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Die Stadt der Verlorenen

Die Stadt der Verlorenen

Titel: Die Stadt der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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den Verletzten?«, fragte Mike.
Sarns Gesicht verhärtete sich. »Es sind Argos’ Krieger«,
sagte er. »Sollen wir unsere eigenen Leben riskieren, um die
Männer zu retten, die unseren Tod wollen?«
»Für uns habt ihr euer Leben auch riskiert«, sagte Mike.
»Das war etwas anderes.« Sarn schüttelte heftig den Kopf.
»Und noch einmal: Wenn wir noch lange hier herumstehen und
reden, dann war alles umsonst. Ich fürchte, die gesamte Höhle
steht kurz davor einzustürzen.«
Was das für Lemura bedeutete, wagte sich Mike gar nicht
vorzustellen. Der riesige unterirdische Berg war nicht nur einer
der Stützpfeiler, auf denen die gesamte Unterwasserkuppel
ruhte, sondern praktisch auch die einzige Quelle für Eisenerz
und andere Rohstoffe.
»Kommt jetzt«, sagte Sarn. »Wir haben einen weiten Weg vor
uns.«
Seltsam – aber Mike hatte immer mehr das Gefühl, dass Sarn
nicht nur aus Angst, die Höhle könnte einstürzen, so sehr auf
den Aufbruch drängte, sondern viel mehr um von irgendetwas
ganz Bestimmtem abzulenken. Aber er konnte sich beim
besten Willen nicht erklären, wovon. Also nickte er nur und
ging mit schnellen Schritten zu Singh hinüber. Ben und
Juan
sahen ihm neugierig, aber auch vollkommen
verständnislos
entgegen. Und er sah in ihren Augen dieselbe tief eingegrabene
Angst, die er auch schon bei Chris gesehen hatte.
»Sie erinnern sich an nichts!«, sagte Singh. »Weder an
dich
noch an mich oder die NAUTILUS ... an gar nichts.«
»Genau wie Chris«, sagte Mike. »Außerdem sind sie in einem
furchtbaren Zustand.«
»Argos’ Leute haben anscheinend vorgehabt, sie sich
totarbeiten zu lassen«, sagte Singh zornig. »Wusstest du, dass
sie das Erz seit Wochen ganz allein aus dem Wasser holen
mussten?«
»Wieso?«, fragte Mike erstaunt.
»Weil die Wächter uns nichts getan haben«, antwortete Ben an
Singhs Stelle. »Es ist sehr gefährlich. Sie tauchen immer wieder
auf und greifen die Männer an, die die Erzknollen heraufholen.
Sie haben viele gepackt und in die Tiefe gerissen. Nur uns nicht.
Als die Wachen dies gemerkt haben, haben sie nur noch uns ins
Wasser geschickt.«
»Die Wächter haben die Männer angegriffen?«, vergewisserte
sich Mike. »Du meinst diese ... Haifischwesen?«
»Sie packen sie und zerren sie in die Tiefe«, bestätigte Ben.
»Niemand ist je wieder aufgetaucht.«
Nicht sehr weit entfernt krachte ein Felsbrocken von
der
Größe eines kleinen Hauses zu Boden und ließ die gesamte
Höhle erbeben. Es hätte des bösen Blickes, den Sarn ihnen
zuwarf, gar nicht mehr bedurft, um ihn nun endgültig zur Eile
anzuspornen.
    Der Weg nach oben erwies sich als weit mühseliger und
schwieriger, als Mike erwartet hatte. Er hatte halbwegs damit
gerechnet, von Argos’ Kriegern verfolgt zu werden oder dass sie
sich gar den Weg freikämpfen mussten. Von den Kriegern des
lemurischen Herrschers zeigte sich jedoch keine Spur.
Vermutlich hatten sie Hals über Kopf die Flucht ergriffen, als
der Boden zu schwanken begonnen hatte.
    Trotzdem wurde der Rückweg zu einem lebensgefährlichen
Abenteuer. Der Weg, den sie gekommen waren, war unpassierbar
geworden und auch der offizielle Abstieg in die Eisengruben
hinab war zum Teil verschüttet, sodass sie zu mühseligen und
kräftezehrenden Klettereien gezwungen wurden. Noch immer
lösten sich Steine von der Decke oder den Wänden und
ein
weiterer Mann trug eine schwere Verletzung davon. Sie hatten
eine halbe Stunde für den Weg nach unten gebraucht; für den
Rückweg benötigten sie annähernd die vierfache Zeit. Nicht nur
Mike war vollkommen erschöpft, als sie endlich wieder aus dem
Berg herauskamen.
    Auch hier zeigte sich keine Spur von den Kriegern, die die
Sklaven bewacht hatten; ebenso wenig wie von den Sklaven
selbst und den wenigen bezahlten Arbeitern, die in der Mine
gewesen waren. Von Sarn wusste er, dass in dem Bergwerk
mehrere hundert Männer in den Eisengruben lebten und
arbeiteten, aber der Platz vor dem Einstieg und auch der nahe
Waldrand waren vollkommen leer. Auf dem Weg nach oben
hatten sie einige Tote gefunden und eine große Anzahl weggeworfener Werkzeuge und unterschiedlicher Ausrüstungsgegenstände. Es wäre normal gewesen, den Platz vor dem
Eingang voller Flüchtlinge und Überlebender vorzufinden, aber
er wirkte wie ausgestorben; nur hier und da lagen einige
Felsen herum oder ein in aller Hast fortgeworfenes Werkzeug,
eine Waffe.
    Als er sich einige Schritte vom Eingang entfernte und
herumdrehte, verstand er

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