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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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Die wollen einfach nicht mehr, welch ein Jammer für einen Herrn der Bücher.» Er kicherte schrill, bevor er seine Arme ausbreitete wie ein Vogel, der im Begriff stand, sich in die Lüfte zu erheben. Der Vogel stimmte sogleich in das Gelächter ein.
    «Stellt mich nur auf die Probe! Ihr sucht ein bestimmtes Buch, das in ganz Brüssel nicht zu haben ist? Paulus Dorotheus hat von ihm gehört und wird es Euch innerhalb kürzester Zeit hier auf den Tisch des Hauses legen. Wie ich das mache, muss Eure Sorge nicht sein.»
    Don Luis machte einen Schritt auf den wunderlichen Kauz zu und hielt mit einer raschen Handbewegung seinen Schaukelstuhl fest. «Wenn das so ist, dann beschafft mir das Buch des Aufrechten !»
    «Äh, wie war das? Ich höre schlecht, junger Mann.»
    «Das Buch des Aufrechten», kreischte der Star.
    «Ihr mögt schlecht sehen, Meister Dorotheus, doch Euer Gehör funktioniert tadellos. Ich möchte etwas über das Buch des Aufrechten erfahren. Und zwar alles, was Euch einfällt. Mich interessieren vor allem die spannenden Einzelheiten, die Dinge, von denen nur ein Mann weiß, der sein Leben damit verbringt, wie ein blinder Maulwurf in Büchern zu wühlen.»
    Paulus Dorotheus funkelte Don Luis hinter seinen geschliffenen Linsen an. «Wie seid Ihr auf mich gekommen?»
    «Pater Jakobus aus Oudenaarde lässt Euch grüßen. Er ist der Meinung, dass Ihr uns helfen könnt. Also seid so gut und enttäuscht den Pater nicht.»
    Paulus Dorotheus fluchte, ging aber mit keinem weiteren Wort auf Pater Jakobus ein. «Ich fürchte, Ihr jagt einem Trugbild hinterher, junger Mann. Das hätte Euch Euer Freund in Oudenaarde auch sagen können. Ist wohl schon ein bisschen wirr im Kopf, der alte Knabe?» Er kicherte mit dem Star um die Wette. «Sollte es dieses Buch wirklich geben, so hat es seit Jahrhunderten niemand mehr in Händen gehalten.»
    «Wir wissen aber, dass es existiert», sagte Griet. «Ihr hattet nicht zufällig Besuch von einer Frau, die mit Euch darüber reden wollte?»
    Der Alte schüttelte energisch den Kopf. «Eine Frau? Aber nein. Ich schwöre bei allen vier Evangelien, dass Ihr seit sehr langer Zeit die Ersten seid, die das Buch erwähnen.»
    «Demnach hat sich schon einmal jemand deswegen an Euch gewandt.» Don Luis ließ nicht locker. Er beabsichtigte, dem alten Mann so lange zuzusetzen, bis dieser endlich alles verriet, was er wusste, und wenn er ihm die Würmer einzeln aus der Nase ziehen musste. «Kommt schon, Meister, oder muss ich Euren Star fragen? Der scheint plötzlich gesprächiger zu sein als Ihr!»
    «Ich weiß nur, was mir ein Tuschhändler vor ein paar Jahren auf den Stufen der Kathedrale von St. Michael erzählt hat. Der Mann behauptete, im Hafen von Genua die Bekanntschaft mit einem Pilger gemacht zu haben. Will man den Gerüchten glauben, so soll der Mann in Jerusalem einem türkischen Händler uralte Schriftstücke abgekauft und als Erinnerung an das Heilige Land in seine Heimat mitgenommen haben. Man sagt, solange er diese Schriften bei sich trug, sei es ihm gut ergangen. Er wurde weder von Räubern überfallen wie viele seines Pilgerzugs, noch wurde er ernsthaft krank. Ein wahrhaft glücklicher Mensch, nicht wahr?» Wieder ertönte schrilles Gelächter aus dem Vogelkäfig. Don Luis drohte dem Vogel mit der Faust, worauf dieser verstummte.
    «In Oudenaarde gab der Pilger die Schrift aus der Hand, während er sich in der Herberge eines Ordens von den Strapazen seiner Pilgerreise erholte. Prompt erkrankte er an der Pest. Die Ordensschwestern pflegten ihn zwar, gaben aber bald jede Hoffnung auf.»
    «Und was geschah dann?»
    «Immer mit der Ruhe, junger Freund. Ich muss nachdenken!» Paulus Dorotheus begann in einem Stapel von Schriftstücken zu wühlen. Er schien das Rascheln des Papiers zu genießen. «Wie war das doch gleich? Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Der Pilger überlebte.»
    Don Luis stutzte. «Er überlebte die Pest? Seid Ihr sicher?»
    «Fängt ein Frosch Fliegen? Natürlich bin ich sicher. Der Bursche genas von seinem Leiden, weil die Nonnen ihm das Buch ans Krankenlager brachten, nach welchem er im Fieber immer wieder fragte: Das Buch des Aufrechten. Er las ein wenig darin, woraufhin sein Zustand sich besserte. Eine hübsche Geschichte, nicht wahr? Ein Wunder. Natürlich gehört sie ins Reich der frommen Legenden.» Er blickte Griet an. «Ich habe eine Handschrift über die Vita der heiligen Barbara, wäre das nicht nach Eurem Geschmack?»
    Griet wechselte einen

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