Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1
und unbeschreiblichen Ausmaße anzunehmen vermochte, die in transgalaktischen Welten vorherrschen.
Nun war ich wirklich so weit, den ungeheuerlichen Geschichten über die Abstammung Knygathin Zhaums Glauben zu schenken. Und mit ebenso viel Grauen wie Neugier fragte ich mich, was der Schwertstreich der Gerechtigkeit wohl zutage fördern mochte und welch widerwärtiger, pestiger Leibessaft das unbestechliche Schwert wohl anstelle ehrlichen Blutes beflecken würde.
Es ist unnötig, ausführlich bei den Einzelheiten des Gerichtsprozesses zu verweilen, bei der Anklage Knygathin Zhaums wegen seiner mannigfachen Gräueltaten und bei seiner Verurteilung. Das Gesetz nahm seinen unaufhaltsam zügigen und zuverlässigen Gang, dessen Rechtmäßigkeit weder Ausflüchte noch Aufschub erlaubte. Der Delinquent wurde in ein Verlies gesperrt, das noch unterhalb des Hauptgefängnisses lag – in eine Zelle, die in großer Tiefe aus dem harten, urzeitlichen Gneis gehauen worden war und deren einziger Zugang in einem Loch bestand, durch das er mithilfe eines langen Seils und einer Winde hinabgelassen und hinaufgezogen wurde. Dieses Loch wurde mit einem gewaltigen Steinblock verschlossen und Tag und Nacht von einem Dutzend Soldaten bewacht.
Doch Knygathin Zhaum unternahm keinen Fluchtversuch: Ja, er schien sogar sonderbar ungerührt angesichts seines nahen Todes. Für mich, dem stets ein gewisses prophetisches Gespür zu eigen war, haftete dieser unverhofften Schicksalsergebenheit etwas eindeutig Drohendes an. Auch gefiel mir das Gebaren des Gefangenen vor den Schranken des Gerichts nicht. Das Schweigen, das er nach seiner Festnahme und Einkerkerung hartnäckig gewahrt hatte, behielt er auch vor seinen Richtern bei. Obwohl Dolmetscher bereitstanden, die den rauen, von Zischlauten durchsetzten eiglophischen Dialekt beherrschten, antwortete er auf keine Frage, noch forderte er einen Verteidiger.
Am allerwenigsten gefiel mir, wie ungerührt und unerschrocken er am Ende das Todesurteil entgegennahm, das am Hohen Gerichtshof von Commoriom von acht Richtern der Reihe nach verkündet und abschließend von König Loquamethros feierlich bestätigt wurde. Danach widmete ich mich geflissentlich dem Schärfen des Richtschwertes und gelobte mir, bei der bevorstehenden Hinrichtung die ganze Kraft eines starken Arms und eine untadelige Henkerskunst walten zu lassen.
Die Ausübung meines Amtes unterlag keinem langen Aufschub, denn der vorgeschriebene zweiwöchige Zeitabstand zwischen Urteilsverkündung und Enthauptung war in Anbetracht der unheimlichen Eigenarten Knygathin Zhaums sowie der verabscheuungswürdigen Anzahl und Schwere der ihm nachgewiesenen Verbrechen auf drei Tage verkürzt worden.
Früh am festgesetzten Morgen, nach einer Nachtruhe, die eine lange Folge der abscheulichsten Träume vergiftet hatte, begab ich mich mit der mir eigenen unfehlbaren Pünktlichkeit zu dem Richtblock aus Eighon -Holz, der geometrisch exakt ausgerichtet im Zentrum des größten öffentlichen Platzes stand. Dort drängelte sich bereits eine beachtliche Volksmenge und die helle, bernsteingelbe Sonne strahlte majestätisch nieder auf die Silberinsignien und die roten Ornate der höfischen Würdenträger, auf die groben Wollkleider der Händler und Handwerker und auf die derben Felle, womit die Besucher aus fremden Ländern umhüllt waren.
Kaum weniger pünktlich erschien kurz darauf Knygathin Zhaum inmitten seines Begleittrupps aus Wächtern, die ihn mit einer stacheligen Hecke aus Hellebarden, Lanzen und Dreizacken umgaben. Zugleich wurden sämtliche Ausfallstraßen der Stadt ebenso wie die Zugänge zum Hinrichtungsplatz von einem massiven Militäraufgebot gesichert, da man fürchtete, die noch in Freiheit befindlichen Mitglieder der Mordbrennerbande könnten einen verzweifelten Versuch unternehmen, ihren verruchten Anführer im letzten Augenblick zu retten.
Unter den scharfen, stets wachsamen Augen seiner Aufpasser trat Knygathin Zhaum vor und heftete den bohrenden, aber ausdrucksleeren Blick seiner lidlosen, ockergelben Augen auf mich. Selbst eine Prüfung aus nächster Nähe hätte in diesen Augen keine Pupillen ausmachen können. Der Verurteilte kniete neben dem Richtblock nieder und bot mir, ohne zu zucken seinen gefleckten Nacken dar. Als ich abschätzend auf ihn nieder sah und mich für den tödlichen Schwerthieb bereit machte, erfasste mich stärker und abstoßender denn je der Eindruck einer scheußlichen, unterschwelligen Verformbarkeit, einer
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