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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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geschieht nun mit Herrn Sinter und dem Jungen?», erkundigte sie sich mit tonloser Stimme.
    Er schien darüber nachzudenken, was ihr eigenartig vorkam, denn sie hatte angenommen, er habe das Schicksal von Griets Angehörigen längst entschieden. Sollte er doch etwas für sie übrig haben? Ein Gefühl, das ihr entgangen war? Fast regte sich Eifersucht in ihr, was natürlich völlig kindisch war.
    «Da ich nicht ausschließen kann, dass du ihnen von mir erzählt hast, habe ich keine andere Wahl, als sie mir endgültig vom Halse zu schaffen», antwortete er schließlich in einem Ton, der durchaus Bedauern zeigte.
    «Niemand darf leben, der mein Geheimnis kennt und mir das Buch … streitig machen könnte. Mit ihm bin ich in der Lage, das Gottesvolk aus allen Winkeln der Erde zu sammeln, um es unter einem Banner zu einigen. Ich kann das alte Haus Israel wiederherstellen, mit mir als König, dem alle übrigen Herrscher der Erde Tribut senden. Das wird den Spaniern, die unser Land verwüsten, das Genick brechen und ihren König Philipp von seinem Thron wehen.» Er kicherte boshaft. «Allerdings ist es anstrengend, König eines Weltreiches zu sein, in dem die Sonne niemals untergeht. Das musste schon der alte Kaiser Karl feststellen, er zog sich resigniert in sein spanisches Kloster zurück. Ich könnte dagegen die Macht des Buches demjenigen Herrscher zur Verfügung stellen, der mir am meisten dafür bietet.»
    Beelken hörte nicht mehr zu. Ihre Gedanken drehten sich nur noch darum, Zeit zu gewinnen. Um sie zu töten, musste der Mann die Leiter hinabsteigen. Einen zweiten Zugang schien es nicht zu geben, er kam also nur auf diesem Weg zu ihnen in den Schacht. Ohne weiter nachzudenken, sprang Beelken vor, packte die Leiter und warf sie um. Das morsche Holz splitterte, Sprossen brachen. Beelken war das egal. Sie hob ihren Kopf und blickte trotzig zur Falltür hinauf.
    «Ich werde nicht zulassen, dass Ihr Hand an den Jungen legt», brüllte sie. Ihre Stimme dröhnte durch den Schacht wie der Schrei eines wilden Tieres. Das Lachen des Vermummten, mit dem er ihren leidenschaftlichen Ausbruch kommentierte, klang nur böse.
    «Keine Angst, ich habe nicht vor, noch einmal zu euch hinabzusteigen», sagte er. «Aber ihr werdet auch kein Wasser und kein Brot mehr von mir bekommen. Niemand wird euch hier unten finden. Der Ort ist nur einigen wenigen in der Stadt bekannt. Und ich werde dafür sorgen, dass auch diese lästigen Mitwisser bald für immer den Mund halten werden.»
    Beelken erstarrte, als sie das hörte. Schützend legte sie ihre Hände vor den Bauch und flehte die Jungfrau Maria um Kraft an. Wie es aussah, waren sie und die anderen zu einem qualvollen Tod verurteilt. Weinend sank sie auf die Knie.
    Als sie hörte, wie die Falltür mit einem lauten Geräusch zugeschlagen wurde, wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. Ihr Blick fiel auf einen der Bastkörbe, und sie entdeckte darin einen prallgefüllten Wasserschlauch aus Leder und gleich daneben einen Gegenstand, der in einen öligen Fetzen Tuch gewickelt war. Mit zittrigen Fingern packte sie ihn aus. Ein Glasfläschchen kam zum Vorschein, wie sie häufig in Klosterapotheken und Spitälern verwendet wurden. Der Inhalt der kleinen Flasche schien selbst im Zwielicht bläulich zu funkeln.
    Gift, schoss es ihr durch den Kopf. Nichts anderes konnte sich in dem Fläschchen befinden. Er hatte Wasser und Gift in den Korb geworfen. Er ließ ihr also eine Wahl, aber sollte sie ihm dafür dankbar sein? Beelken dachte nach. Sie hatte zeit ihres Lebens keine Entscheidungen treffen müssen. Sollte die erste Entscheidung gleichzeitig nun auch ihre letzte sein? Fast musste sie darüber lachen, was das Schicksal mit ihr trieb. Die paar Tropfen Gift würden vermutlich nicht ausreichen, um sie alle in den Todesschlaf zu führen. Beelken würde also eine Wahl treffen müssen, wer sofort starb und wer hier unten elendiglich umkam.
    Basse wird nichts spüren, nahm sie sich vor, und diese Entscheidung fiel ihr nicht schwer, denn sie liebte Griets Sohn, als wäre er ihr eigenes Kind. Sie kehrte schleunigst zurück in den Schacht, wo der kleine Junge und sein Großvater noch immer schliefen. Sie hatten nichts von dem Wortwechsel zwischen ihr und ihrem Kerkermeister mitbekommen. Vielleicht war das besser so.
    Beelken bückte sich und suchte tastend den Boden ab, bis sie einen der Holzbecher fand, aus denen sie getrunken hatten. Sie füllte ihn mit Wasser aus dem Schlauch. Sie wollte gerade

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