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Die Stadt unter dem Eis

Die Stadt unter dem Eis

Titel: Die Stadt unter dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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das
verlockende weiche Bett, auf dem er saß, taten ein Übriges, um
ihn schläfrig zu machen. Mike ließ sich auf das Bett
zurücksinken, schloss die Augen und schlief praktisch auf der
Stelle ein.
    Als er erwachte, war es noch dunkel. Trotzdem war Trautman
schon auf und hantierte leise im Zimmer herum. Als Mike sich
aufrichtete und verschlafen in die Runde blinzelte, hielt er in
seinem Tun inne.
Mike unterdrückte ein Gähnen. »Wie spät ist es?«
»Gleich sechs«, antwortete Trautman. »Hast du gut
geschlafen?«
    Mike setzte sich umständlich auf und stellte benommen fest,
dass Trautman nicht nur schon wach und in geradezu
unverschämt guter Stimmung war, sondern offensichtlich auch
schon einen Morgenspaziergang unternommen hatte. An seinen
Stiefeln klebte noch Schnee, der allmählich zu einer Pfütze
zwischen seinen Füßen schmolz.
    »Wo sind Sie gewesen?«, fragte Mike. »Ich habe mich ein
wenig umgesehen«, antwortete Trautman. »Außerdem habe ich
mit Kanuat gesprochen.«
»Ka– wer?«, fragte Mike.
    Trautman grinste. »Kanuat«, wiederholte er. »Der Cousin des
freundlichen Gastwirts von gestern Abend ... hast du es schon
vergessen oder war das Bier doch zu stark?«
    Mike warf ihm einen ärgerlichen Blick zu, sagte aber nichts.
Er hatte tatsächlich leichte Kopfschmerzen und einen schlechten
Geschmack im Mund
– wahrscheinlich das, was die
Erwachsenen einen Kater nannten. »Nein«, grummelte er. »Ich
wundere mich nur über die Uhrzeit, zu der Sie Verhandlungen
führen.«
    »Das hat Kanuat auch«, sagte Trautman. »Aber ich konnte ihn
besänftigen.«
»Ach ja?«, sagte Mike. »Niemand ist unbestechlich, wie?«
»Ich habe einen Ruf zu verlieren«, sagte Trautman spöttisch,
wurde aber sofort wieder ernst. »Er erwartet uns in zwei
Stunden. Außerdem habe ich mich ein wenig in der Stadt
umgesehen. Der Wagen ist verschwunden.«
»Welcher Wagen?«
»Den wir vom Schiff aus gesehen haben«, erklärte Trautman.
»Jemand hat sich sogar ziemlich große Mühe gegeben, die
Spuren zu verwischen. Anscheinend möchte er nicht, dass wir
auf gewisse Gedanken kommen.«
»Was für Gedanken?«
Trautman zuckte mit den Achseln. »Deutschland und
Österreich führen immerhin gegen einen großen Teil der
restlichen Welt Krieg. Die anderen Regierungen wären
wahrscheinlich nicht allzu begeistert, wenn sie herausfinden
würden, dass die deutsche Marine hier eine Art Stützpunkt
aufbaut.«
»Tut sie das denn?«
»Ich habe Spuren von mindestens drei weiteren Fahrzeugen
gefunden«, antwortete Trautman. »Und die Kaianlagen sind viel
zu groß für einen so winzigen Ort. Wenn der Fluss eisfrei ist,
kann der Hafen einen ausgewachsenen Kreuzer aufnehmen.«
Mike sah ihn ein wenig verunsichert an. »Glauben Sie, das hat
etwas mit dem Hilferuf zu tun?«
»Ich hoffe nicht«, sagte Trautman ernst. »Ich habe keine Lust,
in irgendeine Spionagegeschichte verwickelt zu werden.«
»Dann sollten wir vielleicht so schnell wie möglich von hier
verschwinden«, sagte Mike. »Das werden wir«, versicherte
Trautman. »In zwei Stunden, sobald Kanuat seinen
Hundeschlitten bereit hat.«
»Und warum nicht früher?«
»Es wird erst in anderthalb Stunden hell«, sagte Trautman.
»Außerdem müssen wir uns noch eine Geschichte für unseren
Freund Vom Dorff ausdenken. Ich bin jetzt sicher, dass er kein
Kaufmann ist.« »Warum sagen Sie ihm nicht einfach die
Wahrheit?«, fragte Mike.
»Eine fantastische Idee«, antwortete Trautman säuerlich. »Am
besten übergeben wir ihm dann gleich die NAUTILUS. Ich bin
sicher, dass uns die Deutschen dafür einen Orden verleihen.
Kurz bevor sie uns erschießen.«
Mike stand nun wirklich auf, ging zum Waschtisch und
tauchte vorsichtig die Fingerspitzen in das Wasser in der
Schüssel aus feinstem Porzellan. Es war eiskalt. Entschieden zu
kalt, um sich damit zu waschen, beschloss Mike. »Das gefällt
mir alles nicht«, sagte er. »Ich meine: Wenn das hier eine
geheime Militärgeschichte ist, dann wird dieser Vom Dorff uns
bestimmt nicht einfach herumlaufen lassen. Nicht einmal, wenn
er uns für Schmuggler hält.«
»Kaum«, bestätigte Trautman. »Andererseits können sie nicht
nach Belieben Leute verschwinden lassen. So etwas fällt auf.
Und außerdem warten wir ja noch auf unseren Geschäftspartner.« Er grinste. »Bis sie merken, dass es ihn
wahrscheinlich gar nicht gibt, sind wir längst weg.«
»Und Sie trauen diesem Kanuat?«, fragte Mike.
»Irgendjemandem muss man vertrauen, oder?«, erwiderte
Trautman. Er

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