Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1
satanischen Gelächter der Hyänen und dem Rascheln der Ottern im welken Dorngebüsch und in den alten, nun von Nessel und Hahnenfuß überwucherten Gärten.
Als ich einen der zahllosen, wie Grabhügel aufragenden Bergrücken überquerte, erblickte ich vor mir das Gewässer eines seltsamen Sees – unergründlich düster, grün wie Malachit und gesäumt von glitzernden Streifen: Salz. Das Wasser des Sees lag tief unter mir in einer schüsselartigen Senke. Doch fast direkt vor meinen Füßen, an den vom Wellenschlag abgenagten Hängen, häufte sich das uralte Salz. Und mir war klar, dass es sich bei diesem See nur um die traurigen, langsam dahinschwindenden Überreste eines einstigen Meeres handeln konnte. Ich kletterte zum Ufer hinab und begann meine Hände im Wasser zu baden; doch sogleich zog ich sie wieder zurück, denn die abgestandene Lake verursachte ein schmerzhaftes, ätzendes Brennen, sodass ich den Staub der Wüste vorzog, der mich bislang wie ein Leichentuch umgeben hatte.
Ich beschloss, eine Weile zu rasten. Der Hunger nötigte mich, einen Teil des spärlichen Proviants zu verzehren, den mir die Priester wie zum Hohn überlassen hatten. Ich hatte vor, weiterzumarschieren, falls meine Kräfte es zuließen, um die nördlich von Yondo gelegenen Länder zu erreichen. Es sind trostlose Gegenden, gewiss, aber ihre Trostlosigkeit ist immerhin von vertrauterer Art als die Ödnis von Yondo. Außerdem heißt es, dass hin und wieder Nomadenstämme diese Länder aufsuchen. Mit etwas Glück würde ich vielleicht auf einen dieser Stämme treffen.
Das dürftige Mahl weckte meine Lebensgeister, und erstmals seit zahllosen Wochen – wie viele es waren, weiß ich nicht –, empfand ich wieder eine schwache Hoffnung. Das leichenfarbene Ungeziefer hatte es schon vor geraumer Zeit aufgegeben, mich zu verfolgen, und bislang war mir – der unheimlichen Grabesstille und dem Staub Jahrhunderte währenden Zerfalls zum Trotz – nichts begegnet, was auch nur annähernd so schrecklich war wie jene Insekten. Allmählich begann ich zu glauben, dass die Abscheulichkeiten von Yondo wohl ein wenig übertrieben dargestellt worden waren. Genau in diesem Moment vernahm ich ein diabolisches Kichern. Es erscholl auf dem Hang über mir und setzte so unvermittelt ein, dass ich vor Schreck zusammenzuckte. Das Kichern wollte gar nicht mehr aufhören; es behielt immer dieselbe Tonlage bei und klang wie der Heiterkeitsausbruch eines schwachsinnigen Dämons. Ich wandte mich um und erblickte den dunklen Eingang einer Höhle, die mir zuvor nicht aufgefallen war. Von ihrer Decke wuchsen gleich Reißzähnen grüne Stalaktiten herab. Anscheinend kam das Geräusch aus dem Höhleninneren.
Ängstlich, angespannt starrte ich auf die finstere Öffnung. Das Gekicher wurde lauter, doch zu sehen war lange Zeit nichts. Schließlich zeichnete sich ein weißlicher Schimmer in der Düsternis ab, und kurz schoss mit albtraumhafter Geschwindigkeit ein monströses Wesen aus der Höhle hervor. Es besaß einen fahlen, haarlosen, eiförmigen Leib und etwa die Größe einer trächtigen Ziege.
Einer ungeheuren Spinne gleich stakste es auf neun langen, wackeligen, mit zahllosen Gelenken versehenen Beinen voran. Die Kreatur raste an mir vorbei zum Ufer hinab, und ich sah, dass ihr merkwürdig abgeschrägtes Gesicht keine Augen aufwies. Dafür ragten auf dem Kopf zwei messerspitze Ohren in die Höhe, und über das Maul hing ein dünner, faltiger Rüssel herab, dessen wulstige, zu jenem unablässigen Kichern geöffnete Lefzen mehrere Reihen von Fledermauszähnen entblößten. Gierig trank das Wesen von dem bitteren Wasser. Nachdem es seinen Durst gestillt hatte, wandte es sich um. Das Geschöpf schien meine Anwesenheit zu spüren, denn der runzlige Rüssel hob sich und zeigte geradewegs auf mich. Es begann hörbar zu schnüffeln. Ob die Kreatur sogleich die Flucht ergriffen hätte oder aber kurz davor stand, sich auf mich zu stürzen, vermag ich nicht zu sagen. Denn ich konnte ihren Anblick nicht länger ertragen und rannte mit butterweichen Knien los, zwischen den riesigen Felsblöcken dahin und an den Salzablagerungen des Seeufers entlang.
Völlig außer Atem blieb ich schließlich stehen und bemerkte, dass ich gar nicht verfolgt wurde. Noch immer am ganzen Leibe zitternd, ließ ich mich im Schatten eines Felsens niedersinken. Doch Ruhe war mir nicht beschieden. Jetzt nämlich begann das nächste der bizarren Abenteuer, die mich letztlich dazu brachten, all den
Weitere Kostenlose Bücher