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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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Smaragdgrün der Rosskastanien, dem Grau-Grün der Kiefern und dem golden schimmernden, dunklen, bläulichen Grün der Eichen erhaschte ich hin und wieder einen flüchtigen Blick auf das Schneeweiß der Sierras im Osten und, jenseits der hellen und fliederfarbenen Terrassen des Sakramento-Tales, auf das zarte Blau des entlang der Küste verlaufenden Gebirgszuges. Einem kaum erkennbaren Pfad folgend, ging ich weiter und überquerte freies Gelände, auf dem ich immer wieder Ansammlungen von Felsblöcken ausweichen musste.
    Meine Gedanken weilten bei Guenevere, darum hatte ich kein Auge für die aufblühende Schönheit der malerischen Landschaft, die mich umgab. Plötzlich, auf halbem Weg zwischen meiner Blockhütte und unserem Treffpunkt, verfinsterte sich der Himmel. Als ich nach oben blickte, nahm ich natürlich an, eine unvermutet am Horizont aufgetauchte Aprilwolke habe sich vor die Sonne geschoben. Stellen Sie sich meine Überraschung vor, als ich sah, dass der gesamte azurne Himmel mit einem Mal eine graubraune, düstere Farbe angenommen hatte und in seiner Mitte immer noch wie ein riesenhaftes, kreisrundes, glimmendes Stück Holzkohle klar und deutlich die Sonne zu sehen war. Mit einem Mal fiel mir etwas Seltsames und Ungewohntes in der Beschaffenheit meiner Umgebung auf, das ich zunächst nicht näher zu bestimmen vermochte, doch mein Erstaunen wich einer wachsenden Bestürzung.
    Ich blieb stehen, blickte mich um und erkannte, so unglaublich es klingen mag, dass ich mich verirrt hatte. Die Kiefern zu beiden Seiten des Weges waren sehr auffällig, aber mir völlig unbekannt. Sie waren riesig, wesentlich größer und knorriger als die Bäume, die ich hier erwartet hätte. Ihr Wurzelwerk kroch sich weitaus wirrer und verschlungener aus dem Erdreich, wo seltsamerweise keine Blumen wuchsen und in dem selbst das Gras nur in kargen Büscheln gedieh. Hier lagen Felsblöcke, so groß wie Druidensteine. Einige davon waren geformt, als seien Sie geradewegs einem Albtraum entsprungen – und ich hielt das alles zunächst für einen Traum –, obgleich meine äußerste Verblüffung ein Gefühl war, das wohl nie die Absurditäten und Ungeheuerlichkeiten eines Albtraums begleitet.
    Vergebens bemühte ich mich, in der bizarren Szenerie einen vertrauten Orientierungspunkt zu finden. Ein Pfad, breiter als der, dem ich bislang gefolgt war, meiner Einschätzung nach jedoch in dieselbe Richtung verlaufend, schlängelte sich zwischen den Bäumen dahin. Er war von grauem Staub bedeckt, der, je weiter ich vorankam, immer tiefer wurde und eigenartige Fußspuren aufwies. Spuren, die zu schwach und unglaublich schmal waren – zu schmal, um von einem Menschen zu stammen, obwohl sie eindeutig fünf Zehenabdrücke aufwiesen. Irgendetwas daran – ich vermag nicht zu sagen was, vielleicht, dass sie so lang und dünn waren –, jagte mir einen Schauder über den Rücken. Später fragte ich mich, weshalb ich nicht gleich erkannt hatte, worum es sich handelte; zum damaligen Zeitpunkt jedoch hegte ich nicht den geringsten Verdacht – ich war lediglich ein bisschen beunruhigt und verspürte eine ungewisse Beklemmung.
    Während ich weiterging, wurden die Kiefern, zwischen denen ich hindurchschritt, von einem Augenblick auf den anderen immer knorriger und düsterer und ihr Geäst, die Stämme und Wurzeln immer verschlungener. Manche sahen aus wie lüsterne alte Hexen, manche glichen obszön lang gestreckten Wasserspeiern, andere schienen sich in ewigen Höllenqualen zu winden, wieder andere krümmten sich wie in satanischer Lust. Und die ganze Zeit über wurde der Himmel stetig dunkler. Das graue, triste Braun, das ich anfangs wahrgenommen hatte, verwandelte sich beinahe unmerklich in ein totes Grabesrot, in dem die Sonne glomm wie ein sich aus einer Wanne voll Blut erhebender Mond. Die Bäume, ja die gesamte Landschaft wurden von diesem makabren Farbton erfüllt und in eine widernatürliche, purpurne Düsternis getaucht. Lediglich die Felsblöcke wirkten sonderbarerweise mit jedem meiner Schritte immer blasser, ihr Aussehen gemahnte an Grabsteine, Grüfte und enorme Gräber. Neben dem Pfad sah ich nicht länger das frühlingshafte Grün des Grases – bloß nackte Erde, hie und da überzogen von trocknenden Algen und winzigen Flechten mit der Farbe von Grünspan. Stellenweise säumten giftig aussehende Pilze mit weiß-fahlen Stielen und rußigen, hängenden, widerlich nickenden Köpfen den Weg.
    Mittlerweile hatte sich der Himmel so sehr

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