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Die Stadt unter dem Eis

Die Stadt unter dem Eis

Titel: Die Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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lauschte einen Moment, dann deutete er zur Tür.
»Wie es scheint, ist unser Gastgeber schon wach. Die Leute hier
stehen wirklich früh auf ... das ist nicht gut.«
»Wieso?«
»Ich wollte noch einmal hinunter zum Hafen«, antwortete
Trautman. »Ich habe versucht mit der NAUTILUS zu sprechen,
aber sie antworten nicht.«
»Kein Wunder, um diese Zeit«, sagte Mike. »Sie werden noch
schlafen.«
»Das glaubst du doch selbst nicht«, erwiderte Trautman. »Wie
ich Singh kenne, wird er am Funkgerät übernachten, solange
wir hier sind.« Er griff in die Tasche und zog das winzige
Sprechfunkgerät hervor, mit dem er mit der NAUTILUS in
Kontakt treten konnte. Allein um in Besitz dieser Technik zu
gelangen, überlegte Mike, würde wahrscheinlich die gesamte
deutsche Kriegsmarine Jagd auf sie machen. Die englische,
französische, amerikanische und alle anderen übrigens auch.
Trautman drückte die Sprechtaste und auf dem Gerät
leuchtete ein winziges, rotes Lämpchen auf. Mehr aber auch
nicht.
»Ich verstehe das nicht«, murmelte er.
»Vielleicht stört das Eis den Empfang?« »Kaum«, antwortete
Trautman. »Dazu müsste es schon zwanzigmal so dick sein.«
Draußen auf der Treppe wurden Schritte laut. Hastig schaltete
Trautman das Sprechgerät aus und ließ es in der Tasche
verschwinden. Er hatte es kaum getan, da wurde die Tür
geöffnet. Vom Dorff trat ein. Von höflichem Anklopfen schien
er nicht besonders viel zu halten.
»Guten Morgen!«, sagte er fröhlich. »Wie ich sehe, bin ich
nicht der einzige Frühaufsteher. Das trifft sich gut. Haben Sie
einen Spaziergang gemacht, Kapitän Trautstein?«
Er blickte demonstrativ auf Trautmans nasse Schuhe herab.
Mike vermochte den Ausdruck auf seinem Gesicht nicht zu
deuten, aber er war genauso sonderbar wie die Wahl seiner
Worte oder sein Verhalten.
»Ich konnte nicht schlafen«, antwortete Trautman.
»Und da haben Sie die Gelegenheit genutzt, sich das
Nachtleben von Sadsbergen anzusehen.« Vom Dorff lachte.
»Ich hoffe, Sie waren nicht allzu enttäuscht. Sind Sie hungrig?
Ich hoffe doch. Ich habe nämlich bereits das Frühstück
vorbereiten lassen. Und wir haben eine Menge zu besprechen.«
Die Frage was lag Trautman sichtbar auf der Zunge, aber er
verbiss sie sich, sondern warf Mike nur einen auffordernden
Blick zu. Sie ergriffen ihre Jacken und folgten Vom Dorff ins
Erdgeschoss.
Was der angebliche Handelsattaché als Frühstück bezeichnet
hatte, entpuppte sich als ein wahrer Festschmaus, dessen bloßer
Anblick Mike das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Er
stellte allerdings auch fest, dass der Tisch für fünf Personen
gedeckt war.
»Sie erwarten noch Gäste, Herr Vom Dorff?«, fragte
Trautman.
Anstelle einer direkten Antwort klatschte Vom Dorff zweimal
in die Hände, worauf sich eine Tür öffnete und zwei hoch
gewachsene, muskulöse Männer in dunkelblauen
Marineuniformen hereinkamen. »Darf ich vorstellen, Kapitän
Trautstein? Kapitänleutnant Hansen und Berghoff. Die beiden
sind gute alte Freunde von mir, die gestern Abend eingetroffen
sind. Es war zu spät, um Sie zu wecken, sonst hätte ich sie
selbstverständlich schon früher vorgestellt.« »Kapitänleutnant?«
Trautman tat perfekt so, als müsse er sowohl über die
Bedeutung dieses Wortes als auch über die Uniformen der
beiden nachdenken.
Natürlich wusste er genau, was beides bedeutete, ebenso wie
Mike.
»Sie vermuten richtig«, sagte Hansen. »Die PRINZ
FERDINAND ist ein Zerstörer der kaiserlichen Kriegsmarine.
Ebenso wie das Schiff meines Kollegen Berghoff. Sie liegen
beide vor der Küste, nur eine Wegstunde mit dem
Handelsschlitten von hier entfernt.«
Es gelang Trautman nicht ganz, sein Erschrecken über diese
Eröffnung zu verbergen, aber Vom Dorff deutete sie ganz
offensichtlich falsch. Während sich Hansen und Berghoff
setzten, hob er beruhigend die Hände und sagte: »Nur keine
Sorge, mein lieber Kapitän, wir sind sehr weit vom deutschen
Kaiserreich und seinen Gesetzen entfernt. Und unsere
Kriegsschiffe haben wahrlich Besseres zu tun, als Jagd auf
einen kleinen Schmuggler zu machen.«
»Und warum sind Sie dann hier – wenn ich fragen darf?«
»Es geht Sie zwar nichts an«, antwortete Hansen in einem
Ton, der sehr viel freundlicher war als die Wahl seiner Worte,
»aber ich will es Ihnen trotzdem verraten. Vielleicht können Sie
uns ja sogar behilflich sein. Kapitänleutnant Berghoff und ich
waren auf der Jagd nach einem britischen Spionageschiff, das
sich in diesen Gewässern herumtreiben

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