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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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sind doch übereingekommen …«
    »Können Sie das beweisen, Miss Gloria?« Mark wusste genau, was sie abgesprochen hatten, aber was ihn anging, gab er es Gloria aus Freundschaft. Heute Abend war ihm nicht sehr freundschaftlich zumute.
    Gloria biss sich auf die Unterlippe und spielte mit ihren Fingern. »Nein, Mr Mark. Ich … ich würde auch nicht fragen, aber … es ist schon einige Tage her, und ich brauche nur ein bisschen …«
    Sie sah ihn flehentlich an, aber ihr Blick begegnete nur einem kalten Starren. Als sie ihn anschaute, sah Mark wieder diese Puppen.
    »Ich … ich …« Gloria ließ entmutigt den Kopf hängen. »Ich finde hinaus.«
    Mark hörte zu, wie sich ihre Schritte auf der Treppe entfernten. Ganz langsam, ohne ihre sonst übliche angespannte Hast. Er lauschte, bis sie sich in der Ferne verloren hatten.
    Unbehaglich rutschte er auf seinem Stuhl herum. Noch nie zuvor hatte er einen derart hoffnungslosen Blick gesehen. Sie brauchte dieses Zeug wirklich.
    Er hörte, wie sich die Tür unten wieder öffnete, aber er hörte keine Schritte. Das konnte nur einer sein.
    »Jetzt wird es aber auch Zeit, Snutworth«, knurrte Mark, als sein persönlicher Assistent die Treppe heraufschwebte.
    »Bitte entschuldigen Sie, Sir«, sagte er glatt. »Ich war schon auf dem Weg, Ihnen die heutigen Berichte zu bringen, da ist mir Miss Gloria begegnet.« Er machte eine taktvolle Pause. »Sie wirkte recht verstört …«
    »Sie ist mir auf die Nerven gegangen«, murmelte Mark, dessen Verstimmung bereits wieder nachließ. »Ich werde mich morgen bei ihr entschuldigen.«
    »Das wird sie freuen, Sir«, erwiderte Snutworth. »Wenn wir nun diese Berichte durchgehen könnten …«
    Mark hörte ihm nur halbherzig zu. Er stand auf und wanderte im Observatorium umher, während Snutworth die Berichte laut vorlas, betrachtete sein verzerrtes Spiegelbild im Messingteleskop. Er sah irgendwie enttäuscht aus. Das Gold seiner Knöpfe schien nicht so hell zu glänzen wie sonst.
    Er ging weiter zum Fenster, blickte auf die Straßen unterhalb des Turms hinab, auf eine Art, wie es der Graf nie getan hatte, und beobachtete die dort unten vorüberhastenden Menschen.
    Er glaubte, Gloria ganz kurz gesehen zu haben, wie sie sich langsam vom Turm entfernte und auf die länger werdenden Schatten zuging. Aber im Abendlicht hätte es ebenso gut jemand anderes sein können, dessen Haar die untergehende Sonne einfing und dabei blutrot aufflammte.

 
KAPITEL 16
     
Der Diebstahl
     
    Sie erfuhren es erst gegen Mittag.
    Es war ein gewöhnlicher Morgen. Theo machte seine Runde bei den schwächeren Schuldnern und untersuchte sie auf Anzeichen von Krankheit.
    Seinen Großvater ließ er ein wenig länger auf der Pritsche in der Ecke ruhen, setzte sich hin und wieder neben ihn und beobachtete den Schlafenden. Lily wusste, dass er hoffte, er würde sprechen. Seit er irgendwo in den Straßen der Elendsviertel gefunden worden war, hatte der alte Mann noch kein Wort gesagt.
    Benedikta kochte eine Brühe auf und verteilte sie. Niemand wusste, wo sie die Zutaten fand, die sie da hineintat. Einmal, als sie außer Hörweite war, hatte Laud gesagt, er hoffe nur, dass auch die Schuldner verstanden, dass allein der Gedanke zählte, denn oft seien es kaum mehr als Gedanken, die sie dem kochenden Wasser beifügte.
    Lily stand vor dem alten Altar, wo sie Arzneimittel zerkleinerte. Das Almosenhaus musste einen Augenblick ohne sie auskommen, denn sie vergaß nie, dass sie immer noch Theos Gehilfin war.
    Alles war wie immer – so ruhig, wie es in einem Haus möglich war, das sich denen gewidmet hatte, die nichts mehr besaßen.
    Bis Laud eintraf.
    Lily wusste sofort, dass etwas geschehen war. Laud war ein guter Schauspieler, und er kam ohne theatralisches Gehabe hereinmarschiert. Aber seine Augen waren starr, und er verhielt sich viel zu ruhig.
    »Lily, würdest du bitte Benedikta zu mir schicken?«, fragte er dumpf.
    »Natürlich«, antwortete Lily stirnrunzelnd. »Stimmt etwas nicht, Laud?«
    »Bitte, hol … hol sie einfach her.« Laud lehnte sich an den Altar. »Entschuldige, Lily, ich denke, sie sollte es zuerst erfahren, bevor sie kommen … Sie werden bald da sein …«
    »Zuerst … erfahren?« Lily machte den Mund wieder zu. Laud wollte nichts sagen. Sie winkte Benedikta wortlos herbei.
    Benedikta kam zu ihnen und lächelte, als sie ihren Bruder sah. Er nahm ihre Hand und hielt sie ohne ein Wort fest. Und zum ersten Mal sah Lily Benediktas Lächeln ersterben.
    Die

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