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Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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Erinnerung daran, wie gefährlich dieseTunnel sein können.
    »Es wäre ein Risiko«, sage ich schließlich. »Ein riesiges. Ich könnte nur raten, welche Richtung wir einschlagen sollen . A ußerdem könnten hier unten auch Ungeweihte sein.Wenn Schmuggler dieseTunnel nur selten benutzen, könnten überall dieToten in Starre liegen, und wir merken es erst, wenn wir über sie stolpern.«
    Catcher zuckt zusammen. Zu spät fällt mir ein, dass die Ungeweihten ihn nicht wahrnehmen würden. Nur mich. Ich will mich entschuldigen, aber er winkt ab.
    »Meinst du, in denTunneln sind weniger als oben auf den Straßen?«
    Ich starre in die Dunkelheit, dann schaue ich mich zurTreppe um. Das Stöhnen wird schon lauter, sie scheinen die Tür ins Freie durchbrochen zu haben. »Kann man nicht wissen«, entgegne ich ehrlich.
    »Willst du es riskieren?« Catcher hat offenbar keine Ahnung, wie ich antworten werde, und das erinnert mich wieder daran, dass wir Fremde füreinander sind.Was mag er wohl denken? Dass er meine Persönlichkeit versteht, wo er doch meine Schwester kennt?
    Ob er wohl vergisst, dass ich nicht sie bin, wenn er die glatte Seite meines Gesichts sieht?
    »Ich tue alles, um meine Schwester zu retten.« Und das ist wahr, ich weiß es in dem Moment, in dem ich es laut sage. Nur so kann ich mir endlich vergeben.

10
    C atcher bricht ein dickes Stück Holz aus einer der U-Bahnschwellen, umwickelt es mit den R esten meines Quilts und zündet den zerfledderten Stoff am Feuer an. Viel Licht spendet die provisorische Fackel nicht, doch immerhin können wir unsere Füße sehen und stolpern nicht über den Schutt, der auf den alten Gleisen liegt.
    In meiner verschrammten Hand halte ich die Machete, die Catcher gefunden hat, während der Wind durch dieTunnel heult wie dieToten. Zum Schutz vor der Kälte verkrieche ich mich noch tiefer in meine Kleider. Ich bin mir fast sicher, dass die Ungeweihten die Tür zurTreppe eingedrückt haben und hinter uns her schlurfen. Ihre Schritte verlieren sich im Widerhall der unseren.
    Immerzu denke ich an die Leiber, die im Dunkeln herumliegen könnten. Eisige Schauer laufen mir über Nacken und Arme. Hier unten ist es besser als draußen, sage ich mir, damit die Angst mich nicht länger lähmt.
    »Wie ist sie?«, frage ich Catcher, um mich abzulenken. »Meine Schwester.«
    Catcher geht mit hoch erhobener Fackel ein Stück vor mir. »Gabry ist …« Er unterbricht sich, und ich sehe, wie sich seine Schultern anspannen. »Sie ist stark. Hingebungsvoll und loyal.«
    Bewunderung liegt in seinemTon, aber auch eine unterschwellige Melancholie.
    »Warst du gut mir ihr befreundet?« Meine Stimme klingt zittrig, weil meine Zähne vor Kälte klappern.
    Er stolpert, und weil ich so dicht hinter ihm bin, muss ich mich mit den Händen an seinem R ücken abfangen. Seine Haut glüht durch die Kleider. Wie herrlich das ist, in dieser eisigen Dunkelheit. Ehe ich michs versehe, habe ich die Handflächen schon fester an ihn gedrückt, wärme mir die Fingerspitzen und lächele dabei.
    »Alles in Ordnung?«, fragt er, geht aber nicht weiter. Sein Gesichtsausdruck hat etwas Seltsames. Er schaut weg, ehe ich herausfinden kann, was es ist.
    »Er gibt da etwas, das du wissen musst«, sagt er.
    Ich merke, dass ich noch näher an ihn herangetreten bin, so wie man an einem kaltenTag näher ans Feuer rückt. Die Wärme durchdringt mich, entspannt Muskeln und Gelenke.
    Erstaunlich, wie wohl ich mich mit ihm fühle. Er ist mir schon nicht mehr so fremd. »Was denn?«
    Er macht sich von mir los und nimmt seine Hitze und die Glut der Fackel mit. Das spärliche Licht glitzert am Boden auf den feuchten Bahnschwellen.
    »Du musst wissen, dass ich kaputt bin«, sagt er.
    Damit habe ich überhaupt nicht gerechnet. Ich runzele die Stirn. Er merkt, dass ich nicht verstehe, was er damit meint.
    »Ich …« Es scheint ihm schwerzufallen, dieWorte zu finden. »Es ist wichtig für mich, dass du weißt, dass ich dir helfe, Gabry zu finden. Ich werde dafür sorgen, dass es euch beiden gut geht und dass ihr in Sicherheit seid . A ber mehr nicht. Danach bin ich weg. Ich kann nicht …« Er fährt sich mit der Hand durchs Haar, bis es zu Berge steht. »Mehr kann ich nicht sein, mehr kann ich nicht tun.«
    Nach dieser Ankündigung ist mir kalt. Hässlich fühle ich mich. Ungewollt. Und das macht mich rasend, weil ich mir geschworen hatte, dass ich mich nie wieder in eine Lage bringen würde, in der mich die Entscheidungen eines anderen

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