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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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ihnen ausliefen, ahnte ich langsam, welchen Hass und welch unstillbare Rachsucht meine Häresie in den Priestern des Ong geweckt haben musste.
    Ich möchte die bedenkenlosen Worte nicht wiedergeben, die mich, einen leichtsinnigen Fremden aus fernen Landen, der Macht jener furchtbaren Magier und Hüter unaussprechlicher Geheimnisse auslieferten, die dem löwenhäuptigen Ong dienen. Die Erinnerung an meinen Leichtsinn und die Einzelheiten meiner Haft ist bereits qualvoll genug. Am wenigsten möchte ich an die mit Adamantsplittern gespickte Folterbank samt ihren Seilen aus Drachendarm erinnert werden, auf die sie ihr Opfer splitternackt spannten und der Streckmarter unterwarfen; und schon gar nicht an jene lichtlose Zelle mit ihren nur fünfzehn Zentimeter hohen Fensterschlitzen neben der Türschwelle, durch die aufgedunsene Leichenwürmer zu Hunderten aus einer benachbarten Katakombe hereinkrochen. Nachdem die Schergen ihren Einfallsreichtum an mir erschöpft hatten, setzten sie mich mit verbundenen Augen auf ein Kamel und führten mich endlose Stunden lang umher, bis sie mich schließlich bei Anbruch der Dämmerung in jenem düsteren Wald zurückließen. Ich sei frei, sagten sie mir, und könne nun gehen, wohin ich wolle; und als Zeichen von Ongs Gnade überließen sie mir einen Laib harten Brotes und einen Lederschlauch mit abgestandenem Wasser. Noch am selben Tag, um die Mittagszeit, erreichte ich die Wüste von Yondo.
    Bis dahin war mir, all dem Grauen der verrottenden Kakteen und der üblen Dinge zum Trotz, die zwischen ihnen hausten, kein einziges Mal der Gedanke gekommen umzukehren. Nun jedoch hielt ich inne, denn ich kannte die abscheulichen Legenden, die man sich von dem Land erzählt, zu dem ich nun gelangt war; nur wenige hatten sich bislang wissentlich und aus freiem Willen nach Yondo gewagt. Und noch weniger waren wieder zurückgekehrt – von unbekannten Schrecken faselnd und von unheimlichen Schätzen. Und die lebenslangen Lähmungen, die ihre verdorrten Glieder schütteln, ebenso wie der entsetzte, irre Blick ihrer Augen unter den schlohweißen Wimpern und Brauen sind für niemanden ein Ansporn, es ihnen gleichzutun. Darum zögerte ich am Rande jenes hellen Ozeans aus Sand. Mir schauderte und eine neue Furcht drehte mir den Magen um. Ich hatte Angst davor weiterzugehen und Angst davor, umzukehren, denn ich war mir ziemlich sicher, dass auch die Priester diese letzte Möglichkeit in Betracht gezogen und dagegen Vorkehrungen getroffen hatten.
    Also setzte ich meinen Weg nach einer Weile fort, wobei mich bei jedem Schritt das grässliche Gefühl begleitete, in den weichen Untergrund einzusinken, und langbeinige Insekten mich verfolgten, die sich inmitten der Kakteen an meine Fersen geheftet hatten. Diese Insekten besaßen die Farbe viele Wochen alter Leichen und die Größe von Taranteln. Doch als ich herumfuhr und das vorderste Insekt zertrat, stieg ein bestialischer Gestank auf, der noch weit widerlicher war als die Farbe der Kreatur. Darum ignorierte ich das Ungeziefer fürs Erste so gut es ging.
    In meiner misslichen Lage zählte dies jedoch zu den geringeren Schrecken. Vor mir, unter einer riesigen, krankhaft roten Sonne und vor einem schwarzen Himmel, erstreckte Yondo sich so endlos wie das Gefilde eines Haschischtraums. In weiter Entfernung nahm ich am Horizont die bereits erwähnten kuppelförmigen Berge wahr. Doch davor lag ein furchtbares Nichts, eine trostlose, graue Einöde, und niedrige, baumlose Hügel ragten aus dem Sand gleich den Rücken begrabener Ungeheuer. Während ich weiterstolperte, sah ich riesige Löcher, worin Meteore verschwunden waren, und mir unbekannte Edelsteine gleißten und glitzerten vielfarbig im Staub. Umgestürzte Zypressen vermoderten neben zerfallenden Mausoleen, auf deren von Flechten fleckigem Marmor fette Chamäleons mit prächtigen Perlen in den Mäulern umherkrochen. Hinter den Bergrücken lagen Städte verborgen, worin nicht eine einzige Säule unversehrt geblieben war – uralte Städte von gewaltigen Ausmaßen, die Scherbe um Scherbe, Atom um Atom zerfielen, um die endlose Ödnis zu nähren.
    Mit von der Folter geschwächten Gliedern kroch ich über riesige Trümmerhaufen hinweg, die einst gewaltige Tempel gewesen waren. Umgestürzte, aus bröckelndem Sandstein gemeißelte Götzen blickten ungnädig auf mich herab, und wieder andere aus rissigem Porphyr grinsten zu meinen Füßen lüstern herauf. Über allem lag ein böses Schweigen, unterbrochen lediglich vom

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