Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
Vom Netzwerk:
drucken. Ich schätze Euch, Griet. Ihr seid eine von uns.»
    De Lijs nickte. «Als der gute Rink von Eurer Rückkehr erfahren hat, ist er Hals über Kopf aus der Schöffenstube gerannt, um ein paar Klafter Feuerholz in Euer Haus bringen zu lassen. In der kleinen Vorratskammer werdet Ihr Brot und Speck finden.»
    Griet war erleichtert, als sie das hörte. Fast hatte sie schon geglaubt, das Holz sei eine höhnische Aufmerksamkeit des Pilgers gewesen. Sie bedankte sich höflich, doch die Sorge der Männer, die sie für völlig schutz- und mittellos hielten, war ihr unangenehm. Außerdem hatte sie keine Lust, mit ihnen über Adam und Coen zu reden. Pamelas Brüder waren tot und begraben; wem half es, mit ihnen ins Gericht zu gehen? Der Pilger war es, auf den sie sich nun zu konzentrieren hatte.
    Verbrannte Hände. Warum verbrannte Hände?
    Er war nicht weit. Vermutlich lauerte er irgendwo draußen in der Dunkelheit und wartete, dass sie ihm das Buch übergab. Tat sie das nicht, war Basse verloren. Sie wollte nicht unhöflich zu de Lijs sein, aber sie wünschte sich, dass er und Rink sie endlich allein ließen, damit sie nachdenken konnte. Helfen konnten die beiden ihr doch nicht. De Lijs mochte nun Bürgermeister sein, aber er hatte noch nicht begriffen, dass er in Wahrheit über keinerlei Machtbefugnisse in Oudenaarde verfügte. Mit all seinen Ratsschöffen, Schreibern und Kämmerern zappelte er wie eine Puppe an den Fäden, die der Statthalter zog. Alessandro Farnese würde die Kontrolle über eine Stadt, die er als wichtigen Stützpunkt für die Unterwerfung Flanderns ansah, niemals aufgeben.
    Die beiden Männer verabschiedeten sich und forderten Griet auf, ins Rathaus zu kommen, wenn sie ihre Hilfe brauche. Fünf Minuten später klopfte es erneut an der Tür.
    «Meister Rink?» Erstaunt ließ Griet den Drucker eintreten. «Habt Ihr etwas vergessen?
    Rink schob sich an Griet vorbei und schloss die Tür. Langsam schob er den Riegel ins Eisen. Dann ging er zum Ofen, wo er seine Handschuhe zum Trocknen abgelegt hatte. Er hatte sie liegen gelassen. «De Lijs vertraut mir», murmelte er undeutlich. Es klang, als habe er einen Stein im Mund. «Er hat sogar darauf bestanden, mich in den Schöffenrat von Oudenaarde zu holen. Dieser Narr! Glaubt tatsächlich, das neue Amt würde aus ihm einen mächtigen Mann machen. Aber er irrt sich. Er hat nicht die Spur einer Ahnung, worauf sich Macht gründet.» Rink drehte sich zu Griet um. Aus seinem Gesicht war das Lächeln verschwunden. Stattdessen legte sich eine Kälte über seine Züge, die Griet erschauern ließ. Wie zufällig fiel ihr Blick auf die Hände des Mannes, der sich abmühte, seine feuchten Handschuhe überzustreifen.
    Druckerschwärze. Die glänzende schwarze Farbe, mit der die Lettern der Druckerpresse behandelt wurden, hatte sich tief in seine Haut gegraben. Vermutlich bekam er seine Finger gar nicht mehr sauber, sooft er sie auch wusch und schrubbte. Sie sahen aus wie … Griet spürte, wie ihr tauber Arm zu zucken begann. Tatsächlich. Im schwachen Schein der Öllampe sah es aus, als wäre die Haut beider Hände an mehreren Stellen schwarz verbrannt. Das hatte Pamela gesehen. Keine Brandwunden, sondern die Hände eines Druckermeisters.
    Griet bemühte sich um Haltung. Sie wollte nicht zeigen, dass sie Rink durchschaut hatte. Doch im selben Moment wusste sie, dass sie sich längst verraten hatte. Dann dachte sie an Basse und dass vor ihr der einzige Mensch auf der Welt stand, der ihr sagen konnte, wo sich ihr Kind befand. Unter Mühe spie sie einen Satz aus: «Ihr … Ihr seid der Pilger, Rink!»
    Rink schien nicht überrascht, das zu hören. Vielmehr deutete seine Haltung an, dass er froh war, das Versteckspiel nun beenden zu können.
    «Was hast du mit meinem Kind gemacht, du Mistkerl?», schrie Griet ihn an. «Wo hast du es hingeschleppt? Und meinen Vater?» Ungeachtet der Tatsache, dass sie mit einem Mörder in der Stube war, sprang sie auf Rink zu und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Blut schoss Rink aus der Nase und tropfte auf seinen weißen Kragen, aber er hielt sie nicht auf. Er lächelte nur und wartete, bis Griets Kräfte von selbst erlahmten. Zuletzt genügte nur ein Stoß, um Griet unsanft auf den Fußboden zu befördern.
    «Hast du dich beruhigt, damit ich mit dir reden kann?», fragte er.
    «Reden? Ich will nicht mit dir reden, sondern wissen, wo meine Familie ist. Ich werde auf der Stelle den Statthalter aufsuchen und dich in Ketten legen

Weitere Kostenlose Bücher