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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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vorüber. Er drehte sich zu seinen Freunden um.
    »Terrell!«, rief er. Terrell, der zusammen mit den anderen auf der Treppe des unbewohnten Hauses gesessen hatte, schaute hoch. Andray winkte ihn heran. Terrell kam mit seinem typischen, offenen Lachen näher. Die Dreadlocks wippten, das weiße T-Shirt strahlte im Mondlicht.
    Beim Anblick von Andrays Gesicht hörte er zu lachen auf.
    Als er neben dem Truck stand, nickte Andray ihm zu.
    »Sie weiß Bescheid«, sagte er.
    Terrells Gesicht fiel zusammen. »Mist«, sagte er.
    »Komm«, sagte ich zu Terrell, »steig ein.«
    Als wir losfuhren, warf Andray mir einen bitterbösen Blick zu. Ich war überzeugt, er würde es überleben. Wollte er ein Detektiv werden, so wie es ihm offenbar vorherbestimmt war, brauchte er Hilfe, eine Ausbildung und Unterricht, der in keiner Schule angeboten wurde. War man so talentiert wie er, gab es nicht viele Anlaufstellen. Mick würde ihn unter seine Fittiche nehmen – für etwa drei Monate. Danach würde er mich brauchen. Es gab niemanden sonst.
    Zum ersten Mal verstand ich, was Constance gefühlt hatte, als sie mir begegnet war.
    Es war, als hätte ich mein Leben lang in Dreck und Scheiße gewühlt und endlich, am Grund der Schlammgrube, ein strahlendes, wunderschönes Goldstück gefunden.

55
    I ch fuhr mit Terrell zu einem Parkplatz. Erst als ich den Motor abgestellt hatte, erkannte ich die Baulücke, in der Andray mich beinahe umgebracht hatte. New Orleans wacht auf mit COMMUNITY COFFEE!
    Terrell saß stumm auf dem Beifahrersitz, schaute aus dem Fenster und rutschte so weit wie nur möglich von mir weg. Wir schwiegen.
    »Werden Sie zur Polizei gehen?«, fragte er nach einer Weile.
    »Nein«, sagte ich. »Ich werde dich überreden, dich der Bundespolizei zu stellen.«
    Er sagte nichts und starrte mit versteinertem Gesicht geradeaus.
    »Es wäre das Beste«, erklärte ich. »So kannst du nicht ewig weitermachen. Du kannst doch nicht ständig darauf hoffen, nicht erwischt zu werden. Irgendwann würde es dich kaputtmachen. Ich habe es selbst erlebt.«
    »Ich gehe nicht nach Angola«, sagte er, »auf keinen Fall.«
    »Ich besorge dir einen Anwalt«, sagte ich, »einen guten. Mick wird dir helfen, Andray wird dir helfen, und ich auch. Du bist nicht allein.«
    »Klar«, sagte er. »Ich werde ja sehen, wer mich besucht.«
    Ich sah ihn an. Er sah aus dem Fenster. Wir saßen da, bis er bereit war zu reden.
    »Es ist insgesamt nur so sechs Mal passiert«, sagte er. »Ich war … verdammt, ich war zwölf Jahre alt. Es war diese Patenschaft. So eine Art Beraterprojekt. Wir sollten … es ist alles so lange her. Ich weiß auch nicht, warum ich es nicht einfach vergessen konnte. Ich weiß auch nicht, warum. Ich wollte so gern. Aber ich hatte es immer im Kopf. Die schlimmen Sachen, die wir gemacht haben, spukten mir immer im Kopf rum. Die lagen immer auf der Lauer, konnten jeden Moment rauskommen und alles kaputt machen. Zum Beispiel, wenn ich mit einem Mädchen zusammen bin und alles läuft prima, und dann fällt mir der ganze Mist wieder ein und macht alles kaputt. Und an dem Abend. Mist. Ich bin da runter, weil ich helfen wollte«, sagte Terrell verbittert. »Ich habe nicht mal an ihn gedacht. Ich habe keinen einzigen Gedanken an ihn verschwendet an dem Tag, keinen einzigen. Ich hätte nicht im Traum daran gedacht, jemanden zu erschießen. Ich und ein paar Jungs, wir waren bei diesem Mädchen, Shonda. Ständig kamen Leute vorbei, Bekannte. Leute wie wir, Leute ohne Möglichkeit, aus der Stadt zu kommen. Wir saßen fest. Und die Leute erzählten Geschichten, eine verrückter als die andere. Über das gestiegene Wasser und über die Leute, die auf ihren Dächern sitzen und denen niemand hilft. Die Leute sind ganz allein, und keiner kommt, um zu helfen. Also denke ich mir, sollen die anderen Nigger doch rumsitzen und sich den ganzen Tag bekiffen, wenn sie unbedingt wollen. Ich werde nicht tatenlos zusehen, wie da draußen Kinder umkommen. Die Leute saßen auf ihren Hausdächern fest und so. Da kann man doch nicht rumsitzen und nichts tun. Ich bin also runter ans Wasser. Ich komme dahin, und alles geht drunter und drüber. Ich meine, es ist die reinste Müllkippe, weil das Wasser Abfall und Dreck und alles anschwemmt. Es ist heiß, und die Leute führen sich auf wie die Irren und schreien rum und weinen. Und da sind … Scheiße, da lagen überall Leichen rum. Ich hatte mir vorgestellt … na ja, ich hatte gedacht, ich gehe dahin und spiele Matrose

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