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Die Stadt - Roman

Titel: Die Stadt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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setz dich zu mir. Du machst mich nervös, wenn du da wie ein Leopard im Käfig herumläufst.«
    Sie kam und setzte sich, die Fäuste noch immer geballt, in den Augen ein Licht des Zorns. Benjamin strich ihr übers struppige braune Haar. Sie lehnte sich an ihn, verzog dann aber das Gesicht und wich zurück.
    »Du solltest dich endlich von dem zerrissenen Parka trennen«, sagte sie. »Das Ding stinkt, und du siehst darin aus wie …«
    »Wie ein Streuner?«
    Sie zuckte mit den Achseln und sah ihn dann etwas genauer an. »Was ist mit dir, Ben? Du hast dich irgendwie verändert?«
    »Weil ich jetzt Bescheid weiß«, sagte er. »Weil ich zwischen richtigen und falschen Erinnerungen unterscheiden kann. Als du mich aus dem gelben Haus gezogen hast, habe ich noch einmal die Ereignisse durchlebt, die mich hierherbrachten. Die uns alle an diesen Ort brachten.«
    Mit ruhigen Worten erzählte er vom Institut, schilderte die Vorbereitungen und schließlich die Ausführung seines Plans. »Kattrin und den Unfall auf der Autobahn hat es nie gegeben«, betonte er noch einmal. »Das waren falsche Erinnerungen, die Townsend mir in den Kopf gesetzt hat. Sie gehörten zu der neuen Person, in die er mich verwandeln wollte. Aber es hat nicht geklappt. Was auch immer er mit mir anstellte, es gelang ihm nicht, mein wahres Ich ganz auszulöschen. Es blieb da, als ein auf der Lauer liegender Beobachter,
der Informationen sammelte und auf den richtigen Moment wartete. Die Leute in dieser Stadt, Louise … Sie sind mehr oder weniger verrückt, und das aus gutem Grund. Sie stammen aus dem Institut. Sie sind wegen des Feuers hier!«
    Sie musterte ihn, und dabei bildeten sich dünne Falten in ihrer Stirn. »Ich glaube, das musst du mir etwas genauer erklären.«
    »Ich habe die Sicherheitssysteme des Instituts aktiviert, die dazu bestimmt waren, Patienten an der Flucht zu hindern«, sagte Benjamin geduldig. »Niemand konnte aus dem Gebäude entkommen, weder Patienten noch Pfleger. Und dann habe ich unten im Keller die Gasleitungen geöffnet und das ganze Institut in Flammen aufgehen lassen. Ich bezweifle, dass jemand überlebt hat.«
    Louise hörte stumm zu, und ihrem Gesicht war nicht anzusehen, was sie von seinen Worten hielt.
    »Hunderte von Menschen befanden sich in dem Institut, die meisten von ihnen mehr oder weniger verrückt. Es muss eine Art psychiatrische Klinik gewesen sein, und die Patienten in ihr … Der Tod im Feuer brachte sie zusammen mit mir hierher. Deshalb kommen mir hier viele Leute so vor, als hätten sie nicht alle Tassen im Schrank.« Benjamin fühlte die Skepsis in Louises Blick, als er tief Luft holte. »Ich weiß, du möchtest einwenden, dass die Menschen hier unterschiedlich lang in der Stadt sind, manche wenige Jahre, andere Jahrzehnte. Aber denk an die asynchrone Zeit, an die vielen Uhren, die wir gesehen haben. Sie gingen unterschiedlich schnell.«
    »Ben …«
    Ein Teil der neuen Gelassenheit in Benjamin wich prickelnder Aufregung. »Du bist die Traurige, Louise. Ich spüre
es. Du bist Françoise, von Townsend missbraucht und in den Selbstmord getrieben. Dein Tod war es, der mich dazu brachte, den Plan zu entwickeln und das Institut niederzubrennen, mit allen darin.«
    »Ach, jetzt soll ich an allem schuld sein?«, entfuhr es Louise.
    »Nein, nein, ich meine …«
    »Und Townsend, den du vor dem Feuer getötet hast? Zu wem ist er hier geworden? Zu Hannibal? Und seine Gespielin, diese Vivian, ist sie hier vielleicht als Abigale aufgetaucht?«
    Benjamin hörte den spöttischen Klang in Louises Stimme und fühlte sich davon verletzt. Es hatte ihn so sehr erleichtert, endlich die Wahrheit zu erkennen, und es schmerzte, ausgerechnet von Louise Spott dafür zu ernten. »Nein, ich glaube, Townsend und Vivian …«
    »Weißt du was, Ben?« Louise sah ihn groß an. »Ich fürchte, du bist übergeschnappt. Glaubst du etwa, du hättest dies erschaffen, die Stadt und alles? Hannibal hält dich vielleicht für einen göttlichen Gesandten, der ihm den verdammten Supermarkt zurückbringen kann, aber du scheinst noch einen Schritt weiter zu gehen und dich für Gott zu halten! Und außerdem, wenn du Recht hast, wenn deine Träume vom Institut und dem ganzen anderen Kram auf echten Erinnerungen basieren … Weißt du, wozu dich das macht? Zu einem Massenmörder!«
    Eine Wolke schob sich über Benjamins Seele und verdunkelte sie. Dort war sie, die letzte Wahrheit, zum Greifen nahe, finster und bedrohlich.
    Louise stand auf und lief

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