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Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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schnell ab. Man ist daran gewöhnt. Nur nicht bei Leuten, die ich kenne, denn ich habe streng darauf geachtet, niemanden zu kennen.
    Was für eineVerschwendung. Und dann flüstert mir eine kleine innere Stimme zu, dass ich unter der Erde mit einem Angesteckten festsitze – und dass das schlimm ist. Ich weiß nicht genau, wo ich jetzt bin, wohin er mich in meiner Ohnmacht geschleppt hat. Und ich habe keine Ahnung, wo mein Messer ist.
    Catcher ist infiziert. Ich kann nicht einschätzen, wie viel Zeit er noch hat. Das macht ihn zu einer Gefahr, denn wenn er erst gestorben ist, wird er auf mich losgehen. Wie bei der Frau letzte Nacht könnte ich diejenige sein, die ihn töten muss. Falls keine anderen Pestratten in der Nähe sind, könnte er sogar zum Breaker werden – und ich bin mir nicht sicher, ob mein kleines Messer es dann mit seiner Schnelligkeit und Wildheit aufnehmen kann.
    Furcht brennt unter meiner Haut, ich beginne unruhig zu werden. Meine Beine wollen unbedingt losrennen, obwohl mein restlicher Körper sich so schwach fühlt. »Ich bin nicht angesteckt«, versichere ich ihm.
    Sein Blick verändert sich irgendwie. Er dreht sich weg, aber vorher kann ich noch sehen, dass sein Gesicht ganz traurig wird. »Noch können wir uns nicht sicher sein. Es könnte trotzdem in dir stecken«, sagt er.
    Ich gehe an ihm vorbei ans Feuer, dort knie ich mich neben meinen Quilt und den R ucksack. Mir ist ein bisschen schwummerig, und ich muss mich auf dem Boden abstützen. Meine Finger zittern, als ich vorgebe, den Quilt zusammenzufalten, während ich eigentlich mein Messer suche.
    Hinter mir klappert es, Metall schrammt über Zement. Catcher hat mein Messer fallen lassen und es mit dem Fuß in meine Richtung geschoben. Ich starre es an, bevor ich zu ihm aufschaue.
    »Du wirst es nicht brauchen«, sagt er. Nach wie vor hält er Abstand. »Jedenfalls nicht für mich. Ich werde mich nicht wandeln, ich bin immun.«
    Ich nehme den Schaft in die Hand und streiche mit dem Daumen an der Klinge entlang. Feuer schimmert auf dem Metall, auf dem keine Spur von seinem Blut ist. Er hat es gesäubert, als ich ohnmächtig war. »Du bist immun gegen Messerstiche?«
    Ein kleines schiefes Lächeln flackert über seine Lippen. So schnell, wie es gekommen ist, ist es auch wieder verschwunden, und ich gerate etwas aus dem Gleichgewicht. Er sah ebenso anders aus, so viel jünger und entspannter.
    Er sah fast normal aus.
    »Ich bin immun gegen die Ansteckung«, stellt er richtig. »Besser gesagt, die Ansteckung tötet mich nicht. In dem Zustand bin ich schon seit Monaten.« Er breitet die Arme aus, als wolle er zeigen, wie gesund er ist.
    Mit zusammengekniffenen Augen schaue ich ihn an.Was er sagt, ergibt keinen Sinn. »Ich habe noch nie davon gehört, dass es überhaupt Immunität gibt.«
    Er zuckt mit den Schultern. »So kompliziert ist das nicht. Im Spätsommer bin ich gebissen worden«, sagt er beinahe beiläufig. »Nun ist Winter, und ich bin noch nicht tot. Es hat mich nicht umgebracht. Ich bin angesteckt, aber ich bin immun. Das heißt, dass ich eigentlich so was wie ein lebender Mudo bin. Du hast es ja selbst gesehen – letzte Nacht auf dem Dach.«
    SeinTon wirkt so lässig, aber da ist eine Nuance, ein Gefühl, das ich nicht benennen kann.Wut könnte es sein oderTrostlosigkeit, irgendetwas zieht jede Silbe herunter und macht seineWorte schwer. Er hält sogar seinen Körper ganz starr, als er auf meine R eaktion wartet.
    Es ist kaum zu glauben, dass wahr sein könnte, was er da sagt, aber er hat recht: Ich habe ihn auf dem Dach mit den beiden ungeweihten Frauen gesehen. Sie schienen sich überhaupt nichts aus ihm zu machen, und sie haben ihm keine offensichtlichen Bisswunden zugefügt.
    Ich starre auf meine Hand, die das Messer umklammert hält. Catcher könnte immun sein, er könnte dieWahrheit sagen, trotzdem ist er ein Fremder, und Fremde sind gefährlich.
    »Nicht viele Leute verwenden den Begriff Mudo für sie.« Das weist ihn als Außenseiter aus. Früher wussten alle, dass Elias und ich nicht ursprünglich aus der Dunklen Stadt stammten, weil wir sie Ungeweihte nannten, wir sagten nicht Pestratten und benutzten auch keine der anderen Bezeichnungen.
    »Ich komme von der Küste«, sagt er. »Aus einem Ort namens Vista am Rand desWaldes.«
    Ich bekomme Gänsehaut, als er denWald erwähnt. Ich muss an Elias denken und an meine Schwester Abigail. Sie hat Catcher auf der Brücke geholfen zu entkommen. Das heißt, er kennt sie. Langsam

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