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Die Stadt der schwarzen Schwestern

Die Stadt der schwarzen Schwestern

Titel: Die Stadt der schwarzen Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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untergebracht worden. Durch ein Fenster in der massiven Eichentür fiel nur ein wenig Licht. Das Bett, in dem der Mann lag, war mit frischem Leinen überzogen, es war jedoch so kurz, dass seine Füße über den Rand hinausragten.
    Griet näherte sich dem Krankenlager mit sichtlichem Unbehagen. Im Raum war es stickig. Verbrauchte Luft mischte sich mit dem strengen Geruch verschiedener Kräuter. Der Verletzte selbst, ein stämmiger Bursche mit strähnigem rotem Haar und einer platten Nase, schien vor Fieber zu glühen. Sein Gesicht war nass vor Schweiß, die Augen blinzelten, als fühlte er sich geblendet von der einzigen Kerze, die neben ihm auf einem Schemel brannte. Als der Mann Griet sah, öffnete er den Mund und bewegte den Kiefer, womit er ihr zu verstehen gab, dass er durstig war. Griet blickte sich um und fand neben dem Bett einen Krug mit Wasser sowie einen Becher. Behutsam setzte sie dem Kranken den Becher an die Lippen und wartete, bis dieser einige Schlucke zu sich genommen hatte.
    Der Mann stöhnte kurz auf, schien sich aber zu entspannen. Sein Oberkörper war entblößt und von der Brust bis hinunter zum Nabel mit blutgetränkten Tüchern verbunden.
    «Könnt Ihr sprechen, mein Freund?», flüsterte Griet dem Verwundeten lächelnd zu. Der Mann schien sie zu hören, denn er verzog sein Gesicht und öffnete mühsam den Mund. «Wo bin ich?», lallte er, wobei er seine ganze Kraft aufzuwenden schien.
    Ferm trat zu ihm, um seinen Puls zu fühlen. Er sah nicht zufrieden aus.
    «Erinnert Ihr Euch denn nicht mehr?» Griet setzte sich auf den Rand der Bettstatt. Der Mann starrte sie an. Er schien sein Gedächtnis zu durchforsten, was eine Ewigkeit dauerte. Dann erklärte er mit schwacher Stimme, er erinnere sich daran, im Auftrag der Generalstatthalterin eine Gruppe von Ordensfrauen aus einem Kloster in Brabant abgeholt und durch den Wald begleitet zu haben.
    «Könnt Ihr mir denn sagen, was die Nonnen hier gesucht haben?», erkundigte sich Griet. «Warum seid Ihr nicht auf der Landstraße nach Oudenaarde geblieben?»
    Der Mann verzerrte schmerzerfüllt das Gesicht. Als sein Blick auf Don Luis fiel, der mit verschränkten Armen vor dem Türpfosten stand, riss er die Augen auf und hob den Arm. «Fragt ihn!»
    Griet runzelte die Stirn. «Das habe ich bereits.»
    «Also schön», sagte Don Luis. «Es tut mir leid, dass ich Euch etwas vormachen musste, aber Ihr müsst mir glauben, dass es mir niemals darum ging, Euch zu schaden. Die schwarzen Schwestern wollten unter keinen Umständen nach Oudenaarde zurück. Bernhild setzte mich unter Druck, ihr bei ihrer Flucht zu helfen. Sie wollte einen Überfall vortäuschen, damit jeder denken sollte, sie seien von Aufständischen verschleppt oder getötet worden. Ihre Begleiter, auch dieser Mann dort, waren in den Plan der Nonnen eingeweiht. Versteht bitte, Bernhild van Aubrement hatte panische Angst davor, nach Oudenaarde zurückzukehren. All die Jahre seit dem Bildersturm lebte sie mit ihren Frauen in einem abgeschiedenen Kloster bei Brüssel in relativer Sicherheit. Nur die Generalstatthalterin wusste, wo sie sich aufhielten. Nun aber sollten sie alle in ihr altes Haus zurückkehren. Es gab dort aber offensichtlich jemanden, den Bernhild aus ihrer Zeit in Oudenaarde kannte und dem sie keinesfalls begegnen wollte.»
    Der Verwundete keuchte auf. «Es war aber niemals die Rede von einem echten Überfall», stieß er hervor. «Glaubt Ihr, wir hätten uns sonst darauf eingelassen? Ihr habt uns Mörder auf den Hals gehetzt, damit es keine Zeugen gibt, die gegen Euch aussagen können.»
    Don Luis atmete heftig aus. «Dein Fieber lässt dich nicht klar denken, Mann. Glaubst du, Bernhild hätte mich um Hilfe gebeten, wenn sie mir nicht vertraut hätte? Ich weiß nicht, wer euch überfallen hat.»
    «Eben behauptetet Ihr noch, Schwester Bernhild habe Euch unter Druck gesetzt, Don Luis. Ihr vergesst Eure eigenen Lügen», sagte Griet. Sie fuhr sich erschöpft mit der Hand über das Gesicht. Sie war froh, dass Anne und Ferm sich ebenfalls in die Kammer gedrängt hatten und dem Wortwechsel zuhörten. Ferm, weil er seinen Patienten im Auge behalten wollte, und Anne, weil sie neugierig war.
    Don Luis machte ein unglückliches Gesicht. «Ich weiß, dass ich Euch belogen habe, Griet. Ich werde mir das selbst niemals verzeihen, aber ich konnte nicht anders. Bernhild bat mich um Hilfe. Im Gegenzug dazu wollte sie mir Informationen über meine … Mutter zukommen lassen.»
    «Über Eure

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