Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
du mit den drei Hausangestellten nicht auskommen. In der heutigen Zeit sollte auch ein Bediensteter ein kleines Zimmer für sich haben, in das er sich zurückziehen kann.“
„Ich glaube, ich kann das nicht“, stöhnte Philip. „Wie soll ich jemandem sagen, dass er meine Wäsche waschen und meinen Schmutz wegräumen muss.“
„Du wirst es lernen müssen, denn du wirst andere Aufgaben haben“, entgegnete Hilmar.
Als Hilmar, Arina und die Erzieherin fortgeritten waren, ging Philip noch einmal durch alle Räume. Später verließ er das Haus und begutachtete die Ställe. Da war Platz für mindestens zehn Pferde, ein paar Kühe standen in einem weiteren Stall. Als er herauskam, trat ihm ein hagerer, graugekleideter Mann entgegen. Er verbeugte sich tief und hielt dabei seinen Hut mit beiden Händen.
„Ich bin der Verwalter, Herr. Mein Name ist Berthold. Wenn Ihr wünscht, kann ich Euch jetzt die Bücher zeigen.“
Philip winkte ab. „Könnt Ihr reiten?“, fragte er. Der Verwalter nickte.
„Dann zeigt mir die Insel.“ Weil der andere so verwirrt aussah, fügte Philip hinzu: „Ich bleibe einige Tage. Die Bücher sehe ich mir später an.“
Zwei Tage verbrachte er alleine auf der Insel Wasserfurt. Er sprach mit den Menschen, die hier lebten. Er erkundigte sich nach ihrem Auskommen und ihren Nöten und hoffte, dass er sich zumindest ansatzweise so verhielt, wie sie es von ihm erwarteten. Schließlich ließ er sich von dem Verwalter die Bücher zeigen. Sie waren ordentlich und sauber, aber Philip beschloss dennoch sie nochmal mit Hilmar durchzusehen, da er das Meiste nicht beurteilen konnte. Er konnte nur die Zahlen zusammenrechnen. Die Ergebnisse stimmten.
Am Abend des zweiten Tages kam Hilmar mit den beiden Frauen vom Markt in Wellsbruck zurück. Arina war aufgekratzt und fröhlich, aber Hilmar wirkte angespannt und müde. Kurz nach dem Abendessen entschuldigte er sich und ging ins Bett. Die Erzieherin, obwohl ebenfalls erschöpft, hielt wacker die Stellung, da es ihr mehr als unsittlich erschien, zwei junge Leute ohne Anstandsdame in einem Raum zurückzulassen. Sie tat, als ob sie lesen würde, aber Philip bemerkte, dass ihr die Augen dabei ständig zu fielen.
„Heute war ein langer Tag“, sagte er.
Arina sah ihn an, dann nickte sie und tat, als müsste sie ein Gähnen unterdrücken. „Ich werde mich zurückziehen.“
„Gute Nacht“, murmelte Philip.
Er hatte wenig gesprochen, denn er fühlte sich beklommen in Arinas Nähe. Hauptsächlich darum suchte er Frieden in seinem Zimmer. Schlaf war ein seltener Gast in seinen einsamen Nächten. Oft konnte er nicht einschlafen oder wachte mitten in der Nacht auf und wälzte sich schlaflos im Bett. In den zwei Nächten allein in diesem Haus hatte er zum ersten Mal seit langer Zeit tief und fest geschlafen. Doch jetzt spürte er wieder die Unruhe. Er setzte sich auf sein Bett und starrte ins Nichts. Er musste lernen, mit seinen Gefühlen umzugehen. Er musste lernen, wieder er selbst zu sein, ohne ständig aus dem Gleichgewicht zu geraten, wenn sie in seine Nähe kam, wenn sie ihn ansah, oder mit ihm sprach. Sie wollte ihn nicht, und obwohl es weh tat, so durfte es nicht all sein Handeln beeinflussen. Sie wollte ihn nicht. Sie wollte ihn nicht. Er stützte den Kopf in seine Hände und spürte eine leichte Gänsehaut auf seinem Körper.
Es klopfte leise.
Philip hörte es nicht.
Vorsichtig öffnete sich die Tür einen Spalt breit.
„Philip!“
Erschrocken fuhr er zusammen. Arina zwängte sich durch den Türspalt. Sie hatte ihre Haare gelöst. Sie fielen ihr lose auf den Rücken. Ihre Füße waren bloß und sie trug über einem wollenen Unterkleid einen weißen Hausmantel.
„Ich habe noch Licht unter deiner Tür gesehen. Kannst du auch nicht schlafen?“
Philip schüttelte den Kopf.
Arina kam auf ihn zu und setzte sich neben ihn an das Fußende des Bettes. „Ich will schon lange mit dir reden“, begann sie. „Ich habe nachgedacht, über unseren Ausritt und das, was du mir gesagt hast. Aber du gehst mir seither aus dem Weg, und du siehst traurig aus.“
Philip zuckte mit den Schultern. „Ich kann das nicht Arina, ich brauche Zeit. Ich weiß, dass das, was ich mir wünsche, unmöglich ist, trotzdem dachte ich ... hoffte ich ... Doch du warst so schrecklich kalt. Jetzt bist du hier. Sagst, wir sollen Freunde sein. Aber ich kann das nicht ...“ Er sah sie von der Seite an, und sie senkte ihren Blick.
„Nach unserem Kuss ...“, sie stockte.
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