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Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Die Stadt der tausend Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Ryan
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und zieht mich an sich, und ich lasse mich von der süßen Erleichterung durchströmen, am Leben zu sein.
    »Ich bin nicht infiziert«, sage ich immer noch fassungslos.
    Er streicht mir übers Haar.
    »Das verstehe ich nicht.« Ich versuche, meine Gefühle wieder in den Griff zu bekommen, denn ich fürchte, ich habe ihnen schon zu lange freien Lauf gelassen . A lso rücke ich von ihm ab und wische mir die Augen, und da erinnere ich mich wieder an den Bolzen in seinem Arm.
    Trockenes Blut hat sich darum gesammelt, im Feuerschein sieht es aus wie eine schwarze Kruste. »Oh, Catcher.« Ich strecke die Hand danach aus, entsetzt über den Anblick der schrecklichenWunde. Er packt mein Handgelenk. »Nicht anfassen«, sagt er. Sein Blick wird hart und bittend, er hat große Schmerzen. Ich will widersprechen. »Bitte«, wiederholt er. Dann drängt er mich sanft zurück in die Dunkelheit.
    Ich versuche meinen Arm aus seinem Griff zu befreien und näher an ihn heranzurücken, aber er ist zu stark. Mir ist zutiefst bewusst, dass ich von der Hüfte aufwärts unbekleidet bin, alle Narben und die verwachsene Haut sind zu sehen – aber seineWunde ist wichtiger.
    »Du bist verletzt.«
    Er lässt immer noch nicht los, dass ich halbnackt bin, ist ihm anscheinend gar nicht bewusst, als er mich von seinem blutenden Arm wegdrängt. »Du kennst doch dieses Gefühl, lebendig zu sein – dieseTränen, die du eben geweint hast, weil du nicht angesteckt bist?« Als meine Antwort ausbleibt, wird sein Griff fester, bis ich schließlich nicke.
    »Daran musst du festhalten«, sagt er. »Denn für dieses Gefühl kann ich dir keine Garantie geben.«
    Mir gefällt es nicht, dass ich seinem Griff nicht entkommen kann. Es gefällt mir nicht, wie verletzlich ich mich fühle. »Wenn du gefährlich wärst, hättest du mich mittlerweile schon getötet.« Ich glaube beinahe, was ich da sage.
    Er kneift die Augen zusammen. »Um das wenn geht es hier nicht, Annah. Das ist die R ealität. Ich bin gefährlich. Ich bin angesteckt. Dieses Blut …« Er dreht den Arm weg von mir. »… ist angesteckt.«
    Diesen Streit hatten wir ja schon, deshalb funkele ich ihn einfach nur an und sage: »Gut. Dann behalt diesen blöden Bolzen im Arm, ist mir doch egal.«
    Er lächelt tatsächlich, und das hellt die Stimmung zwischen uns auf.
    EineWeile hält er mich noch fest, dann lässt er den Blick beinahe instinktiv noch mal über meinen nackten Körper gleiten. Es dauert nicht länger als einen Augenblick und ist fast so, als wolle er es gar nicht, danach kann ich meinen Arm wegziehen – und sofort fehlt mir die Hitze seiner Haut.
    Ich drehe mich um und ziehe mich wieder an.
    »Tut mir leid«, sagt er leise. Ich schließe die Augen.Was denn? Das Anbrüllen oder das Anstarren? Dass ich nackt bin oder dass mein Körper hässlich ist?
    Ich lenke ihn ab. »Überleg dir lieber mal, was du wegen diesem Ding in deinem Arm machst«, erwidere ich. »Du willst doch keine Blutvergiftung. Dieser Pfeil sieht ziemlich schmutzig aus, wer weiß, was der dir an Bakterien beschert hat.«
    Ich knöpfe den letzten Kopf meines Mantels zu und drehe mich zu ihm um. Er starrt in den dunklen Schlund desTunnels am Ende des Bahnsteigs. Seine Augen sind feucht, aber ehe ich ihn nach dem Grund fragen kann, schüttelt er den Kopf, packt den Bolzen und reißt ihn sich aus dem Fleisch. Sein unterdrücktes Wimmern gellt in meinen Ohren, ich zucke zusammen, weil es ihm so wehtut. Dann fällt er stöhnend auf die Knie, der blutige Pfeil rutscht ihm aus den Fingern und landet auf dem rissigen Beton. Ich reiße ein Stück Stoff von meinem Quilt ab und lege ihm die Hand auf die Schulter. Er kann sich an mich lehnen, während er den Streifen um dieWunde bindet. Dieses Mal bin ich die Starke.

9
    W as war denn das da oben?«, frage ich ihn, nachdem er sich verbunden hat und wieder von mir abgerückt ist. »So viele Ungeweihte habe ich noch nie gesehen.« Ich gehe näher an dieTreppe heran. Wie lange mag es dauern, bis so vieleTote die Eisentür oben eingedrückt haben?
    »Die Horde.« Er sitzt da und reibt gleichgültig ein Stück Eis zwischen den Fingern, um sich das Blut abzuwaschen.
    Ich gehe wieder zurück an das kleine Feuer und rücke dicht an die Flammen, um die feuchte Kälte zu vertreiben. Hoffentlich tilgt das Licht auch die Angst, die mich begleitet. »Die Horde?«
    Von seinem knochigen Handgelenk tropftWasser, eine rosa Spur bleibt auf seiner Haut zurück. »Die Horde. Die aus demTal imWald.« Er

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