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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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darin, von der Gewalt des Wassers in seltsamen Winkeln verkeilt. Ich sah Boote auf Dächern und Autos auf Häusern. Einige Häuser waren ganze Blocks von ihrem Fundament entfernt, was man daran erkannte, dass jemand die ursprüngliche Adresse aufgesprüht hatte, so als wären diese Häuser entlaufene Welpen, die man abholen konnte. Oh, sieh mal, unser Haus, ich hatte mich schon gefragt, wo es steckt.
    Es käme einem Wunder gleich, wenn hier noch jemand lebte.
    Ich fuhr zu der Adresse auf der Visitenkarte. Rechts und links davon türmte sich gesplittertes Holz, aber das zu der Anschrift gehörige Haus stand noch. Zwei Außenwände waren durch blaue Plastikplane ersetzt worden, doch es war zweifellos ein Haus. Ein klassisches Kreolenhäuschen. Das Gras im Vorgarten wucherte unkontrolliert, aber die Zufahrt war freigeräumt. Jemand hatte mit einem Schlauch den Schlamm von den Wänden gespritzt. Die Außenwände waren rosa.
    Manchmal geschahen Wunder.
    Vor dem Haus hing eine schmiedeeiserne Blumenampel. Von der Ampel hingen zwei Ketten, und an der intakten von beiden hing ein Schild:
Bauen im Neunten Bezirk
Wir schaffen das!
    Neben die Schrift hatte jemand mit unbeholfener Hand einen grünen Papageien mit gespreizten Flügeln gemalt.
    Das war der Schlüssel zu dem Geheimnis. Das war mein erster Hinweis gewesen, und es würde auch mein letzter sein.

    »Der Detektiv, der sich eine rasche Aufklärung seines Falles wünscht«, schrieb Silette, »braucht nichts weiter zu tun, als all das zu untersuchen, was ihn augenscheinlich der Wahrheit keinen Deut näher bringt, und jene Fakten zu verbinden, die seiner Ansicht nach in keinerlei Zusammenhang stehen. Denn die Wahrheit liegt, ob es uns gefällt oder nicht, genau dort, wo sich das Verdrängte und das Vernachlässigte begegnen, in Nachbarschaft zu all dem, was wir vergessen machen wollten.«

    Ich parkte, lief zum Haus und klopfte an die Tür.
    Und dann hörte ich plötzlich, wie in meinem Rücken eine Flinte durchgeladen wurde, und einen Augenblick lang dachte ich, ich hätte einen Riesenfehler gemacht.
    Ich drehte mich langsam um, mit erhobenen Händen und gespreizten Fingern und einem möglichst entspannten Gesicht.
    Hinter mir, genau zwischen mir und meinem Auto, war ein Mann. Neben ihm stand ein honigfarbener Pitbull in Habtachtstellung und starrte mir in die Augen. Der Mann hielt eine Flinte auf meinen Kopf gerichtet. Er war um die fünfundvierzig, dünn, nicht besonders groß. Er hatte sein T-Shirt ordentlich in den Bund seiner strahlend blauen Jeans gesteckt und trug weiße Turnschuhe und einen braunen Ledergürtel. Er bemühte sich, böse oder wenigstens streng auszusehen. Es funktionierte ganz gut, immerhin hatte er das Gewehr.
    »Falls CNN Sie schickt«, sagte er mit breitem Südstaatenakzent, »sagen Sie es gleich, dann mache ich kurzen Prozess und erschieße Sie auf der Stelle.«
    »Nein«, sagte ich, »ich …«
    »Und wenn Sie zu den Hippies gehören, sterben Sie noch schneller«, sagte er. »Was immer Sie wollen, machen Sie, dass Sie verschwinden, bevor ich Sie erschieße.«
    Ich griff ganz langsam in meine Tasche und zog seine Visitenkarte heraus, die ich im Napoleon House gefunden hatte, an meinem ersten Tag in New Orleans.
Bauen im Neunten Bezirk
Wir schaffen das!
Frank. 555-1111
RUF AN ICH KANN HELFEN!
    Frank betrachtete stirnrunzelnd das Stück Papier, das ich ihm hinhielt. Als er erkannte, was ich da hatte, schüttelte er den Kopf, als hätte er einen Geist gesehen.
    »Ich habe versucht, Sie anzurufen«, sagte ich.
    »Telefon funktioniert nicht«, sagte Frank. »Es gab hier … einen Sturm.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Aber es ist immer noch möglich. Sie können immer noch helfen.«
    Er ließ die Waffe sinken. Im selben Moment legte der Hund sich flach auf den Boden, streckte die Vorderpfoten von sich und legte den Kopf dazwischen. Nun sah er aus wie eine Fußmatte.
    Ich griff langsam in meine Handtasche und holte das Bild von Vic Willing heraus, um es ihm zu zeigen.
    Frank nahm das Bild entgegen und studierte es. Dann zerfiel sein Gesicht. Alle weichen Stellen gaben nach.
    »Heilige Scheiße«, sagte er. Er sah aus, als hätte ich ihn geboxt. Er taumelte zur Veranda und setzte sich.
    Der Hund stand auf, lief zu ihm, setzte sich und sah ihn fragend an. Frank streichelte seinen Kopf.
    »Kommen Sie rein«, sagte er schließlich. »Ich kann helfen. Ich kann das.«

    Im Haus fehlten die Wände dort, wo die blaue Folie hing, aber die Stützpfeiler

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