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Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1

Titel: Die Stadt der Singenden Flamme - Die gesammelten Erzaehlungen - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Ashton Smith
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wirbellosen Weichtieranatomie, widerwärtig und unheimlich, die sich unter seiner gottlosen Nachäffung der menschlichen Gestalt verbarg.
    Auch konnte ich nicht umhin, die Aura einer widernatürlichen Kaltblütigkeit zu verspüren, einer abstrakten, unergründlichen Verhöhnung, die er mit jedem Körperteil ausstrahlte. Er glich einer gleichmütigen Schlange – oder einer riesigen Dschungelranke, die sich des drohenden Hiebes der Axt überhaupt nicht bewusst ist. Ich war mir vollkommen im Klaren darüber, dass ich es hier womöglich mit Dingen zu tun hatte, die jenseits der allgemeinen Zuständigkeit eines amtlich bestellten Scharfrichters lagen. Dennoch hob ich die Schwertklinge in einem sauberen, gleichmäßig aufblitzenden Bogen und ließ sie mit all meiner bewährten Kraft und Treffsicherheit auf den gescheckten Nacken niederfahren.
    Unter der eindringenden Klinge fühlen sich die unterschiedlichen Hälse für die Hand, die das Schwert führt, unterschiedlich an. In Knygathin Zhaums Fall kann ich nur sagen, dass es sich nicht so anfühlte, wie ich es mit dem Durchtrennen jedes bekannten tierischen Gewebes in Verbindung zu bringen gelernt habe. Doch sah ich mit Erleichterung, dass der Hieb erfolgreich gewesen war: Der Kopf von Knygathin Zhaum ruhte sauber abgetrennt auf dem schartigen Block und sein Körper lag ausgestreckt auf dem Pflaster, ohne auch nur die leiseste Zuckung entweichenden Lebens zu zeigen.
    Wie ich erwartet hatte, strömte kein Blut aus – nur eine schwarze, teerartige, stinkende Absonderung, deren dünnes Rinnsal nach wenigen Minuten verebbte und deren Spuren restlos von meiner Klinge und dem Eighon -Holz verschwanden. Auch ließ das Leibesinnere, das mein Schwert freigelegt hatte, jede naturgemäße Wirbelbildung vermissen. Dennoch hatte Knygathin Zhaum, soweit es sich sagen ließ, sein obszönes Leben ausgehaucht. Und das Urteil, das König Loquamtehros und die acht höchsten Richter Commorioms gesprochen hatten, war mit gesetzesgemäßer Präzision vollstreckt worden.
    Stolz und dennoch bescheiden nahm ich den Beifall der versammelten Menge entgegen, die bereitwillig den Vollzug meiner amtlichen Aufgabe bezeugte und lautstark über die beseitigte Landplage frohlockte. Nachdem ich gesehen hatte, wie die Überreste Knygathin Zhaums den städtischen Totengräbern überantwortet wurden, die stets die Entsorgung derartigen Schlachtabfalls übernahmen, verließ ich den Richtplatz und ging nach Hause, da an jenem Tag keine weiteren Enthauptungen mehr anstanden. Mein Gewissen war ruhig und ich hatte das Gefühl, mich bei der Erfüllung einer alles andere als angenehmen Pflicht achtbar geschlagen zu haben.
    Knygathin Zhaum wurde, wie es bei der Beseitigung der Leichen der schändlichsten Schwerverbrecher üblich war, in unzeremonieller Eile auf einem unfruchtbaren Feld außerhalb der Stadtmauern verscharrt, wo die Leute ihre Küchenreste und ihren Kehricht abluden. Man ließ ihn ohne Grabhügel und Grabstein zwischen zwei Müllhaufen zurück. Dem Gesetz war nun vollständig Genüge getan und jeder war zufrieden, von Loquamethros höchstselbst bis hinab zu den Dorfbewohnern, die unter den Raubzügen des nunmehr unschädlich gemachten Marodeurs und Mörders gelitten hatten.
    Nach dem Genuss einer reichlichen Abendmahlzeit aus Suvana -Früchten und Djongua -Bohnen, die ich mit einem guten Quantum Foum -Wein hinunterspülte, legte ich mich an jenem Abend zur Ruhe. Vom moralischen Standpunkt aus hatte ich allen Grund, den Schlaf der Gerechten zu schlafen, doch wie schon in der vorangegangenen Nacht wurde ich das Opfer einer Folge von Träumen, die von bösen Geistern durchdrungen waren. An den Inhalt dieser Träume erinnere ich mich nicht, nur des durchgängigen Bewusstseins einer unerträglichen Spannung, das all diese Träume beherrschte – eines stetig anwachsenden, gestalt- und namenlosen Grauens sowie der unablässigen, quälenden Empfindung sinnloser Wiederholung, einer finsteren, vergeblichen Plackerei ohne Zweck und Ende. Auch lebt in mir eine nebulöse Erinnerung fort, die einfach keine klare, bildhafte Form gewinnen will, an Dinge, die niemals für die Erfassung durch menschliche Sinne oder das menschliche Bewusstsein bestimmt waren. Und jene zuvor erwähnte Empfindungen und all das Grauen waren untrennbar mit diesen Dingen verknüpft.
    Nachdem ich fahrig und müde aus einer scheinbaren Ewigkeit der unbelohnten Mühen, der unerklärlichen Tretmühlenfron erwachte, vermochte ich meine

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