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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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unterhalb des Klippenrandes in eine nackte, glatte Steinfläche auslief. Ein erprobter Bergsteiger, der sich durch den Kamin bis zu dessen oberem Ende emporarbeitete, wäre von dort aus in der Lage, sein Seil mit dem Wurfhaken zur Kante der Felskuppe hinaufzuschleudern.
    Dass es geraten schien, einen günstigeren Standort zu beziehen, bewies ein Hagel aus Steinen und Fleischabfällen, der jetzt aus den Höhlen auf die Männer niederging. Darunter bemerkten die Jäger auch menschliche Überreste, bis aufs Gebein abgenagt und verrottet. Vom Zorn gegen die Frevler ebenso beseelt wie vom Jagdfieber, führte Ralibar Vooz seine sechsundzwanzig Gefolgsleute zum Anstieg. Er selbst hatte schon bald das obere Ende des Felskamins erreicht, wo eine schräge Kante den Füßen gerade noch Halt bot. Beim dritten Versuch griff sein Wurfhaken und er hangelte sich an dem Seil zum Klippenrand empor.
    Oben angelangt, stand er auf einem breiten und verhältnismäßig ebenen Plateau des niedrigsten der vier Voormithadreth-Kegel. Bis zum Gipfel hin ragte der Berg aber noch immer gleich einer steilen Pyramide luftige sechshundert Meter hoch über ihm auf. Das schwarze Lavagestein des Plateaus war zu zahllosen flachen Stufen und sonderbaren Absätzen aufgeworfen gleich den Basen gigantischer Säulen. Trockene, dürre Gräser und verdorrte Bergblumen gediehen hie und da in seichten Betten dunkler Erde, und ein paar verkrüppelte oder vom Blitzschlag gezeichnete Zedern hatten im rissigen Fels Wurzeln geschlagen.
    Inmitten der schwarzen Bergkämme und scheinbar ganz in der Nähe kräuselte sich ein fahlweißer Rauchfaden in sonderbaren Schlangenlinien durch die reglose Mittagsluft bis in unfassbare Höhen hinauf, ehe er dem Blick entschwand. Ralibar Vooz folgerte daraus, dass das Plateau vom Vertreter einer Lebensform bewohnt war, die der zivilisierten Menschheit näher verwandt sein musste als die Voormis, denen ja der Gebrauch des Feuers ganz und gar fremd war. Angesichts dieser verblüffenden Entdeckung wartete er nicht ab, bis seine Männer zu ihm stießen, sondern brach sofort auf, um die Ursache der mäandernden Rauchfahne zu ergründen.
    Er hatte das Feuer nur wenige Schritte entfernt erwartet, gleich hinter dem ersten jener grotesken Lavagrate. Doch darin hatte er sich augenscheinlich getäuscht. Denn er erkletterte einen Felsabsatz nach dem anderen und umrundete manch sonderbare Dolmen- und Dolomitgebilde, die unerklärlicherweise mal breit, mal hoch direkt vor seiner Nase emporwuchsen, wo sein Auge noch einen Augenblick zuvor gewöhnliche Geröllbrocken gewähnt hatte … und doch ringelte sich die fahlweiße Rauchfahne unverändert gen Himmel, ohne dass sie die ganze Zeit über auch nur um einen einzigen Fingerbreit näher gerückt schien.
    Ralibar Vooz, oberster Gerichtsherr und mächtiger Jäger, fühlte sich von dem aufsässigen Benehmen des Rauchfadens verwirrt und auch verärgert. Auch machten die Felsen um ihn herum einen beunruhigenden und grässlich trügerischen Eindruck. Er vergeudete zu viel Zeit mit einer müßigen Erkundung, die zum eigentlichen Vorhaben dieses Tages wenig beitrug. Doch war er nicht der Mann, von einmal Begonnenem abzulassen und das gesteckte Ziel aufzugeben, so nebensächlich es auch sein mochte. Er machte sich seinen Leuten, die inzwischen die Klippe erklommen haben mussten, durch laute Rufe bemerkbar und setzte seinen Weg in Richtung des irreführenden Rauches fort.
    Ein oder zweimal kam es ihm vor, als vernähme er die Antwortrufe seines Gefolges, aber nur sehr schwach und undeutlich, als tönten sie über einen endlos breiten Abgrund hinweg. Erneut rief er aus voller Lunge, doch diesmal erfolgte keine hörbare Antwort.
    Als er noch ein Stück weiter aufwärts gestiegen war, nahm er seitlich zwischen den Felsen ein eigenartiges Summen oder Raunen wahr, so als führten vier oder fünf verschiedene Stimmen eine Unterhaltung miteinander. Das Stimmengewirr schien viel näher zu sein als der Rauch, der gerade in diesem Moment spurlos verschwand wie eine zerrinnende Luftspiegelung. Eine der Stimmen gehörte ganz unverkennbar einem Hyperboreer, die übrigen jedoch besaßen einen Klang und einen Akzent, den Ralibar Vooz trotz seiner umfangreichen Kenntnis der Völker mit keinen noch so entlegenen Vertretern des Menschengeschlechts in Verbindung bringen konnte. Sie belästigten sein Gehör höchst unliebsam, wobei sie ihn abwechselnd an das Gesumm riesiger Insekten, an flüsternde Flammen und murmelndes

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