Die Stadt der Könige: Der geheime Schlüssel - Band 2 (kostenlos bis 14.07.2013) (German Edition)
diese Andacht täglich selbst abhielt und es erschien ihm der unverfänglichste Weg den Worten des Abts zu lauschen und ihn zu beobachten. Darum machte er sein Kreuz in der Liste für den nächsten Tag.
Die meisten Hilfskräfte nutzten diese Gunst, um etwas länger zu schlafen und waren überrascht, dass Leron´das frühzeitig den Schlafraum verließ und sich in die Kirche begab.
Der Abt war ein mittelgroßer Mann, der zweifellos dazu neigte in die Breite zu wachsen, was er sich aber mit eiserner Disziplin nicht gestattete. Seine Stirn war bereits kahl und die paar grauen Haare, die ihm noch geblieben waren, trug er kurz. Er hielt seinen Kopf hoch und seinen Rücken gerade, aber sein Gang war müde, als er durch den Mittelgang schritt. Aufmerksam sah er jeden in der Kirche an. Leron´das beobachtete das leichte Mienenspiel, das ihm verriet, ob er denjenigen den er ansah, kannte oder nicht. Der kurze Blick, den er mit ihm tauschte, reichte Leron´das, um sein Herz für diesen Menschen zu erwärmen. Er lauschte seinen Worten, wobei er sowohl auf deren Inhalt achtete, als auch auf die Art und Weise, wie er sie aussprach und er merkte, dass der Abt hinter jedem seiner Worte stand. Zufrieden verließ Leron´das die Kirche und machte sich hoffnungsfroh an seine Arbeit. Sein Entschluss stand fest, seine Stunden in der Küche waren gezählt.
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Gleich zwei Männer, deren Namen ihm nicht geläufig waren, hatten Benidius um eine vertrauliche Unterredung in der Kapelle gebeten. Man sollte meinen, dass es in einem Gotteshaus dieser Größe genügend Priester gab, die einem die Seele vor Gott erleichtern konnten. In den letzten Wochen erhärtete sich jedoch sein Verdacht, dass Gott ihn prüfen wollte. Wenn er geahnt hätte, wie sehr er die Anwesenheit des Königs zwischen diesen Mauern verabscheuen würde, hätte er ihm die geforderten Bücher bis ans Ende der Welt geschickt. Er vermutete allerdings, dass der König nicht wegen der Bücher hier war, sondern, dass es einen anderen Grund dafür gab.
Benidius glaubte jedoch nicht, dass es an den Zauberern lag, von denen gemunkelt wurde. Solche Gerüchte gab es alle paar Jahre und sie forderten nicht selten ihren Tribut. Seltsam war nur, dass sie diesmal aus dem Norden kamen und, dass behauptet wurde, der König hätte einen von ihnen in seinen Diensten.
Der Heilige Vater verfügte über genügend Mittel und Wege, um herauszufinden, ob dies stimmte. Aber würde er den König zur Rede stellen? Der Abt seufzte. In den letzten Jahren bestärkte sich sein Verdacht, dass es dem Oberhaupt der Kirche nicht um das Wohl aller ging, sondern nur noch um die Sicherung seiner Macht. Nach seinem Amtsantritt war das Land nach und nach in eine Nord und eine Südhälfte aufgeteilt worden. Früher hatte man sich als gottesfürchtiger Mensch nicht entscheiden müssen, ob man der Kirche oder dem König diente. Da war es selbstverständlich, dass sie zueinander gehörten wie die linke und die rechte Hand.
Durch König Leonidas war die Kluft sogar noch tiefer geworden. Das Bündnis, das die Mächte dieses Landes einst geeint hatte, bestand nur auf einem Stück Pergament. Die linke Hand wusste längst nicht mehr, was die Rechte tat.
Zumindest einen Vorteil hatte dieses geteilte Machtverhältnis heute für Benidius. Als Abt des Monastiriums und Gottesmann war er dem König keine Rechenschaft schuldig und musste ihm nicht dienen. Trotzdem war diese Trennung zwischen Krone und Kirche nicht richtig. Sie machte das Gleichgewicht zu einem Machtkampf und versperrte manchen Menschen den Weg zu Gott und zu der Wahrheit.
Seufzend zog der Abt sich seine weiße Kutte über, die er für den Gang in die Verschwiegenheit brauchte, und ging in die Kapelle.
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Leron´das hatte sich zwar als Leron von Plop anmelden lassen, aber er ging in seiner bäuerlichen Kleidung in die Kapelle und setzte sich in die letzte Reihe. Während er versuchte die Haltung eines Menschen im Gebet einzunehmen, richtete er seinen Blick doch auf den Gedenkstein seiner Vorfahren und versuchte seinen aufgewühlten Geist mit Zuversicht zu beruhigen. Er würde Peredurs Erben gewiss finden. Wenn die Menschen erfuhren, wer ihr rechtmäßiger König war, würden sie diesem folgen oder sich zumindest mit anderen Dingen beschäftigen, als mit der Suche nach den Elben. Dann konnte Leron´das endlich hinauf in die Berge steigen und vor dem Rat der Ältesten sein Versprechen an Almira´da einlösen.
Beschämt senkte er den Blick auf seine
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