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Die Stadt - Roman

Titel: Die Stadt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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hinter ihm stehenden Alex außer Gefecht setzen konnte, ohne zu riskieren, von ihm erschossen zu werden, als plötzlich eine kleine Faust an ihm vorbeisauste und den Mann an der Schläfe traf. Trotz seiner Überraschung reagierte Benjamin sofort, duckte sich zur Seite und schlug seinerseits zu, nach dem Arm mit der Beretta. Die Hand des Streuners flog nach oben und zur Seite, und im gleichen Moment entlud sich die Pistole mit einem Krachen, das für einen Moment alle anderen Geräusche übertönte.
Benjamin glaubte, den Luftzug der Kugel zu spüren, die ihn nur knapp verfehlte.
    Der Mann ging zu Boden, und Louise versetzte ihm einen Tritt ans Kinn, der ihn endgültig ins Reich der Träume schickte. Dann wirbelte sie wie eine Kung-Fu-Kämpferin um die eigene Achse und streckte das andere Bein – ihr Fuß traf Jasmin, die sich gerade umdrehen wollte, an der Seite. Benjamin riss ihr das Sturmgewehr aus den Händen und feuerte einen Schuss auf Dago ab, der sich anschickte, die Uzi auf ihn zu richten. Er erfuhr nicht, ob er getroffen hatte, denn Louise riss ihn mit sich, als sie in Richtung Supermarkt loslief.
    »Ich hab die ganze Zeit gewartet, dass du was tust!«, stieß sie hervor und rannte wie der Teufel.
    Sie war so schnell, dass Benjamin Mühe hatte, an ihrer Seite zu bleiben. »Ich hab was getan!«
    »Aber erst, nachdem ich was getan habe!«
    Hinter ihnen ratterte Dagos Uzi. Benjamin gab Louise einen Stoß, und hechtete mit ihr zusammen zur Seite, hinter die Reste eines Schranks, der Teil der Barrikade gewesen war – die Explosion hatte ihn zerrissen und weggeschleudert.
    Benjamin hörte, wie Dago rief: »Sonja!«
    Louise war eine halbe Sekunde vor ihm auf den Beinen, und mit einem raschen Blick über die Schulter stellte er fest, dass Lara Crofts Schwester ihre Panzerfaust hob.
    Sie sprinteten dem Licht vor ihnen entgegen, das falsche Sicherheit versprach.

46
    Vor ihnen glitten die beiden Hälften einer gläsernen Tür auseinander, und angenehme Hintergrundmusik empfing sie. Als sich die Tür hinter ihnen wieder zu schließen begann, schmetterte das Geschoss in die Fensterfront und explodierte.
    Benjamin und Louise hatten Glück. Die Druckwelle riss sie von den Beinen, und deshalb entgingen sie den vielen Splittern, die wie kleine Messer aus Glas durch den Eingangsbereich des Supermarkts jagten. Außerdem lagen Matratzen in der Nähe – »7-Zonen-Kaltschaummatratzen ›Träumesüß‹, nur 199 99 Tl das Stück« –, die den Aufprall dämpften.
    Jemand feuerte aus dem Innern des Supermarkts nach draußen. Die Antwort bestand aus dem Rattern automatischer Waffen, deren Kugeln mehrere Kassenblöcke zertrümmerten, durch die Decke des Supermarkts frästen und Lampen zerschlugen.
    Die Musik hörte auf.
    »Der Gebrauch von Schusswaffen im Supermarkt ist verboten«, ertönte erneut die Männerstimme aus den Lautsprechern. »Die verehrte Kundschaft wird darauf hingewiesen, dass wir nun Gegenmaßnahmen ergreifen. Bitte folgen Sie den Anweisungen der Sicherheitskräfte.«
    Es wurde nicht dunkel, wie nach der Warnung beim ersten Kampf im Supermarkt, den Benjamin miterlebt hatte. Es kam auch kein weißes Gleißen, begleitet von einem immer lauter werdenden Sirren. Es geschah überhaupt nichts, abgesehen davon, dass die Lautsprecher schwiegen.
    Benjamin lag zwischen den Matratzen und sah sich um.
»Vielleicht funktionieren die Sicherheitsmechanismen des Supermarkts nicht mehr«, sagte er zu Louise.
    »Da sind zwei von ihnen!«, rief jemand, und ein Armbrustbolzen raste dicht über ihn hinweg und bohrte sich in die Matratze hinter Louise.
    »Wir sind keine … «, begann Benjamin und verstummte, als dem Bolzen zwei in seine Richtung abgegebene Schüsse folgten. Er zog den Kopf ein und kroch unter einer Kassenschranke hinweg. Louise folgte ihm, zerrte dabei eine Matratze mit sich und hielt sie wie einen Schild. Ein weiterer Schuss hinterließ darin ein Loch am oberen Rand.
    »Wir schnappen uns, was wir kriegen können«, sagte Benjamin schnell, als Louise ihn erreichte. In ihren grünbraunen Augen spiegelte sich das Licht der Lampe direkt über ihnen wider, und einige braune Haarbüschel klebten an ihrer feuchten Stirn. Es war nicht nur der Schweiß von Aufregung und vielleicht auch von Furcht – die Temperatur stieg. »Und dann verschwinden wir von hier.«
    »Du hast das verdammte Gewehr verloren!«, erwiderte sie.
    Der Sprung hinter die Reste des Schranks, dachte Benjamin. Dabei hatte er das M16 losgelassen.
    Dagos Uzi

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