Die Stadt und die Sterne - Mit einem Vorwort von Gary Gibson
dieser trommelnde Donner stieg und mit einem hohlen Echo von den umliegenden Bergen zurückgeworfen wurde.
Der Wasserfall lag jetzt zum größten Teil im Schatten, aber das am Berg vorbeiflutende Sonnenlicht erleuchtete immer noch das weite Land und verlieh der ganzen Szene einen magischen Zauber. Denn in leuchtender Schönheit zitterte über dem Grund des Wasserfalls der letzte Regenbogen der Erde.
Hilvar machte eine weit ausholende Bewegung mit dem Arm, die den ganzen Horizont einschloss.
»Von hier aus«, sagte er mit lauter Stimme, um den Was serfall zu übertönen, »kann man ganz Lys überblicken.«
Alvin war überzeugt davon. Im Norden erstreckte sich Kilometer um Kilometer Wald, nur hier und dort von Lichtungen, Feldern und den wandernden Linien vieler Flüsse unterbrochen. Irgendwo in diesem gewaltigen Panorama versteckt lag Airlee. Alvin bildete sich ein, den See aufblitzen zu sehen, an dem vorbei der Weg nach Lys führte, befand aber, dass er sich getäuscht haben musste. Noch weiter im Norden verloren sich Wald und Felder in einen gefleckten grünen Teppich, an manchen Stellen von Hügeln unterbrochen. Und jenseits davon lagen wie eine ferne Wolkenbank die Berge, die Lys vor der Wüste schützten.
Im Osten und Westen war der Ausblick nicht viel anders, aber im Süden schienen die großen Berge nur ein paar Kilometer entfernt zu sein. Alvin konnte sie ganz deutlich erkennen, und er begriff, dass sie sehr viel höher waren als der kleine Gipfel, auf dem er stand. Dazwischen lag Land, das viel wilder schien als das Gebiet, das sie durchfahren hatten. Auf eine unerklärliche Weise schien es verlassen und leer, als wäre es seit vielen, vielen Jahren nicht mehr von Menschen besiedelt worden.
Hilvar beantwortete Alvins stumme Frage: »Früher war dieser Teil von Lys bewohnt«, sagte er. »Ich weiß nicht, warum es aufgegeben wurde; vielleicht ziehen wir eines Tages wieder dorthin. Jetzt leben nur Tiere dort.«
In der Tat, nirgends war ein Zeichen menschlichen Lebens zu erkennen – keine Lichtung oder gebändigten Flüsse, die davon zeugten. Nur an einer Stelle gab es einen H inweis darauf, dass Menschen dort gelebt hatten, denn viele Kilometer entfernt hob sich eine einsame weiße Ruine wie ein gebrochener Stoßzahn über den Wald. Über all sonst hatte der Dschungel wieder die Herrschaft übernommen.
Die Sonne sank hinter den westlichen Begrenzungen von Lys. Einen atemlosen Augenblick schienen die fernen Berge von goldenen Flammen umzüngelt; dann ertrank das Land vor ihnen im Schatten, und die Nacht brach herein.
»Wir hätten das vorher tun sollen«, sagte Hilvar, praktisch wie immer, als er die Ausrüstung auspackte. »In fünf Minuten wird es stockdunkel sein – und kalt dazu.«
Seltsame Gerätschaften wurden auf dem Boden ausgebreitet. Ein dünner Dreifuß streckte einen Metallstab in die Höhe, der am anderen Ende ein kugelförmiges Gebilde trug. Hilvar schob es hoch, bis die Kugel sich über ihren Köpfen befand, und gab ein Gedankensignal, das Alvin nicht auffangen konnte. Im Nu war ihr kleines Lager in Licht getaucht; die Dunkelheit zog sich zurück. Die Kugel spendete nicht nur Helligkeit, sondern auch Wärme, denn Alvin konnte ein sanftes Glühen fühlen, das ihm bis ins Mark zu dringen schien.
Den Dreifuß in der einen, seinen Packen in der anderen Hand, ging Hilvar den Abhang hinunter, während Alvin hinterhereilte, um im Bereich des Lichtes zu bleiben. Hilvar schlug schließlich in einer kleinen Mulde, wenige Hundert Meter unter dem Gipfel, das Lager auf und begann, den Rest seiner Ausrüstung aufzubauen.
Zuerst widmete er sich einer großen Halbkugel aus starrem und nahezu unsichtbarem Material, die sie völlig umschloss und vor der kühlen Brise schützte, die jetzt über den Berg strich. Diese Kuppel schien von einem kleinen rechteckigen Kasten erzeugt zu werden, den Hilvar auf den Boden stellte und dann vollkommen unbeachtet ließ, ja, er türmte sogar die anderen Ausrüstungsgegenstände darauf. Vielleicht erzeugte der Kasten ja auch die gemütlichen, halbdurchsichtigen Sofas, auf denen sich Alvin jetzt sehr gerne ausruhte. Es war das erste Mal, dass er erlebte, wie sich Möbel in Lys materialisierten. Überhaupt erschienen ihm die Häuser dort viel zu vollgestellt – wäre es nicht besser, die ganzen Artefakte, die ständig überall im Weg herumstanden, sicher in den Gedächtnisbänken zu verstauen?
Die Mahlzeit, die Hilvar aus einem anderen seiner Geräte produzierte, war
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