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Die Stahlkönige

Die Stahlkönige

Titel: Die Stahlkönige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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bisher seltsam vorgekommen war. Er war ein einzigartiger Mensch: ein Krieger-Geistersprecher-König und daran gewöhnt, so viel Zeit wie möglich in Gegenwart der Geister des Landes zu verbringen. Hier war es ihm nur im dichtesten Wald möglich, Verbindung zur Geisterwelt aufzunehmen. Es schien, als hätte irgendetwas die Geister von den ursprünglichen Plätzen vertrieben und nur die leere Hülle menschlicher Betriebsamkeit wäre zurückgeblieben.
    Während er durch die Stadt ritt, starrten ihn die Menschen an, aber daran war er gewöhnt. In diesem Land fiel sein Äußeres besonders auf. Die Leute beeilten sich, ihm den Weg freizugeben, und er wusste, dass es nicht nur an seiner majestätischen Erscheinung lag. Hier wurde ein Mann, der auf einem Cabo saß, stets als Edelmann angesehen. Die Ehrerbietung einem Reiter gegenüber war diesen Menschen in Fleisch und Blut übergegangen.
    Er ritt entlang der Felsen, bis er die Docks erreichte. Hier war man weniger bestrebt, ihm sofort aus dem Weg zu springen. Der Kleidung nach musste es sich bei den Menschen am Hafen um Seeleute und Flößer handeln. Sie waren für ihre Unabhängigkeit bekannt und galten als freie Bürger. Aus diesem Grund hatte er den Hafen gewählt, um dort die Nacht zu verbringen. Er wollte unter Menschen weilen, die ungezwungen redeten, denn die Gegenwart von Sklaven und demütig im Staub kriechenden Dienern war ihm zuwider.
    Vor einem vierstöckigen Gebäude aus Holz stieg er aus dem Sattel. Ein Bündel Mistelzweige war an den Türpfosten gebunden: das Zeichen der Gasthöfe. Er verhandelte mit einem Knecht über die Unterbringung des Cabos und betrat das Gasthaus. Die ersten Gäste des Abends strömten herein, und Hael setzte sich auf eine Bank am Ende eines langen Tisches. Er nahm den Behälter mit dem Speer vom Rücken und stellte ihn behutsam neben die Bank. Der Speer war sein kostbarster Besitz und die letzte Erinnerung an seine Zeit als junger Krieger auf einer Insel weit, weit westlich von hier in einem Ozean, von dem kaum jemand in diesem Land je gehört hatte.
    Das Essen wurde auf großen Platten aufgetragen, und die Gäste bedienten sich selbst. Hael hatte die Abneigung seines Volkes gegen Fisch überwunden und genoss den frischen Fang, nahm aber nichts von dem Teller, auf dem Mollusken mit zahlreichen Fangarmen lagen, die aussahen, als wären sie einem Alptraum entsprungen.
    Die Seeleute waren an Fremde gewöhnt, und er musste sich nicht sonderlich abmühen, um ihre Zurückhaltung zu überwinden. Das Gespräch plätscherte so eifrig dahin wie der Fluss, und Gerüchte und Neuigkeiten machten die Runde. Hael hörte sogar ein paar Geschichten über sich selbst, die jedoch recht wirr klangen. Sein Land war der am weitesten entfernte Handelspartner von Mezpa, und das Einzige, was es für die Einheimischen von einem Märchen unterschied, war die unbestreitbare Festigkeit des Stahls, der eine begehrte Ware darstellte.
    Wann immer Hael versuchte, das Gespräch auf die Festung hoch über ihnen zu bringen, wich man ihm aus und schaute beunruhigt zur Seite. Entweder wussten die Leute nichts über Felsenstein, oder sie hatten Angst, belauscht zu werden. Er vermutete Letzteres. Bei seiner jüngsten Bemerkung über die Stadt hatten die Männer sich verstohlen umgesehen, als hielten sie nach Spionen Ausschau.
    Wenn Felsenstein sogar diese zähen, mutigen Burschen in Angst versetzte, wie musste die Stadt dann beschaffen sein? Nun, es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden, und er wollte sich gleich am nächsten Morgen auf den Weg machen.
    Als die Teller und Becher geleert waren und die meisten Männer schnarchend im Stroh lagen, erhob sich Hael und ging nach draußen. Der Geruch des Flusses lag in der Luft und er ging ihm bis zum nächsten Kai nach. Dort herrschte Stille. Hael betrat einen Steg, den er bis zum Ende entlangschritt.
    Kein Mond stand am Himmel, also sang er auch nicht das alte Lied, in dem sich die Menschen für die Wunden entschuldigten, die sie ihm in alter Zeit zugefügt hatten. Helle Sterne funkelten am nächtlichen Himmel, und er suchte die vertrauten Bilder.
    Hael spürte, dass sich Leben im Fluss regte. Wie bei den Tieren an Land, so fühlte er auch jetzt die Anwesenheit zahlreicher Geister der Wasserlebewesen. Die unzähligen Fische und Mollusken hatten ein so geringes Bewusstsein, dass ihre Geister so schwach leuchteten wie die am weitesten entfernten Sterne. Die Geister der großen Flussechsen strahlten heller, und die der

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