Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt und die Stadt

Die Stadt und die Stadt

Titel: Die Stadt und die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
Vom Netzwerk:
trug, wusste bereits von Yolandas Verschwinden.
    »Erfreut, Sie kennenzulernen, Inspektor, Senior Detective.« Sie schüttelte uns die Hand. Ich hatte ihre Aussage gelesen. Sie behauptete, sie wäre zu Hause gewesen, als Mahalia ermordet wurde, hatte aber keinen Zeugen. »Alles, was ich tun kann, um zu helfen«, wiederholte sie immer wieder.
    »Erzählen Sie uns von Mahalia. Ich habe den Eindruck, abgesehen von Ihrem Chef, der sie nicht gekannt haben will, erfreute sie sich hier einer gewissen Prominenz.«
    »Das war einmal«, antwortete Nancy. »Inzwischen ist es längst ruhig geworden um sie. Hat Rochambeaux behauptet, er kennt sie nicht? Das ist ein wenig ... neben der Wahrheit. Sie hat einige Aufregung verursacht.«
    »Bei der Konferenz«, sagte ich. »Damals in Besźel.«
    »Richtig. Im Süden. Er war dort. Wie die meisten von uns. Ich war da, David, Marcus, Asina. Aber sie, Mahalia, hat auch bei anderen Gelegenheiten für hochgezogene Augenbrauen gesorgt, wenn sie Fragen über Dissensi stellte, über Ahndung, solche Themen. Nichts explizit Verbotenes, eher ein wenig vulgär, wenn Sie verstehen, was ich sagen will. Hollywood statt nüchternen, praxisbezogenen archäologischen Handwerks. Man konnte sehen, wie die wichtigen Leute, die erschienen waren, um Eröffnungsreden zu halten und Zeremonien zu widmen und was weiß ich, allmählich misstrauisch wurden. Zu guter Letzt fängt sie an, über Orciny zu schwafeln. David schämt sich in Grund und Boden, die Universität ist peinlich berührt, Mahalia wäre um ein Haar relegiert worden - einige Vertreter Besźels machten ein großes Aufhebens um die Sache.«
    »Aber sie wurde nicht geschasst?«, fragte Dhatt.
    »Man ließ jugendlichen Unverstand als Entschuldigung gelten. Aber jemand muss sie ins Gebet genommen haben, denn sie wurde zurückhaltender. Ich hätte erwartet, dass sie die ebenfalls anwesenden qomanischen Kollegen genauso verärgert hat wie die Besź. Darum war ich überrascht, als sie die Zulassung erhielt und hierherkam, um an ihrer Dissertation zu arbeiten. Sie war wohl vernünftig geworden. Aber sagen Sie, weiß man, was Yolanda zugestoßen sein könnte?«
    Dhatt und ich wechselten einen Blick. »Wir sind nicht einmal sicher, dass ihr überhaupt etwas zugestoßen ist«, antwortete Dhatt. »Wir prüfen das noch.«
    »Bestimmt ist nichts passiert«, sagte Isabelle Nancy wieder und wieder. »Aber normalerweise läuft man sich hier immer mal wieder über den Weg, und jetzt ist es schon ein paar Tage her, dass ich sie gesehen habe, glaube ich. Das macht mich ... Habe ich erwähnt, dass auch Mahalia verschwunden war, ein paar Tage, bevor sie ... gefunden wurde?«
    »Yolanda und Mahalia kannten sich?«, erkundigte ich mich.
    »Sie waren beste Freundinnen.«
    »Gibt es jemanden, der Licht ins Dunkel ihres Verschwindens bringen könnte?«
    »Sie trifft sich mit einem hiesigen Jungen, Yolanda. Wird erzählt. Wer es ist, könnte ich Ihnen nicht sagen.«
    »Ist das erlaubt?«, fragte ich.
    »Wir haben es mit Erwachsenen zu tun, Inspektor, SD Dhatt. Jungen Erwachsenen, ja, aber wir können sie nicht einsperren. Wir, nun, wir klären sie darüber auf, welche besonderen Schwierigkeiten und Gefahren der Alltag in Ul Qoma bereithält, von Liebe ganz zu schweigen. Aber inwieweit sie die Warnungen beherzigen ...« Sie zuckte die Achseln.
    Dhatt hatte, während ich mit ihr sprach, mit der Fußspitze auf den Boden getippt. »Ich hätte gern ein paar Worte mit den jungen Erwachsenen gewechselt«, warf er jetzt ein.
    Einige trafen wir in der winzigen provisorischen Bibliothek bei ihren theoretischen Studien. Andere, als wir von Isabelle Nancy begleitet zu der Hauptgrabungsstätte gelangten, verrichteten stehend oder sitzend in den senkrecht aus dem Erdreich geschnittenen Gruben ihre jeweilige Tätigkeit. Sie schauten von unten zu uns auf, eingerahmt von den horizontalen, im Braun des Erdreichs erkennbaren Straten. Diese dunklere Linie - die Spur eines vorgeschichtlichen Brandes? Und das Weiße da?
    An den Rändern des großen Zelts wucherten Buschwerk, Diesteln und Unkraut um die Trümmer eingestürzter Bauten. Die Grabungsfläche hatte annähernd die Größe eines Fußballfelds, in Quadranten aufgeteilt durch eine Matrix aus Schnüren. Der Boden war stufenförmig abgetragen und eben. Fremdkörper durchbrachen das Planum, seltsame, aus der Tiefe emportauchende Fische: zerbrochene Krüge, primitive und nicht primitive Statuetten, von Grünspan überzogene Mechaniken.
    Die

Weitere Kostenlose Bücher