Die Stadt der schwarzen Schwestern
Vorrat an Linnen und Spitze zu prüfen. Von den schönsten Stücken würde sie sich trennen müssen. Vielleicht machten die Beginen, die nicht weit von hier einen kleinen Hof bewirtschafteten, ihr ein Angebot für Garn und Damast. Dann konnte sie die Krämer bezahlen, bei denen sie in Zukunft für ihr Gewerbe einzukaufen gedachte. Sie brauchte ein Schreibpult, ferner Wachs und Stempel, um Urkunden und Briefe zu siegeln. Außerdem musste sie den Druckermeister davon überzeugen, dass es sich für ihn lohnte, mit ihr Geschäfte zu machen. Gleich morgen würde sie zu Pieter Rink gehen und ihm den Auftrag erteilen, eine Urkunde zur Probe zu drucken.
«Vielleicht auch noch ein Schild», schlug Beelken vor, während sie Basse in den Schlaf wiegte. Der kleine Junge hatte sich geweigert, allein in der fremden Kammer zu bleiben, da die Dohlen laut schreiend um die Dachgiebel des Klosters flatterten und ihm Angst einjagten. Irgendetwas scheuchte die Vögel auf. Möglicherweise befand sich die Katze auf einem nächtlichen Raubzug rund ums Haus.
Griet spähte hinaus in die schwarze Nacht. «Ein besonderes Zeichen, wie bei einer Zunft», sagte sie leise. «Ja, das ist eine gute Idee.» Sie setzte den Schildermaler auf ihre Liste.
Unweit des Tores ertönte ein Scheppern. Die Dohlen kreischten, doch dann wurde es still.
«Pst», machte Griet, obwohl weder Beelken noch Basse einen Ton von sich gaben. Sie spitzte die Ohren. Da war es wieder; es klang furchteinflößend, fast so, als kratzte jemand draußen mit einem Rechen oder einer Sense über den Stein der Klostermauer. Beelken stöhnte auf. Sie hatte es auch gehört.
Jemand tappte auf dem Hof durch die Dunkelheit, und wer auch immer es war, er schien zu wissen, dass sie sich im Pförtnerhäuschen aufhielten. Griet vernahm nun ganz deutlich Schritte auf dem Kies, die sich langsam der Pforte näherten. Dann war nichts mehr zu hören. Der Eindringling war stehen geblieben.
«Wer kann das sein?», flüsterte Beelken. Sie legte ihre Hände vor den Bauch, eine schützende Bewegung, an die sich Griet noch aus der Zeit ihrer eigenen Schwangerschaft erinnerte. Griet befahl der Kinderfrau mit einem Blick, sich mit Basse in einen der Nebenräume zurückzuziehen. Kaum hatte sie sich wieder der Tür zum Hof zugewandt, begann draußen jemand stürmisch gegen den Fensterladen zu hämmern.
Griet erwog, laut um Hilfe zu rufen. Das Haus der schwarzen Schwestern befand sich in keiner gottverlassenen Gegend, sondern im Herzen der Stadt. Die Häuser und Katen jenseits der Klostermauern waren alle bewohnt. Ihre Nachbarn würden ihre Schreie hören, doch ob sie ihr auch halfen, war eine andere Frage. Längst hatte sich herumgesprochen, wer das leer stehende Gebäude bezogen hatte.
Nein, sie musste sich selbst helfen. Kurz entschlossen griff sie nach der verbeulten Pfanne, die sie aus der Küche des Klosters geholt hatte, ging damit zur Tür und legte sie dann zu ihren Füßen nieder. Es erforderte reichlich Mühe, mit einer Hand die Tür aufzureißen, dann zurückzuspringen, die Pfanne aufzunehmen und weit mit ihr auszuholen. Doch es gelang ihr, und sie stürzte sich mit einem Schrei auf die dunkel gekleidete Gestalt am Eingang. Diese gab ein ersticktes Ächzen von sich, wich aber angesichts der Bedrohung tatsächlich zurück.
Einen Augenblick lang geschah nichts. Sie standen einander gegenüber, verharrten. Dann trat der Mann, der so wild an Griets Tür geklopft hatte, in den Schein der Lampe. Griets Augen weiteten sich vor Überraschung.
«Vater?» Sie ließ die schwere Pfanne sinken. In einem Durcheinander von Erleichterung und Ärger schluchzte sie auf, bevor sie sich dem unerwarteten Gast in die Arme warf. «Vater, was machst du denn hier?», wiederholte sie, als könnte sie es nicht glauben, dass es keine Spukgestalt war, die sie narrte, sondern ihr Vater.
«Danke, dass du mir nicht die Pfanne auf den Kopf geschmettert hast», brummte Sinter van den Dijcke. Er löste sich aus Griets Umklammerung und ging an ihr vorbei in die Stube. «Ich konnte gar nicht glauben, was deine Schwiegereltern mir geschrieben haben», sagte er, während er sich die dicken Fäustlinge von den Händen streifte. Griet erinnerte sich, dass er sie fast zu jeder Jahreszeit trug, weil er behauptete, leicht zu frösteln. Tatsächlich aber waren sie das letzte Geschenk gewesen, das Sinter von seiner verstorbenen Gemahlin erhalten hatte.
«Sie halten dich für verrückt!» Er tippte sich mit vielsagender Miene gegen
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