Die Stadt des roten Todes - Das Mädchen mit der Maske: Roman (German Edition)
sich. Ich habe große Angst. Und seit der vergangenen Nacht ist plötzlich mein Interesse an der Zukunft erwacht. Ich bin nicht das Mädchen, für das Elliott mich hält.
»Wir konnten dich gestern im Club nicht finden«, sage ich.
»Ich wurde aufgehalten.«
»Und du hast mir auch nicht verraten, wer du bist. Stattdessen hast du mich ohnmächtig hinter einem Vorhang liegen lassen.«
»Nein, das stimmt nicht. Ich musste fort, um … mit einem Freund zu reden. Und dir ist es ja gelungen, nach Hause zurückzukehren, wie man sieht. Meiner Schwester dagegen nicht.«
»Ich bin nicht sicher, ob das so geplant war. Ein Junge ist aufgetaucht, der uns einen Drink spendiert hat …«
»Wie hat er ausgesehen? Ich werde ihn finden.« Sein unerschütterliches Selbstvertrauen gefällt mir. Elliott ist so ganz anders als Vater, der immer still und ängstlich wirkt.
Ich beschreibe den Jungen, so gut ich kann.
»Wahrscheinlich arbeitet er für meinen Onkel«, meint Elliott. »Aber wenn er April etwas antut, werde ich ihn töten. Tja, da wären wir also … in diesem dunklen, verbotenen Garten. Wirst du mir helfen, Araby Worth? Ich brauche jemanden wie dich. Jemanden, der bereit ist, Risiken einzugehen.«
Ich blicke in die Dunkelheit. Er kann zwar mein Gesicht nicht erkennen, trotzdem bemühe ich mich um eine neutrale Miene.
»Ich bezweifle, dass ich dir helfen kann.«
»Ich kann dir Drogen verschaffen«, fährt er fort. »Gute Drogen.«
Am liebsten würde ich laut auflachen. Gestern wollte ich noch unbedingt Drogen nehmen. Gestern habe ich sie noch gebraucht … Meine Hände zittern. Vielleicht brauche ich sie ja auch jetzt noch. Aber sein Angebot nimmt den Druck von mir. Vielleicht liegt es an seiner Stimme, die körperlos in der schwülen Dunkelheit zu schweben scheint, oder vielleicht auch daran, dass er glaubt, ich sei so leicht herumzukriegen. Ich denke an Henry und Elise. Und natürlich an Finn. Kann der Prinz gestürzt werden? Selbst mit Unterstützung einer Armee? Elliott wartet schweigend auf meine Antwort.
»Ich habe eine Idee«, sage ich schließlich. »Einen Vorschlag für deine neue Regentschaft.«
»Ach ja?«
»Kostenlose Masken für die Kinder.«
Er beginnt zu husten und schnappt nach Luft. Liegt es am Rauch, oder ist seine Verblüffung schuld?
»Das ist eine hervorragende Idee.«
Elliott drückt seine Zigarette aus und zündet ein Streichholz an, in dessen Schein ich sehe, dass er keine Maske trägt. Der Anblick schockiert mich bei Weitem nicht mehr so, wie er es noch vor ein paar Tagen getan hätte. Er hält das Streichholz zwischen den Fingern und sieht zu, wie es abbrennt.
»Ein Problem gibt es allerdings«, wendet er ein. »Es gibt nur ganz wenige Menschen, die wissen, wie man die Masken herstellt.«
Er lässt das Streichholz fallen. Zischend erlischt es im Matsch, dann sitzen wir eine scheinbare Ewigkeit wortlos in der Dunkelheit. Plötzlich weiß ich, wieso er so bereitwillig auf meine Bitte eingegangen ist. Und was er mich gleich fragen wird. Mir ist klar, dass das der wahre Grund ist, weshalb er sich mit mir treffen wollte. Das hier ist ein Schachspiel, und er ist ein ausgezeichneter Stratege.
»Derjenige, der die Masken herstellen kann, kann auch die Seuche besiegen. Damit hat er die Macht auf seiner Seite.« Elliott verlagert das Gewicht, worauf ein paar Steine von der niedrigen Mauer fallen. »Ich habe mit einigen Arbeitern in der Fabrik geredet. Die Filter werden an einem geheimen Ort im Palast des Prinzen hergestellt.«
Und ich weiß, wo Vater die Entwürfe für die Masken aufbewahrt.
Ich denke an die junge Frau, die ihr Baby auf den Leichenkarren gelegt hat. An ihre Qual. Mit einer Maske hätte das Kind überleben können. Ist es nicht jeden Preis, jedes Risiko wert, wenn man dafür sorgen kann, dass niemand zusehen muss, wie seine Familie von der grauenhaften Seuche dahingerafft wird? Ich wünschte, ich könnte Elliotts Gesicht sehen.
Ich beschreibe mit dem Fuß einen Halbkreis auf dem Boden, um herauszufinden, wie tief der Matsch ist.
»Ich weiß, wo er die Pläne aufbewahrt«, sage ich leise.
Er vergeudet keine Zeit.
»Ich habe sehr kluge Freunde. Wenn du die Pläne besorgst, können wir innerhalb weniger Wochen in die Großproduktion gehen. Oder vielleicht sogar innerhalb weniger Tage. Wir können die Masken heimlich an die Leute ausgeben, die kein Geld haben, damit sie sie ihren Kindern aufsetzen können. Natürlich habe ich darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn die
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