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Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition)

Titel: Die Stadt der Toten: Ein Fall für die beste Ermittlerin der Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Gran
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verbreitet gewesen, inzwischen hörte man ihn nur noch in Chalmette und North Shore.
    »Der Ärmste, ich kannte ihn lange«, sagte die Frau. »Warum fragen Sie? Sind Sie Reporterin?«
    Ich erklärte ihr, wer ich war und was ich wissen wollte.
    »Warum ist er arm?«, fragte ich.
    »Ich dachte, er ist ertrunken«, antwortete sie. »Deswegen habe ich das gesagt. Ich wusste gar nicht, dass er vermisst wird. Wirklich nicht.«
    »Was war er für ein Typ?«
    »Vic? Ein Prachtkerl.« Sie lächelte. »Und so charmant. Ich kannte ihn sein Leben lang. Seine Mutter stammte von hier, sie nahm ihn immer zum Einkaufen mit. Immer ein Lächeln, ein Kompliment, einen Scherz auf den Lippen. Er war wie ein Licht, wie ein Licht im Dunkeln. Als ich ihn das letzte Mal sah, hat er gesagt, Miss Mary, Miss Mary, hat er gesagt, wann wollen Sie …«
    Sie unterbrach sich und fing zu weinen an.
    »Vic«, sagte sie und zählte an ihren Fingern ab. »Artie. Micky. Shawn von drüben aus den Sozialbauten – mein Gott, er war noch ein Kind. Angie. Nate. Ferdie. Jesus.« Sie schüttelte den Kopf. »Entschuldigen Sie. Jesus.« Sie schniefte, hörte zu weinen auf. »Jedenfalls, wenn Sie mehr über Vic erfahren möchten, sollten Sie später noch mal kommen und Shaniqua fragen. Sie kann Ihnen alles erzählen.«
    »Shaniqua?«
    »Eine Farbige, arbeitet abends hier«, sagte die Frau. »Nettes Mädchen, sie arbeitet seit Jahren für mich und hat mir nie Ärger gemacht. Ich kenne ihre ganze Familie und ihre Kinder, von Geburt an. Das sind wohlgeratene Kinder. Einmal hat Vic ihnen aus der Patsche geholfen, das war vor einem oder zwei Jahren.« Sie schüttelte den Kopf. »Ein Skandal, wie die Polizei mit den Farbigen umgeht. Wissen Sie, auch die haben Rechte! Aber nicht Vic, Vic war nicht so. Er hat Shaniqua und den Kindern geholfen, ohne Geld oder sonst irgendwas dafür zu verlangen.«
    »Sie ist jeden Abend hier?«, fragte ich.
    »Meistens«, sagte die Frau. »Heute kommt sie um sechs. Kommen Sie wieder, dann erzählt sie Ihnen alles.«
    »Ich komme wieder«, sagte ich, »um sechs.«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Die Farbigen«, sagte sie traurig. »Inzwischen stellen sie den Bürgermeister, den Oberstaatsanwalt, alles. Alle schwarz. Und trotzdem kommen sie auf keinen grünen Zweig.«

21
    Z unächst einmal sollten Sie wissen«, hatte Constance gesagt, als ich mich bei ihr als Assistentin bewarb, »dass kein Mensch Sie jemals wieder mögen wird. Sie werden alles auf den Kopf stellen, Verbrechen aufklären und Geheimnisse ans Licht zerren, und dafür wird man Sie hassen. Sollten Sie dumm genug sein zu heiraten, wird Ihr Mann Ihnen nie ganz vertrauen. Ihre Freunde werden sich in Ihrer Gegenwart nie entspannen. Ihre Familie wird sich von Ihnen abwenden. Die Polizei wird Sie natürlich verachten. Ihre Klienten werden Ihnen die Wahrheit nie verzeihen. Alle tun so, als wollten sie die Wahrheit wissen, aber tatsächlich stimmt das gar nicht.« Sie beugte sich vor. Ich roch ihr Veilchenparfum und den teuren Gesichtspuder. »Niemand außer uns will die Wahrheit wirklich wissen.«
    Ein wohliger Schauer lief mir über den Rücken. Sie hatte natürlich aus Silettes Détection zitiert. War sie dabei gewesen, als er das Buch geschrieben hatte? Hatte sie ihm beim Formulieren geholfen?
    »Ist schon okay«, sagte ich, »mich kann sowieso niemand leiden.«
    Sie sah mich forschend an. »Haben Sie Familie?«
    »Ja«, sagte ich. »Aber ich habe sie seit Jahren nicht gesehen.«
    »Haben Sie Freunde?«
    »Früher ja«, antwortete ich. »Die eine ist verschwunden. Die andere hasst mich.«
    Constance lächelte.
    »Schön«, sagte sie, »das ist ausgezeichnet.«

    Ich hatte Constance 1994 in Los Angeles kennengelernt. Ein Detektiv namens Sean Risling hatte den Kontakt hergestellt, weil er wusste, dass ich einen Job brauchte und Constance eine Assistentin. Sie war wegen des berühmten HappyBurger-Mordes nach Los Angeles gekommen. Ich kannte sie natürlich, die berühmte Detektivin, die Schülerin von Silette, die Exzentrikerin aus New Orleans, bewundert von einigen, verunglimpft von den meisten. Silette und seine Anhänger zählten nie zu den populären Detektiven. Egal, wie viele Fälle wir lösen konnten und wie schnell wir dabei waren, Respekt wurde uns dafür kaum gezollt. Es war wie eine auf fünfzig Jahre ausgedehnte Quincy-Folge. Umso besser, sagte Constance später, als wir befreundet waren. Manchmal wirkten die hohen Erwartungen der anderen lähmend.
    Ich rechnete nicht

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