Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson

Titel: Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clarke Arthur C.
Vom Netzwerk:
auszubreiten. An diesem Gefühl war nichts Unangenehmes, ganz im Gegenteil. Hilvar beobachtete ihn mit amüsiertem Lächeln, und Alvin fragte sich, ob sein Begleiter seine geistigen Kräfte an ihm erprobte. Wenn er das wirklich tat, hatte er nicht das Geringste dagegen einzuwenden.
    Das von der Kugel herabflutende Licht schmolz zu einem schwachen Glühen, aber die Wärme blieb. Beim letzten Flackern des Lichts registrierte Alvins Gehirn noch etwas sehr Seltsames, dem er am nächsten Morgen nachgehen wollte.
    Als Hilvar seine Kleidung abgelegt hatte, wurde Alvin zum ersten Mal bewusst, wie groß die Unterschiede zwischen den beiden Zweigen der Menschheit waren. Zum Teil hatten sich bloß Proportionen und Schwerpunkte gewandelt, doch andere Unterschiede gingen deutlich tiefer – etwa die externen Genitalien, Zähne und Nägel sowie die unübersehbare Körperbehaarung. Außerdem bemerkte er mit Erstaunen eine seltsame kleine Vertiefung in Hilvars Bauch.
    Als er sich einige Tage später an diese Eigentümlichkeit erinnerte, bedurfte es einer weit ausholenden Erklärung. Bis er schließlich die Funktion des Nabels zufriedenstellend erläutert hatte, brauchte Hilvar viele Tausend Worte und ein halbes Dutzend Zeichnungen.
    Und sowohl er als auch Alvin hatten einen großen Schritt vorwärts im Verständnis der Grundlage ihrer jeweiligen Kultur getan.

Zwölf
    Zwölf
    Mitten in der Nacht wachte Alvin auf. Irgendetwas hatte ihn geweckt, ein leises Geräusch, das trotz des unaufhörlichen Donnerns des Wasserfalls an seine Ohren gedrungen war. Er richtete sich auf und starrte angestrengt ins Dunkel hinaus, während er mit angehaltenem Atem dem trommelnden Brausen des Wassers und den sanfteren, flüchtigeren Geräuschen der nächtlichen Kreaturen lauschte.
    Nichts war zu sehen. Das Sternenlicht glomm zu schwach, um die weite Landschaft Hunderte von Metern vor ihm zu erhellen; nur eine gezackte dunklere Linie, die Sterne verdunkelnd, deutete auf das Gebirge am südlichen Horizont. In der Dunkelheit neben ihm rührte sich Hilvar.
    »Was ist los?«, flüsterte er.
    »Ich habe etwas gehört.«
    »Was denn?«
    »Ich weiß nicht recht. Vielleicht war es nur Einbildung.«
    Schweigend starrten die beiden in die Nacht hinaus. Dann packte Hilvar Alvin plötzlich beim Arm.
    »Schau!«, flüsterte er.
    Weit im Süden flimmerte ein einsamer Lichtpunkt, der für einen Stern zu niedrig am Himmel stand. Er war strahlend weiß mit einem violetten Rand, und während sie ihn anstarrten, leuchtete er immer heller, bis die Augen den grellen Lichtkreis nicht mehr ertragen konnten. Dann explodierte er – und es schien, als sei der Blitz am Rand der Welt eingeschlagen. Einen kurzen Augenblick zeichneten sich Gebirge und Land gegen das Dunkel der Nacht ab. Viel später drang das Echo einer weit entfernten Explosion zu ihnen, und in den Wäldern vor ihnen rührte sich ein jäher Wind zwischen den Bäumen. Er legte sich schnell, und nacheinander erschienen die Sterne wieder am Himmel.
    Zum zweiten Mal in seinem Leben empfand Alvin Angst. Sie war nicht so persönlich und drohend wie in der Höhle der Fließstraßen, als er die Entscheidung gefällt hatte, die ihn schließlich nach Lys führte. Vielleicht war es eher Scheu als Angst; er sah dem Unbekannten ins Gesicht, und fast schien es, als habe er schon gespürt, dass da draußen, jenseits der Berge, etwas auf ihn wartete.
    »Was war das?«, flüsterte er schließlich.
    »Ich versuche es gerade herauszufinden«, sagte Hilvar und schwieg wieder. Alvin erriet sein Vorhaben und störte die stumme Suche seines Freundes nicht.
    Bald darauf seufzte Hilvar enttäuscht. »Alles schläft«, sagte er. »Niemand konnte mir etwas sagen. Wir müssen bis zum Morgen warten, wenn ich nicht einen meiner Freunde wecken will. Und das möchte ich vermeiden, solange es nicht besonders wichtig ist.«
    Alvin fragte sich, was Hilvar als wirklich wichtige Angelegenheit betrachtete. Er wollte gerade ein wenig ironisch bemerken, dass es sich dieses Erlebnisses wegen doch wohl lohnen dürfte, jemanden aus dem Schlaf zu holen. Doch noch ehe er den Vorschlag machen konnte, begann Hilvar wieder zu sprechen.
    »Es ist mir eben erst eingefallen«, sagte er entschuldigend. »Das war lange vor meiner Zeit, und ich bin mir auch über die Richtung nicht ganz im Klaren. Aber das muss Shalmirane gewesen sein.«
    »Shalmirane! Das existiert noch?«
    »Ja. Ich hatte es fast vergessen. Seranis erzählte mir einmal, dass die Festung in diesen

Weitere Kostenlose Bücher