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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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einschmeichelnden, lippenlosen, lüsternen Grinsen zupfte das Skelett mich erneut am Ärmel, wie um mich zu dem offenen Grab hin zu ziehen. Seine Zähne klappten aufeinander, so als versuchte es etwas zu sagen.
    Das war mehr, als ich ertragen konnte. Vor lauter Grauen schwindelte mir; mir war, als stürzte ich in eine endlose, wirbelnde Schwärze, und noch immer hielten mich diese Finger, hielt mich das Entsetzen gepackt, bis ich schließlich das Bewusstsein verlor.
    Als ich wieder zu mir kam, hielt Guenevere mich am Arm. Sorge und Ratlosigkeit standen in ihrem süßen, ovalen Gesicht geschrieben. Ich stand inmitten der Findlinge auf der Lichtung, die wir als Treffpunkt für unser Rendezvous vereinbart hatten.
    »Was um alles in der Welt ist mit dir los, Herbert?«, fragte sie besorgt. »Ist dir nicht gut? Du hast ganz benommen dagestanden, als ich hier ankam. Du hast mich offenbar weder gehört noch gesehen, als ich dich ansprach. Ich hatte schon Angst, du würdest in Ohnmacht fallen, als ich dich am Arm berührte.«

Der malaiische Kris
    »Sahib«, sagte der Mann, der die Schwerter verkaufte, »diese Klinge hier kommt von weither, aus Singapur, und findet in ganz Delhi nicht ihresgleichen, so scharf ist sie.«
    Damit reichte er mir die Waffe, damit ich sie näher in Augenschein nehmen konnte. Es war ein langer Kris, ein malaiischer Dolch, mit einem eigentümlichen Heft in Form eines Schiffes, und, ganz wie der Mann gesagt hatte, äußerst scharf.
    »Ich erstand ihn von Sidi Hassan, einem Händler aus Singapur, in dessen Besitz er gelangte, als Sultan Sujah Alis Waffen und Eigentum verkauft wurden, nachdem die Briten den Sultan gefangen genommen hatten. Hast du die Geschichte schon gehört, Sahib? Nein? Es ereignete sich folgendermaßen:
    Sujah Ali war der jüngere Sohn eines mächtigen Sultans. Da er keine Aussicht hatte, jemals den Thron zu besteigen, verließ er das Herrschaftsgebiet seines Vaters. Er wurde Pirat und zog aus, um sich einen Namen zu machen und ein eigenes Reich zu erringen. Obwohl er anfangs nur über ein paar prahus (Boote) und weniger als hundert Mann verfügte, machte er diesen Mangel durch seine Qualitäten als Anführer wett, die ihm zahllose Siege einbrachten, reichlich Beute und beträchtliches Ansehen. Sein Ruf veranlasste viele Männer dazu, sich ihm anzuschließen, und was er erbeutete, versetzte ihn in die Lage, weitere prahus zu bauen. Seine Flotte wuchs immer mehr. Schon bald beherrschte sie die Flüsse der Halbinsel und er begann, sich aufs Meer hinauszuwagen. Innerhalb weniger Jahre waren seine Schiffe von jedem holländischen Kauffahrer und jeder Dschunke gefürchtet, deren Segel auf dem Chinesischen Meer erschienen. Im Landesinneren unterwarf er die Ländereien anderer Sultane, darunter auch diejenigen seines älteren Bruders, der seinem Vater auf den Thron gefolgt war. Sujah Ali war weithin berühmt, und sein Ruhm überschattete viele Völker.
    Dann erschienen die Engländer auf der Halbinsel und errichteten Singapur. Sujah Ali entsandte Boote, die Jagd auf sie machten, und enterte zahlreiche ihrer Handelsschiffe. Darauf schickten die Engländer Kriegsschiffe mit schweren Geschützen und unzähligen Bewaffneten.
    Der Sultan trat ihnen mit einem Großteil seiner Flotte persönlich entgegen. Dieser Tag erwies sich für ihn als Katastrophe. Als die rote Sonne im Meer versank, lagen fünfzig seiner besten prahus und Tausende seiner Männer, darunter einige seiner hervorragendsten Kapitäne, auf dem Grund des Ozeans. Mit den zersprengten Überresten seiner Flotte floh er ins Landesinnere.
    Die Briten, entschlossen, ihn ein für alle Mal zu vernichten, schickten Boote flussaufwärts, versenkten in zahllosen erbittert ausgefochtenen Schlachten die meisten der Sujah Ali noch verbliebenen prahus und säuberten Land und See von der Piratenplage.
    Den Sultan selbst allerdings suchten sie vergebens. Er hatte sich in ein nahezu unzugängliches Versteck geflüchtet – in ein kleines Dorf, das tief verborgen in einem undurchdringlichen Netz aus Wasserläufen, Sümpfen und von dichtem Dschungel bestandenen Inseln lag. Dort harrte er mit einigen Kämpfern aus, während die Engländer erfolglos nach den schmalen, verschlungenen Zugängen zu seinem Versteck suchten.
    Unter denjenigen, die ihn zu dieser Zufluchtsstätte begleiteten, war auch Amina, seine Lieblingsfrau. Sie liebte den Sultan abgöttisch und hatte sich, entgegen seinem Wunsch, entschieden geweigert, zurückzubleiben.
    In dem Dorf

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