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Die Stadt der verkauften Traeume

Die Stadt der verkauften Traeume

Titel: Die Stadt der verkauften Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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beiden gingen schweigend nach draußen. Lily fing Theos Blick auf. Selbst einige der Schuldner sahen sich neugierig um.
    Lily ließ sie so lange allein, wie sie es aushielt, dann wischte sie sich die Hände an der Schürze ab und ging zur Tür.
    Dahinter erblickte sie Inspektor Greaves, und hinter ihm stand ein Trupp Eintreiber, unter ihnen Sergeant Pauldron. Bis auf den Inspektor trugen alle grimmige Gesichter zur Schau. Seines war trauriger, ernster, aber auch äußerst entschlossen.
    »Tut mir leid, Miss Lilith, Doktor Theophilus, wir müssen Ihr Gebäude durchsuchen und einige Befragungen durchführen. Ich möchte Sie bitten, niemanden gehen zu lassen – andernfalls könnte das schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.«
    Lily wich verwirrt einen Schritt zurück. Irgendetwas stimmte nicht. Sie sahen nicht wütend aus. Sie hatten nicht vor, ihr Haus zu schließen.
    »Inspektor, wenn es um die Belege geht, ich …«
    »Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass es sich um eine ernstere Angelegenheit handelt«, erwiderte der Inspektor. »Um einen Diebstahl, Miss Lilith, einen äußerst schweren Diebstahl.«
    »Aber Inspektor«, sagte Lily angespannt, »ich bin sicher, dass keiner hier etwas stehlen würde. Es gibt hier nichts von Wert, das zu stehlen sich lohnte. Sie können alle durchsuchen, wenn Sie …« Sie unterbrach sich. Hier stimmte etwas nicht. Eine Frage musste gestellt werden, und mit einem Mal hätte sie alles in der Welt gegeben, um sie nicht stellen zu müssen. Musste sie auch nicht, denn jetzt trat der Doktor vor.
    »Wenn ich fragen darf, Inspektor«, hakte er mit ernster Stimme nach, »um was für eine Art von Diebstahl handelt es sich denn?«
    »Ein Leben wurde gestohlen. Es geht um den Diebstahl eines Lebens, Sir.«
    Der Doktor runzelte schmerzlich die Stirn. Lily starrte stumm vor sich hin.
    »Und das Opfer, Inspektor?«, fragte der Doktor leise.
    »Eine junge Frau namens Gloria, Herr Doktor. Sind wir richtig darüber informiert, dass sie gelegentlich hier gearbeitet hat?«
    In der Ferne hörte Lily Benedikta weinen.
     
    Es war eine äußerst langwierige Prozedur. Eigentlich wollte Sergeant Pauldron, der mit einem beunruhigend triumphierenden Gesichtsausdruck dabei zusah, wie das Almosenhaus durchsucht wurde, sie verhören, obwohl er letztlich der einzige Eintreiber zu sein schien, der das nicht tat. Lily wiederholte immer und immer wieder dieselben Worte. Ja, sie habe Gloria das letzte Mal vor einigen Tagen gesehen, als sie ihre Schwester besucht hatte. Nein, sie habe nicht unruhiger gewirkt als sonst. Lily wählte ihre Worte mit großer Vorsicht. Nein, ihr falle niemand ein, der einen Grund gehabt hätte, sie umzubringen. Lily bestand darauf, dieses Wort zu benutzen, selbst wenn alle Eintreiber sie ständig mit den Worten »ihr Leben stehlen« verbesserten. Nein, sie könne sich nicht denken, aus welchem Grund Gloria in den Fische-Bezirk gegangen sein sollte, wo man sie gefunden hatte. Nein, im Almosenhaus habe kein Verdächtiger herumgelungert. Das nötigte die Eintreiber jedes Mal zu einem dumpfen Lachen, wobei sie einen Blick auf die Horden von Schuldnern warfen, die an den Wänden des großen Raums Schlange standen und zitternd ihre Aussagen murmelten. Sogar der Inspektor, der von ihnen allen am aufmerksamsten zuzuhören schien, schüttelte den Kopf, als sie das sagte.
    »Miss Lilith«, sagte er ernst, »Sie sehen doch bestimmt ein, dass dieses Almosenhaus ein gefährlicher Ort für jemanden wie Miss Gloria war.«
    »Das hier sind ganz gewöhnliche Leute, Inspektor. Gewöhnliche Leute, die einfach nur Pech hatten oder von der Habgier anderer ins Unglück gestürzt wurden.«
    Der Inspektor blickte von seinen Notizen auf und machte ein mitleidiges Gesicht. »Meiner Erfahrung nach, Miss Lilith, sind die meisten Lebensdiebe ganz gewöhnliche Leute. Und Sie müssen einsehen, dass diese Einrichtung die verzweifeltsten unter ihnen anzieht, diejenigen, die auf dem Wege sind, den Kontakt zur Zivilisation zu verlieren.« Greaves sah zu einem Schuldner hinüber, einem von denen, die immer nach hochprozentigem Alkohol stinkend ankamen, und der jetzt von zwei Eintreibern festgehalten wurde und diese mit einem Schwall unflätiger Schimpfwörter bedachte. Der Inspektor lächelte traurig. »Liegt es denn völlig außerhalb des Möglichen, dass einer dieser Kerle Miss Gloria angesehen hat – eine junge, in jeder Hinsicht attraktive Frau, zunehmend erfolgreich – und von einer schrecklichen Eifersucht

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