ihr alles, was geschehen war. Sie schwieg und hörte zu und Philip spürte, wie sein Herz leichter wurde. Als er fertig war, sah ihn Amilana lange ernst an.
„Sie ist noch sehr jung“, sagte sie. „Ich weiß,
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