Die Stadt - Roman
Gebäude ansehen.« Velazquez sah über die Schulter in den Fond. »Hast du das Grollen auf dem Konkordatsplatz nicht gehört? Die Stadt verändert sich und wächst. Sie wächst die ganze Zeit über, und wir sollen uns ansehen, was diesmal neu entstanden ist. Das Elektrizitätswerk nehmen wir uns vor, wenn sich der Nebel verzogen hat.«
Katzmann gab Gas.
20
Der Nebel verzog sich nicht. Die falsche Sonne kletterte über den Himmel, gefolgt von einigen falschen Wolken, aber ihr Schein richtete nichts gegen die grauen Schwaden aus. Langsam rollten und wogten sie über breite Straßen und durch schmale Gassen, verschluckten Brücken, krochen über Bürgersteige, schlichen in dunkle Hauseingänge, schauten in schmutzige Fenster und tasteten über Fassaden. Velazquez vergaß seine Verdrießlichkeit darüber, nicht malen zu können, und wies mehrmals daraufhin, wie ungewöhnlich es sei, dass der Nebel so weit ins Innere der Stadt vordringe. An einer großen Kreuzung mit Ampeln, die seit vielen Jahren keinen
Verkehr mehr regelten, wies Kowalski auf die wissenschaftliche Notwendigkeit einiger Messungen hin und bat Katzmann anzuhalten. Doch der lehnte ab, denn Ausläufer des Nebels zeigten sich nur einige Hundert Meter hinter der Kreuzung. Kurz entschlossen bog er nach rechts ab und folgte dem Verlauf einer schmaleren Straße, die in einem weiten Bogen nach Westen führte. Rechts und links reihten sich leere Schaufenster aneinander, und bei einigen Geschäften standen die Türen offen. An den Fenstern der Wohnungen darüber hingen teilweise Gardinen, und einmal glaubte Benjamin, eine Bewegung zu sehen.
»Wohnt hier jemand?«, fragte er, als unebenes Kopfsteinpflaster den Asphalt ersetzte. Katzmann fuhr langsamer, und Kowalski murmelte etwas von Instrumenten im Koffer, die durch die Erschütterungen hoffentlich keinen Schaden nahmen.
»Einige Unabhängige«, antwortete Velazquez. »Dies ist doch die Gegend bei den drei Türmen, oder?« Er sah nach vorn.
Katzmann deutete zur linken Seite. »Dort steht einer. Seht ihr die Spitze über den Dächern?«
Benjamin behielt die Gardinen im Auge. »Wie überleben die Menschen, die hier wohnen?«, fragte er. »Wie kommen sie ohne den Supermarkt zurecht?«
»Schlecht«, sagte Katzmann. Er schien nicht sonderlich an einem Gespräch interessiert zu sein. Vielleicht war er zu sehr von der Notwendigkeit abgelenkt, einen anderen Weg zu ihrem Ziel zu suchen.
»Rebecca hat hier irgendwo einen Dachgarten, in dem sie Kräuter und Gemüse anbaut.« Auf dem holprigen Kopfsteinpflaster
schaukelte der Wagen so sehr, dass Velazquez mit der einen Hand das Walkie-Talkie auf seinem Schoß festhielt und mit der anderen die Armbrust im Fußraum. Er hatte kein Gewehr bekommen wie Mikado bei der Patrouillenfahrt mit Katzmann. »So manches Zeugs, das Emily für ihre Medizin braucht, kriegt sie von Rebecca.«
»Laslo soll bei ihr untergekommen sein«, brummte Katzmann und bog links ab. Wenn Benjamin nicht völlig die Orientierung verloren hatte, ging es wieder in Richtung Stadtrand.
»Ernsthaft?« Velazquez sah ihn erstaunt an. »Sie ist zwanzig Jahre älter als er und hat für jedes dieser Jahre anderthalb Kilo zu viel auf den Rippen. Und nicht nur dort.«
Katzmann zuckte die Schultern. »Das ist es ja gerade. Bei ihr gibt es zu essen. Es heißt, sie unterhält gute Beziehungen zu den Streunern. Sie bringt nicht nur frisches Gemüse auf den Tisch, sondern auch Fleisch, und es stammt nicht aus dem Supermarkt.«
Velazquez verzog das Gesicht. »Glaubst du wirklich, es stammt … von den Kreaturen ?«, ächzte er.
Katzmanns Antwort bestand aus einem neuerlichen Schulterzucken. »Ich muss bald nachschütten«, sagte er nach einer Weile.
»Sind wir schon so knapp dran?« Velazquez beugte sich nach links und sah auf die Tankanzeige. »Haben wir genug dabei?«
»Drei Kanister. Das reicht auf jeden Fall. Es ist jetzt nicht mehr weit; wir sind gleich da.«
Katzmann lenkte den Wagen durch einen Kreisverkehr, in dessen Mitte eine Säule mit ziselierten Darstellungen von
Schlangenwesen aufragte. Er bog nach rechts ab, in eine Asphaltstraße, und Kowalski seufzte erleichtert, als das Schaukeln aufhörte.
Nach gut hundert Metern hielt Katzmann an, weil ein Hindernis den Weg versperrte. »Bei meiner letzten Fahrt durch dieses Viertel war die Straße frei.«
Benjamin beugte sich vor. Das Hindernis sah aus wie ein großer Haufen Schrott, der mitten auf der Straße lag, etwa drei Meter breit und zwei hoch. Auf
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